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Mein Schweinchen und das Damengambit
Das dritte Schweinchen hatte gut lachen. Es hatte sich ein Häuschen aus Stein gemauert. Während die Strohhaufen und Bretterbuden seiner Geschwister rasch einstürzten, widerstand sein Gemäuer den wüsten Attacken des hungrigen Wolfes. Wer wünscht sich als Nachziehender nicht auch manchmal ein Häuschen aus Stein: Eine sichere Stellung, an der sich der Weiße die Zähne ausbeißen darf. Am besten, man bringt den Angreifer auch noch zur Strecke, wie es den drei Schweinchen im Märchen schlussendlich gelang.
Als ich sah, dass Daniel King ein Repertoire gegen 1.d4 veröffentlicht, unter anderem basierend auf dem Damengambit, schrie mein inneres drittes Schweinchen vor Freude auf. Endlich etwas Solides gegen 1.d4! Natürlich sorgte sich mein inneres drittes Schweinchen, ob das Repertoire vielleicht zu trocken sei. Dass es solid sei, aber ohne Chancen auf Gegenspiel. Wer Daniel King kennt, sagte ich meinem Schweinchen, macht sich solche Sorgen nicht. Schließlich stehe sein Name für Gegenspiel, Initiative und Angriff. Nun gut, sagte mein Schweinchen, noch mit etwas Zittern in der Stimme.
Sein Repertoire gegen 1.d4 (2.c4) hat King auf zwei Fritztrainern veröffentlicht:
• Power Play 23 - Abgelehntes Damengambit: ein Repertoire für Schwarz
• Power Play 24 - Ein Repertoire für Schwarz gegen Katalanisch
Ich schnappte mir zunächst den ersten Fritztrainer und möchte ihn hier vorstellen: Nach einem Einleitungsvideo folgen 10 interaktive Musterpartien, anhand derer King seine Repertoirevorschläge untermauert. Jede Musterpartie wird durch eine kleine Datenbank mit Modellpartien ergänzt, die zum selbstständige Vertiefen der erlernten Abspiele einladen.
Alternativen zum Hauptgang (2 Videos)
Gegen den weißen Aufbau mit Lf5 empfiehlt Daniel King das sogenannte Tartakower-System. Eine Entscheidung, die ich sehr begrüße. Die ersten zwei interaktiven Videos behandeln jedoch alternative Aufbauten zum Tartakower-System. Die Andersson-Behandlung des Lasker-Systems (1.d4 d5 2.c4 e6 3.Sc3 Sf6 4.Sf3 Le7 5.Lg5 Sbd7 6.e3 h6 7.Lh4 Se4) und die Lieblingsvariante Aljechins (1.d4 d5 2.c4 e6 3.Sc3 Sf6 4.Sf3 Le7 5.Lg5 0-0 6.e3 Sbd7 7.Tc1 a6). Zugegebenermaßen fand ich es zunächst ein wenig irritierend, den Videokurs mit Alternativen für das angestrebte Schwarz-Repertoire zu beginnen, in dem das Tartakower-System eine entscheidende Rolle spielen soll. Noch dazu können diese Alternativen in den beiden Musterpartien nicht tiefschürfend ausgeleuchtet werden. Besonders in der ersten nicht, in der Weiß sich ein wenig ungelenk durch die Eröffnung hangelt. Andererseits lernen wir in den ersten beiden Musterpartien schon typische Manöver und Bauernformationen kennen, die dem Schwarzen vertraut sein sollten.
Wie stemmt sich Spassky mit Schwarz am Zug gegen den weißen Minoritätsangriff?
Kleiner Tipp: Weiß hätte das Feld a4 in Zukunft gern für seine Leichtfiguren...
Doch nun zum Hauptteil von Power Play 23, dem Schwarzrepertoire im Damengambit.
Die Tartakower-Variante (4 Videos)
In Stellungen nach 1.d4 d5 2.c4 e6 3.Sc3 Sf6 4.Sf3 Le7 5.Lg5 0-0 6.e3 h6 7.Lh4 b6 8.Ld3 Lb7 9.0-0 Sbd7 10.De2 (siehe Diagramm) zeigt King, wie Schwarz sich mittels Se4 einiger Probleme entledigen kann.
Ähnlich wie in der Lasker-Variante erleichtert der Zug Se4 den weißen Figurendruck
und entwickelt (im Falle von 11.LxL) die schwarze Dame auf das optimale Feld e7.
In der Folge kann eine Stellung mit hängenden Bauern für Schwarz entstehen, wie in der der Musterpartie gezeigt. Interessant fand ich eine alternative Herangehensweise, die mittels schwarzem Schlagen auf c3 zu einer schwarzen Bauernmehrheit am Damenflügel führen kann. Diese Möglichkeit wird in den Modellpartien dargeboten.
Im System mit 8.Le2 Lb7 9.Lxf6 Lxf6 10.cxd5 exd5 zeigt King ein bis dato eher selten gespieltes strategisches Konzept. Es wirkt auf den ersten Blick alles andere als überzeugend – der Läufer auf b7 wird hinter den Bauern c6 und b5 verbarrikadiert. Doch sehen die schwarzen Möglichkeit durchaus überzeugend aus.
Spätestens in der häufig gespielten Variante mit 1.d4 d5 2.c4 e6 3.Sc3 Sf6 4.Sf3 Le7 5.Lg5 0-0 6.e3 h6 7.Lh4 b6 8.cxd5 Sxd5 9.Lxe7 Dxe7 10.Sxd5 exd5 verstehe ich, was ein aktiver Spieler wie King am Tartakower-System so faszinierend findet. Er schätzt die dynamischen Stellungen mit hängenden Bauern für Schwarz. Die Mechanismen, die in diesen Stellungen verborgen liegen, können es Schwarz erlauben, die Initiative zu ergreifen und das Geschehen am Brett zu bestimmen.
Optimistisch sieht King die Situation für Schwarz nach 1.d4 d5 2.c4 e6 3.Sc3 Sf6 4.Sf3 Le7 5.Lg5 0-0 6.e3 h6 7.Lxf6 Lxf6. Schwarz hat das Läuferpaar und kann in vielen Abspielen die lange Diagonale a1-h8 mittels Bauernzügen für seinen schwarzfeldrigen Läufer freisprengen.
Weiß spielt Lf4 (1 Video)
Jüngst versprechen sich viele Topspieler mehr von Varianten nach Lf4 im abgelehnten Damengambit als von Abspielen mit Lg5. Wie harmonisch das von King empfohlene Repertoire ist, werden Sie anhand seiner Empfehlungen nach 1.d4 d5 2.c4 e6 3.Sc3 Sf6 4.Sf3 Le7 5.Lf4 0-0 6.e3 merken. Er lässt den nicht so populären Zug 6...b6 folgen und strebt auch in diesem Abspiel Stellungen mit schwarzen hängenden Bauern an.
S'il vous plaît: Auch in den Abspielen mit 5.Lf4 manövriert uns King in Stellungen mit hängenden Bauern.
Schwarz ist übrigens am Zug. Wie würden Sie fortsetzen?
Abtauschvariante (3 Videos)
Der frühe Abtausch cxd5 gilt als vielversprechende Möglichkeit für den Anziehenden. Unlängst misslang es sogar Kramnik, beim Norway Chess 2016 die schwarze Seite gegen Magnus Carlsen zu verteidigen.
Baut sich Weiß mit Lg5 auf, empfiehlt King den mysteriösen Springerausfall nach h5.
Das muss einem jemand schon gut erklären können,
warum man als Schwarzer seinen Springer in der Eröffnung auf h5 parken sollte.
King gelingt dies jedenfalls ausgezeichnet.
Den weißen Aufbau kann man jedoch auch umgehen, wie King zeigt. Hierfür ist der Zug 3...Le7 als Alternative zu 3...Sf6 nützlich. Wählt Weiß nun die Abtauschvariante, dann muss er nun seinen Läufer nach Lf4 stellen. Dessen Explosionskraft auf der h2-b8 kann aber leicht entschärft werden.
Interaktive Musterpartien eignen sich hervorragend zum Einstudieren einer neuen Verteidigung. So kommt man nie in Versuchung, den Ausführungen des Vortragenden nur halbherzig zu folgen. Schließlich spielt einem King oft genug während einer Partie den Ball zu. „Now it´s your turn!“ Diese Methode finde ich sehr gut. Schwimmen lernt man schließlich auch, indem man selber schwimmt. Und nicht anderen beim Schwimmen zusieht.
Es hätte mich gefreut, wenn die Musterpartien der Datenbank ein wenig mehr kommentiert gewesen wären. Mir hätte ein einleitender Satz von King schon gereicht, warum er diese oder jene Partie mit in die Datenbank aufgenommen hat.
Das Repertoire an sich ist sehr harmonisch. King strebt in verschiedenen Abspielen ähnliche Strukturen an (hängende Bauern, zum Beispiel), was das Erlernen erleichtert.
Was mein inneres drittes Schweinchen von Power Play 23 hält? Früher hielt es hängende Bauern für zu riskant. Jetzt kann es nicht genug davon kriegen. Wir waren schon online und haben in diversen Blitzmatches den ein oder anderen Wolf erlegt.
Daniel King: Abgelehntes Damengambit: Ein Repertoire für Schwarz
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