16.01.2018 – Gestern sorgte Anand für Furore, in der heutigen 4. Runde brillierte mit Vladimir Kramnik ein anderer Ex-Weltmeister und Turnierveteran. Nach 24 Zügen gab Peter Svidler den Widerstand auf. Giri und Anand bleiben im Masters in Führung. Im Challengers sind Korobov und Vidit das Maß der Dinge.
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Alle Fotos: Alina l'Ami (Turnierseite)
Vielleicht gibt es einen Generationswechsel im Spitzenschach, wie manche glauben, aber zur Zeit ist dieser mit Sicherheit noch nicht vollzogen - zumindest, wenn man nach vier gespielten Runden auf die Tabelle des Tata Steel Turniers schaut. Das winterliche, regnerische und oft auch stürmische Fischerdorf Wijk aan Zee ist derzeit einmal mehr Tummelplatz einiger der weltbesten Spieler, aber die dort versammelte Weltelite repräsentiert mehr als eine Generation. Anders als in anderen Sportarten, kann man im Schach bekanntlich auch noch im "fortgeschrittenen" Alter Höchtleistungen bringen und so ist Schach nicht nur völkerverbindend, sondern verbindet auch die Generationen.
Die vielen Open machen das Tata Steel Turnier zum Festival (Foto: Alina l'Ami)
Apropos "Völker": Woher kommen denn die Spitzenspieler des diesjährigen Tata Steel-Turniers? Im Masters-Turnier findet man vier Spieler aus Russland, je zwei Spieler aus den USA, aus Indien und aus China, je einen Spieler aus England, aus Norwegen, aus Aserbaidschan und aus den Niederlanden.
Im Challenger-Turnier sind es zwei weitere Spieler aus Russland, zwei weitere Inder, noch ein US-Amerikaner und noch ein Norweger, ein Ukrainer, ein Deutscher, ein Pole, ein Ägypter und vier weitere Spieler des Gastgeberlandes.
Schaut man auf das Alter der Spieler, so vertreten Anand, Kramnik (zwei Weltmeister!) und auch Svidler die "ältere" Generation. Alle drei sind über 40 Jahre alt, gehören aber alles andere als zum alten Eisen. Svidler hat kürzlich einmal mehr die russische Meisterschaft gewonnen. Anand wurde Schnellschach-Weltmeister. Kramnik wird beim Kandidatenturnier mitspielen - und gehört dort sicher nicht zu den Außenseitern. Mit Kramnik ist immer zu rechnen.
Auf der anderen Seite steht Wei Yi, mit 18 Jahren der jüngste Teilnehmer im A-Turnier. Im B-Turnier ist Lucas van Foreest mit 16 Jahren sogar noch etwas jünger.
Masters-Turnier
Mit 23 Jahren gehört Anish Giri natürlich auch eher zu jüngeren Garde. Das ehemalige "Wunderkind" legte im Masters einen guten Start hin und und lag nach drei Runden zusammen dem älteren Kollegen Anand in Führung. Mit dem Sieg über Ex-Weltmeister Vladimir Kramnik gelang Giri ein Big Point. Heute teilte er mit dem amtierenden Weltmeister Magnus Carlsen den Punkt. Carlsen macht dabei mit den schwarzen Steinen ein neues Eröffnungs-Fass auf. Anscheinend ist die Französische Verteidigung die neueste Liebe der Norwegers. In der 7. Dg4-Variante des Winawer-Systems lieferten sich die beiden jungen Großmeister ein Theorieduell auf recht unerforschtem Gelände und zeigten sich beide bestens orientiert.
Magnus Carlsen im Interview: "For all the banter [and] nonsense, he's still very strong." | Tata Steel Chess auf YouTube
Giri war auf Winawer vorbereitet, aber auf eine andere Variante. | Tata Steel Chess auf YouTube
Anand hatte sich in den Vorrunden bei Fabiano Caruana, derzeit der Zweite in der Weltrangliste, und dem Newcomer Maxim Matlakov bedient. Heute musste der Vielfach-Weltmeister sich mit Schwarz gegen seinen Landsmann Adhiban wehren. Der junge Mann brachte dabei ein Wolga-Gambit mit vertauschten Farben zum Vortrag. Anand übernahm nach und nach das Kommando, aber zu einem Sieg reichte es nicht. Am Ende wickelte sein junger indischer Epigone mit einem Dauerschach ins Remis ab.
Zu einem vollen Punkt kam Vladimir Kramnik. Es ist sein zweiter Sieg in den bisher gespielten vier Runden. Allerdings muss Kramnik ja auch noch die Niederlage gegen Giri kompensieren. Mit der sonst als ruhig geltenden Fianchetto-Variante richtete der 14. Weltmeister im Grünfeld-Lager von Peter Svidler heute ein arges Massaker an. Nach nur 24 Zügen war die Partie beendet. Svidlers Aufgabe wirkt etwas früh, scheint aber gerechtfertigt.
Königsindisch und Grünfeld sind bekanntermaßen trickreiche und theorielastige Eröffnungen. Die Fianchetto-Variante vermeidet die Hauptabspiele, in welchen die Nachziehenden sich wohlfühlen, und strebt ein kleines, aber sicheres Plus an.
Kramnik gegen Svidler in klassischen Partien 9:1 | Tata Steel Chess auf YouTube
Über einen ganzen Punkt durfte sich auch Maxim Matlakov freuen. Der russische GM traf mit den schwarzen Steinen auf Hou Yifan und war auf dem Papier leichter Favorit. Die Chinesin reagierte auf Matlakovs Marshall-Angriff mit einer nicht so oft gespielten Variante (9.d4), die auch der deutsche Großmeister Thomas Luther gerne gespielt hat. Die Partie nimmt danach den Charakter der Offenen Variante an. Lange verlief der Kampf ausgeglichen, doch dann gewann Matlakov mit einem Freibauern auf der a-Linie eine Qualität. Die folgende technische Phase absolvierte der junge Russe souverän.
Seinen ersten Sieg feierte auch Wei Yi in seiner Partie gegen Gawain Jones. In der Königsindischen Verteidigung kam der weltbeste U20-Spieler mit Weiß zu einiger Initiative am Königsflügel. Der Damentausch brachte Schwarz keine Entlastung.
Fabiano Caruana kam gegen Wesley So in der Nimzoindischen Verteidigung zu einer vorteilhaften Position, verpasste dann aber eine versteckte, aber starke Möglichkeit.
Die Partie endete remis. Ohne Sieger blieb auch die Partie zwischen Sergey Karjakin und Shakhriyar Mamedyarov.
Mit je drei Siegen in Vier Runden geben Anton Korobov und Vidit Gujrathi im Challenger-Turnier die Pace vor. Anton Korobov gewann heute gegen Olga Girya. Vidit besiegte seine Landsfrau Harika Dronavalli. Lucas van Foresst besiegte Bassem Amin. Alle übrigen Partien endeten heute remis, auch die zwischen Matthias Blübaum und Junioren-Weltmeister Aryan Tari.
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