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Zum 100.Geburtstag von Vera Menchik
Menchik gegen Thomas, London 1932...
Vera Menchik wurde am 15. Februar 1906 in
Moskau geboren. Ihr Vater war Tscheche, die Mutter Engländerin. Mit neun Jahren
lernte sie zusammen mit ihrer zwei Jahre jüngeren Schwester Olga das Schachspiel
von ihrem Vater. Die Familie zog 1921 nach London um. Im gleichen Jahr gewann
Vera Menchik die Britische Mädchenmeisterschaft. 1922 wurde sie Schülerin von
Geza Maroczy, der in den Zwanziger Jahren zu den besten Spielern der Welt
gehörte. 1926 gewann Menchik die Erste Offene Britische Mädchenmeisterschaft,
1927 wurde sie Londoner Frauenmeisterin mit fünf Siegen vor ihrer Schwester
Olga.
Im Juli 1927 organisierte die FIDE in London parallel zur ersten Schacholympiade
auch erste Frauenweltmeisterschaft. Die 21-jährige Vera Menchik gewann das
Turnier mit zehn Siegen und einem Remis in der letzten Runde. In den folgenden
Jahren verteidigte sie ihren Titel in 1930 (6 Siege, 1 Niederlage, 1 Remis),
Prag 1931 (8 Siege), Folkestone 1933 (14 Siege), Warsaw 1935 (9 Siege),
Stockholm 1937 (14 Siege), and Buenos Aires 1939 (17 Siege, 2 Remisen). Die
einzige Niederlage in ihren insgesamt 83 WM-Partien erlitt sie in Hamburg gegen
Henschel. Gesamtbilanz: 78 Siege, 4 Remisen, 1 Niederlage in acht
Weltmeisterschaften.
1927 nahm sie in Karlsbad erstmals und als
erste und einzige Frau überhaupt in der ersten Hälfte des 20 Jh. an einem
Männerturnier teil: Der Wiener Meister Albert Becker schlug vor Turnierbeginn
spöttisch vor, jeder Mann, der gegen Menchik verlöre, gehöre fortan zum Vera
Menchik Klub. Das erste Klubmitglied wurde ausgerechnet Becker selber. Im Laufe
des Turniers erlitt auch noch Fritz Sämisch dieses Schicksal. Allerdings wurde
Menchik mit zwei insgesamt 3 Punkten nur 22.und Letzte bei ihrem ersten Turnier.
Im gleichen Jahr spielte sie in Ramsgate bei einem Mannschaftsturnier nach
Scheveninger System gegen die englische Nationalmannschaft und erzielte wie
Rubinstein 5 aus 7, einen halben Punkt mehr als ihr Lehrer Maroczy. Capablanca
machte mit 5,5 aus 7 das beste Ergebnis.
Nach Vera Menchik war die Deutsche Sonja Graf (1914-1965), die zweitbeste
Spielerin der Welt. 1934 kam es in Amsterdam durch Vermittlung von Dr. Max Euw
zu einem inoffiziellen Wettkampf zwischen Menchik und Graf, bei dem Graf
überraschend die erste Partie gewann, die folgenden drei aber verlor. Über Sonja
Graf gibt es einen ausgezeichneten biografischen Artikel von Michael Negele, der
in einer Kurzversion in Karl (3/20004) und ungekürzt bei der Ken Whyld
Association (s.u.) erschien.
Im gleichen Jahr wurde Menchik Dritte hinter Pirc und Steiner beim Turnier in
Maribor. Das bedeutendste Turnier, an dem Vera Menchik teilnahm, war sicher
Moskau 1935. Allerdings landete sie hier mit 1,5/19 auf dem letzten Platz.
1937 heiratete sie den Sekretär des Britischen Schachverbandes Henry Streatfeild Stevenson (1878-1943) und spielte im gleichen Jahr in Semmering (26.Juni bis 16. Juli, Grand Hotel Panhans auf dem Semmering bei Wien) einen Titelwettkampf gegen Sonja Graf, den sie klar mit 11,5:4,5 gewann (9 Siege, 5 Remis, 2 Niederlagen). Mit Schwarz hielt Menschik ein 4:4, mit Weiß gewann sie 7,5:0,5. Vor allem strategisch war Menchik der nach taktischen Scharmützeln suchenden Herausforderin klar überlegen.
1939 wurde Menchik Manager des Britischen Nationalen Schach Zentrums, das ein Jahr später bei einem Bombeangriff zerstört wurde. 1942 gewann Menchik einen Wettkampf gegen allerdings schon 77-jährigen Jacques Mieses mit 6,5: 3,5 (4 Siege, 5 Remise, 1 Niederlage). Das Ergebnis wurde nicht veröffentlicht, um Mieses Ruf als Schachmeister nicht zu schaden.
Menchik-Mieses
Vera Menchik kam zusammen mit ihrer Schwester und ihrer Mutter 1944 bei einem der letzten deutschen Bombenagriffe auf London ums Leben. Sie wurde 38 Jahre alt.
Zu denen, die im Laufe ihres Lebens in den Vera Menchik Klub eintreten mussten, gehörten Euwe (1930), Reshevsky (1935), Alexander (1932), Yates (1928), Colle, Opocensky, Thomas (1932), Becker (1929), Mieses (1928), L. Steiner (1936), Sämisch (1929), Milner-Barry (1934), Golombek, William Winter (1932), Tylor (1933), Book (1938), Sergeant (1938) und Sultan Khan (1931). Einige Spieler hatten mehrfache Mitgliedschaft beantragt. Gegen manche ihrer Gegener bekam Menchik allerdings keinen Stich. So lautete ihr Bilanz gegen Capablanca 0 aus 9.
André Schulz
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