ChessBase 17 - Megapaket - Edition 2024
ChessBase ist die persönliche Schach-Datenbank, die weltweit zum Standard geworden ist. Und zwar für alle, die Spaß am Schach haben und auch in Zukunft erfolgreich mitspielen wollen. Das gilt für den Weltmeister ebenso wie für den Vereinsspieler oder den Schachfreund von nebenan
Die Turniere in erst Beverwijk, dann Wijk aan Zee bilden eine der ältesten Turnierserien der Welt. Was einmal als Betriebsschachturnier des Hoogovens-Stahlwerk in Ijmuiden begann, erwuchs nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem der international bedeutendsten Turnier mit großer Strahlkraft. Die besten Spieler der Welt gaben und geben sich hier sich hier die Klinke in die Hand. Der Aufstieg zum Weltklasseturnier begann etwa im Wechsel der 1950er zu den 1960er Jahren. Man kann die Geschichte des Turniers sehr gut anhand der gespeicherten Partien in der Mega Database nachverfolgen.
Am Turnier 1960 nahmen zehn Spieler teil, erstmals Tigran Petrosian, der drei Jahre später Weltmeister wurde und überraschenderweise noch als einziger Sowjetspieler teilnahm. Später wurde es üblich, dass immer zwei Sowjetgroßmeister zusammen zu Auslandsturnieren in den Westen reiste, mit einem zusätzlichen Aufpasser vom KGB, versteht sich. Petrosian gewann das Turnier 1960 zusammen mit Bent Larsen.
In den Tabellen der alten Turniere findet man viele interessante Dinge - zum Beispiel die Namen von zu Unrecht vergessenen Schachspielern.
Wer war zum Beispiel Tan Hiong Liong, der schon 1960 im gleichen Turnier mit Petrosian, Larsen und einigen anderen bekannten Großmeister spielte?
Tan Hiong Liong wurde 1938 in Niederländisch-Ostindien geboren, das nach dem Zweiten Weltkrieg als Indonesien unabhängig wurde. Er entstammte einer gut bürgerlichen Familie und wurde von einer Gouvernante erzogen. Das Schachspiel lernte er von seinem älteren Bruder Tan Boen, als er fünf Jahre alt war. Mit 14 Jahren wurde Tan Hiong Liong Mitglied in einem Schachklub in Brandung (Indonesien) und verbesserte sein Schach mit Hilfe von Büchern von Max Euwe. 1956 kam er mit seiner Familie in die Niederlande und studierte in Amsterdam Versicherungsmathematik, allerdings nur mit mäßigem Erfolg, da er sich mehr auf sein Fortkommen im Schach konzentrierte. 1958 hatte Tan Gelegenheit bei einem Simultan gegen Mikhail Botvinnik zu spielen und verlor in 31 Zügen.
Tan Hiong Liong nahm an einigen lokalen Turnieren und Wettkämpfen teil und wurde Mitglied im Schachklub VAS Amsterdam. Dort sollte sich Hans Bouwmeester um den talentierten jungen Mann aus Indonesien kümmern, der inzwischen aber schon fast so gut war wie sein neuer Trainer.
Im Juli 1960 spielte Tan Hiong Liong für das Niederländische Team bei der Studentenweltmeisterschaft in Leningrad mit und belegt mit der Mannschaft einen Mittelplatz. In Runde sechs besiegte Tan immerhin Lubomir Kavalek, der 1960 noch für die CSR spielte.
Im Oktober des Jahres tritt Tan Hiong Liong am vierten Brett von Indonesien bei der Schacholympiade in Leipzig an. Das indonesische Team erreichte das C-Finale und wurde dort hinter den Philippinen Zweiter. Tan war mit 16,5 aus 20 Partien der beste Spieler der Olympiade an Brett vier und erhielt eine individuelle Goldmedaille.
Im folgenden Jahr gewann Tan die Landesmeisterschaften der Niederlande und besiegte im Verlauf des Turniers Jan Hein Donner, der als stärkster Spieler des Landes in dieser Zeit galt. Fanny Heemskerk gewann den Frauentitel, ihr zehnter und letzter Titel.
Tan und Donner, Euwe macht den ersten Zug
Tan Hiong Liong
Ludwig Rellstab, Jan Hein Donner, Tan Hiong Liong, Robert Hartoch, IBM-Turnier 1962
1962 belegte Tan zusammen mit Moshe Czerniak den ersten Platz beim IBM-Schachturnier in Amsterdam und wurde nun wegen seiner guten Ergebnisse 1963 zum inzwischen erweiterten und erstklassig besetzten Hoogovensturnier eingeladen, das zu dieser Zeit noch in Beverwijk gespielt wurde. 18 (!) Spieler nahmen im A-Turnier teil. Tan erreichte gegen Bronstein, Parma und Pilnik, die am Ende die Plätze zwei, drei und vier belegten, jeweils ein Remis. Gegen Averbakh und gegen Robatsch konnte Tan sogar gewinnen.
Am Ende wurde er mit 7,5 Punkten aus 17 Runden Zwölfter. Turniersieger wurde Jan Hein Donner, mit überragenden 12,5 Punkten gegen ein Klassefeld. Donner nahm auch Revanche für seine Niederlage gegen Tan bei der Niederländischen Meisterschaft zwei Jahre zuvor.
Das Max Euwe Center veröffentlichte auf Twitter ein Foto von dem damaligen Turniersaal, der doch etwas kleiner war als heute.
A view of the playing hall of the 25th @tatasteelchess tournament in 1963. It is safe to say the tournament underwent some changes throughout the years! pic.twitter.com/0t2nHs7kF0
— Max Euwe Centre (@maxeuwecentre) January 18, 2023
Neben dem A-Turnier wurde auch ein B-Turnier und ein C-Turnier gespielt, mit starker niederländischer Beteiligung, aber auch einigen Deutschen. Im B-Turnier nahmen der Stuttgarter Dieter Morlock, der Hamburger Ludwig Rellstab Sr. und der Bremer Egon Ditt, später Präsident des Deutschen Schachbundes teil.
Im C-Turnier spielte der Bremer Helmut Lange und der inzwischen 66-jährige Friedrich Sämisch mit, der allerdings nur Letzter wurde.
Außerdem gab es ein Frauenturnier mit zehn Spielerinnen, das von Weltmeisterin der frische gebackenen Weltmeisterin Nona Gaprindshvili mit 9 aus 9 bei ihrem ersten Auftritt als Titelträgerin im Ausland gewonnen wurde.
Die Deutsche Schachzeitung mit Rudolf Teschner als Redakteur würdigte das Turnier, das vom 8. bis zum 27. Januar gespielt wurde, und den Sieg von Jan Hein Donner in ihrer Märzausgabe des Jahres 1963 unter dem Titel "Der Donner von Bewerwijk", lobte den Sieger und prangerte die 16 Remisen von Petar Trifunivovic an, von denen einige auch recht kurz waren. Ein paar mal wurde der Jugoslawe aber auch gezwungen, für seinen halben Punkt zu kämpfen.
Neben einer Reihe von kommentierten Partien veröffentlichte die Deutsche Schachzeitung auch dieses schöne Gruppenbild:
Aufgrund seiner guten Ergebnisse verlieh die FIDE Tan Hiong Liong 1963 den Titel eines Internationalen Meisters. Tan war damit nicht nur der erste Spieler Indonesiens, sondern sogar der erste Spieler ganz Asiens, der mit diesem Titel ausgezeichnet wurde. Als starker Go-Spieler hatte Tan Hiong Liong auch einen Dan im Go.
Das Leben von Tan Hiong Liong hatte aber auch eine ganz andere Seite. Seit 1958 kämpfe er mit psychischen Problemen, musste Wettkämpfe in der Niederländischen Liga absagen und auch die geplante Teilnahme am Zonenturnier in Djakarta. Er begann, mehr Alkohol zu sich zu nehmen, als es verträglich war. Nach mehreren Fahrraddiebstählen wurde Tan bei der niederländischen Polizei aktenkundig. Tan kam in eine psychiatrische Klinik in Santpoort, wo die Ärzte bei ihm eine Schizophrenie vermuteten.
Zum Ende des Jahres 1963 kamen seine Eltern in die Niederlande und holten ihren Sohn zurück nach Indonesien, wo Tan weiter behandelt wurde. Er arbeitete in der Firma seines Vaters mit und erledigte dort leichtere Aufgaben in der Verwaltung. Bei Spaziergängen musste ihn ein Diener begleiten, da immer die Gefahr bestand, dass Tan nicht den Weg zurück fand.
Gelegentlich spielte Tan Hiong Liong auch noch Schach, allerdings nur noch als Hobby, und besuchte auch noch seinen alten Schachclub.
Im September 2009, im ALter von 71 Jahren, starb Tan Hiong Liong, nachdem er sich an seinem Essen verschluckt hatte.
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