World Cup: Junioren (teils) erfolgreich

von Thorsten Cmiel
13.09.2019 – Der World Cup 2019 ist ganz besonders interessant, denn hier spielen einige große Talente mit. Thorsten Cmiel beobachtet einige der Nachwuchsspieler. Einer ist ausgeschieden. Hier ist seine Zwischenbilanz. | Fotos: FIDE

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Vier Junioren auf dem Weg ins Kandidatenturnier?

Der erste Tag beginnt für die vier jüngsten Junioren beim Worldcup mit drei Weißpartien. Das liegt daran, dass die Spieler mit den geraden Nummern zuerst Weiß erhalten. Nur Esipenko startet seinen Miniwettkampf mit den schwarzen Steinen. Die Zielsetzung der Spieler dürfte in den Matches im Worldcup darin bestehen, möglichst viel Druck mit Weiß auf den Gegner auszuüben.

Super-Start: 3,5 zu 0,5

Angeführt von Alireza gewannen die Youngsters ihren ersten Auftritt an Tag 1 überzeugend. Alireza wich der drohenden Berliner Mauer schon im ersten Zug aus und überführte die Stellung in eine leicht bessere Tarrasch-Struktur mit isoliertem d-Bauern. Sein armenischer Gegner war offenkundig mit dem Stellungstyp nicht ausreichend vertraut und Alireza etablierte einen starken Läufer auf der Diagonale a1-h8. Später dann gelang es ihm, auf f5 einen Springer zu postieren und sich damit deutlichen Vorteil zu sichern. Diesen Springer für den Läufer d6 zu geben war eine schwere praktische Entscheidung. In herannahender, beidseitiger Zeitnot gelang es seinem Gegner nicht mehr, die anstehenden Probleme zu lösen und der Iraner gewann überzeugend im Königsangriff.

Der Russe Andrey Esipenko war nach der Eröffnungsphase bereits mit seiner Caro-Kann-Verteidigung leicht am Drücker. Er gewann einen Bauern, Ponomariov wehrte sich allerdings in der Folge zäh und hätte an einigen Stellen in etwa ausgleichen können. Nach einem groben Fehler des Verteidigers gewann der Junior dann recht zügig.

Nihal trat gegen den Kalashnikov-Sizilianer seines Gegners an. Kurz nach der Eröffnungsphase verbrauchten beide Spieler viel Zeit und Nihal erlangte aus der Eröffnung heraus einen klaren Vorteil. In beiderseitiger Zeitnot wurde es dann etwas wild und Nihal hatte stahlharte Nerven und etwas Glück, dass er seinen Vorteil nicht mit der Zeitkontrolle verlor.

Nodirbek wurde von seinem Gegner in der Eröffnung überrascht und es gelang ihm nicht, seinen Gegner vor größere Aufgaben zu stellen. Matlakov nahm dann das Unentschieden durch Stellungswiederholung und kann am zweiten Tag sein Glück mit Weiß versuchen.

Remis auf Bestellung?

Die Spieler hatten am zweiten Tag unterschiedliche Aufgaben zu lösen. Ruslan Ponomariov beispielsweise verfügt über ein auf Sicherheit bedachtes Schwarzrepertoire, muss nach seiner Auftaktniederlage allerdings auf Gewinn spielen. Auf der anderen Seite dürfte Andrey Esipenko seine eigene Vorbereitung auf einen Weiß-Aufschlag ausgerichtet haben. Wird er diese Vorbereitung in der leicht geänderten Situation spielen können und was wird der Ukrainer spielen? Hat Andrey eine Variante mit eingebauter Handbremse zur Hand? Ruslan spielte in der Vergangenheit, wenn er gewinnen musste entweder Grünfeld- oder Königsindisch.

Alireza Firouzja

Bei Alireza darf man ein Damengambit (Semi-Slawisch) erwarten, da er nicht gewinnen muss. Nihal muss mit Schwarz ebenfalls nur remisieren. Er hatte in der Vergangenheit in solchen Situationen häufiger gegen 1.e4 auf die Berliner Mauer gesetzt und geriet mit dieser Spielweise auf ein Ergebnis in Probleme. Sein Gegner jedoch spielt in der Regel selbst vor allem solide Systeme mit 1.d4 und Sf3 Colle und Zukertort ist zumindest die erwartete Richtung vor der Partie. Nodirbek wiederum muss gegen den Aufschlag von Maxim Matlakov ankämpfen. Hier darf man einen interessanten Wettbewerb um die Hoheit der Variantenwahl erwarten. Selbst der erste Zug ist völlig offen.

Tag 2: Drei Spieler weiter und einer muss nachsitzen

Die erste Runde im Worldcup ist zu Ende. Zumindest was die Partien mit Turnierbedenkzeit angeht. Drei der Youngsters konnten sich direkt qualifizieren und nur Nodirbek, der gegen einen Spieler über der Schallgrenze von 2700 antreten musste, konnte seinen Minikampf nicht gewinnen. Insgesamt bleibt für die vier Musketiere ein Plus von 23 Elo-Punkten und die überzeugende Gesamtbilanz von sechs zu zwei Punkten ohne Niederlage.

Die größten Probleme hatte  etwas überraschend Alireza am heutigen Tag. Er wurde in einem Endspiel gefordert, opferte einen Bauern und erhielt mit etwas Hilfe seines Gegners eine haltbare Stellung.

 

Andrey stand nach der Eröffnung – Königsindisch - bereits klar vorteilhaft und bei ihm ging es vor allem um die Frage, wie er seinem Gegner keine Chance auf einen Gewinn lässt. Vielleicht hielt ihn das davon ab, die Partie konsequent auf Gewinn zu spielen. Die Punkteteilung reichte in einer komfortablen Partie.

 

Nihal trat gegen die erwartete Zukertort-Variante an und hatte nie ernsthafte Probleme. Sein Gegner versuchte verzweifelt dem Ausgleich auszuweichen, geriet dadurch früh in Probleme und verlor nach einer überzeugenden Konterpartie von Nihal.

 

 

Nihal Sarin

Nodirbek hatte zunächst Probleme, konnte aber letztlich eine lange Zeit etwas schlechter stehende Stellung ausgleichen. Er ist der einzige der Youngster, der nachsitzen musste. Nach einem weiteren Remis verlor er die zweite Schnellschachpartie und schied aus.

 

Vorschau

In der zweiten Runde wartet auf Alireza mit Daniil Dubov ein echter Gradmesser für seine Form. Zudem ist Dubov amtierender Schnellschachweltmeister und war 2016 bei der Blitzmeisterschaft Dritter. Beim Worldcup hat Dubov Artemiev und Karjakin ausgeschaltet. Erst in Runde 4 scheiterte Dubov an dem späteren Sieger Levon Aronian.

Esipenko darf gegen den achtmaligen Meister seines Landes, Peter Svidler, antreten. Die beiden hatten laut Datenbank bisher nur eine Begegnung bei der Schnellschachweltmeisterschaft 2017, die der ältere Spieler mit Grünfeldindisch gewann.

Nihals Gegner wurde erst im Tiebreak ermittelt. Dabei hatte der US-Amerikaner, Shankland in der zweiten Schnellschachpartie gegen einen Eltaj Safarli (Aserbaidschan) hart zu kämpfen. In der ersten kürzeren Schnellschachpartie (10+5) verlor Sam dann sogar und musste mit Weiß ausgleichen. Shankland patzte dann im Endspiel sogar einen Läufer ein, Eltaj Safarli sah es zweimal nicht und es blieb zunächst dramatisch. Die Partie endete Remis und Nihal verblieb mit dem vermutlich nicht erwarteten Gegner.


Thorsten Cmiel ist Fide-Meister lebt in Köln und Milano und arbeitet als freier Finanzjournalist.

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