Zum 100sten Geburtstag von Wolfgang Unzicker

von André Schulz
26.06.2025 – Heute jährt sich der Geburtstag von Wolfgang Unzicker zum 100sten Mal. Schon vor dem Zweiten Weltkrieg gehörte er zu den größten deutschen Schachtalenten und stieß nach dem Krieg mit seinem Erfolgen bis in die Weltspitze vor.

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Wolfgang Unzicker wurde am 26. Juni 1925 in Pirmasens geboren. 1931 zog er mit seiner Familie nach München, nachdem sein Vater dort eine Anstellung als Gymnasiallehrer angenommen hatte. Als begeisterter Schachspieler brachte er seinen Söhnen Gerhardund Wolfgang ebenfalls das Schachspiel bei. Wolfgang Unzicker zeigte so großes Talent, dass er 1939 als 14-jähriger zu einem Lehrgang für junge Talente eingeladen wurden. Neben anderen nahmen dort auch Klaus Junge, der ebenfalls in den letzten Kriegstagen in der Lüneburger Heide fiel, und Edith Keller-Herrmanm, nach dem Krieg Teilnehmerin an der Frauenweltmeisterschaft, teil. Übungsleiter Wolfgang Schlage freute sich später in einem Bericht über die Fähigkeiten der "Neuentdeckung" Wolfgang Unzicker, der ihm durch sein angriffslustiges Schach aufgefallen war. 

Der Beginn des Zweiten Weltkrieges beendete die Förderung der jungen Talente und das Schachleben in Deutschland weitgehend, aber nicht ganz und gar. In den 1940er Jahren gewann Wolfgang Unzicker noch mehrmals die Münchener Stadtmeisterschaft. Er hatte das Glück, zu jung zu sein, um noch eingezogen zu werden. Sein Bruder Gerhard fiel im Januar 1945 an der Ostfront. 

Im weitgehend zerstörten Deutschland nach dem Krieg gehörten Schachturniere zu den wenigen Dingen, die man trotz des Mangels, der überall herrschte, organisieren konnte. 1946 spielte Wolfgang Unzicker sein erstes Meisterturnier mit und gewann es vor Paul Tröger. Im September des gleichen Jahres gewann er mit 14 Punkten aus 16 Partien ein Turnier in Augsburg. Bei der ersten deutschen Nachkriegsmeisterschaft in Weidenau wurde Unzicker geteilter Fünfter. Und nach dem Titelgewinn bei der Deutschen Meisterschaft 1948 in Essen wurde Unzicker zusammen mit Friedrich Sämisch als erster Deutscher wieder zu einem zu einem Turnier ins Ausland eingeladen, nach Luzern, und gewann das Turnier.

1950 wurde der wiedergegründete Deutsche Schachbund in die FIDE aufgenommen und eine deutsche Mannschaft durfte an der ersten Nachkriegs-Schacholympiade teilnehmen. Mit 14 Punkten aus 16 Partien erzielt der 25-jährige Wolfgang Unzicker zusammen mit Miguel Najdorf das beste Ergebnis am ersten Brett.

Mit seinem zweiten Platz beim Zonenturnier in Bad Pyrmont qualifizierte sich Wolfgang Unzicker für das Interzonenturnier 1948 in Saltsjöbaden. Er wurde Neunter.

Schacholympiade 1954, Unzicker gegen Botvinnik

Euwe gegen Unzicker, 1954

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Max Euwe war der 5. Weltmeister der Schachgeschichte, nachdem er 1935 Alexander Aljechin im Wettkampf um die Weltmeisterschaft besiegen konnte. Von Beruf Mathematiklehrer blieb Euwe Zeit seines Lebens Amateur, war aber dennoch der beste Schachspieler der Niederlande und einer der weltbesten Spieler. Mit zwölf niederländischen Landesmeisterschaften hält Euwe den Rekord. Nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft war Euwe eine Zeitlang auch der weltbeste Spieler. 1937 verlor er den Titel im Revanchematch gegen Alexander Aljechin wieder.
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1955 qualifizierte sich Wolfgang Unzicker erneut für das Interzonenturnier, in Göteburg, landete aber im hinteren Bereich der Tabelle. Beim Turnier in Buenos Aires 1960 gelang Unzicker ein Sieg gegen den aufstrebenden Bobby Fischer. 

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"Im 12. Zug - ich traute meinen Augen nicht - fasste Fischer, der am Zuge war, seinen h-Bauern fest an, offensichtlich, um ihn zu ziehen. Nach wenigen Sekunden ließ er ihn wieder los. In diesem Augenblick zeigte Fischer vorbildliche Fairness. Da er den Bauern angefasst hatte, zog er ihn, der Regel gemäß, auch, obwohl es der Verlustzug für ihn war. Ich hatte nicht beabsichtigt, zu protestieren, falls er einen Zug mit einer anderen Figur gemacht hätte. Ich hätte ihm einen Verstoß gegen die Regel "berührt-geführt" kaum nachweisen können und außerdem widerstrebt es mir in hohem Maße, mich wegen derartiger Vorfälle an die Turnierleitung zu wenden. Fischer hat diese Partie eben auch durch seine Fairness verloren, und mir selbst hat dieser Gewinnpunkt nie Freude bereitet," erinnerte sich Unzicker.

Bei der Europamannschaftsmeisterschaft 1961 in Oberhausen war Wolfgang Unzicker der zweitbeste Spieler hinter Mikhail Botvinnik. Die Partie gegen Botvinnik entschied Unzicker aber für sich.

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Nach der Schacholympiade 1962 in Warna (Bulgarien) nahm Wolfgang Unzicker immer weniger an Einzelturnieren teil, da seine Beschäftigung als Jurist im Staatsdienst, zuletzt war er Richter, im nur wenig Zeit für Schachturniere ließ. Unzicker gehörte aber noch bis 1982 der deutschen Nationalmannschaft an und war mit 386 Einsätzen zwischen 1950 und 1982 der Rekordinternationale des Deutschen Schachbundes. In Mannschaftskämpfen der Ersten und Zweiten Bundesliga war er noch bis 1999 für seinen Verein aktiv.

Nach seiner Teilnahme an der Schacholympiade 1962 in Warna nahm Wolfgang Unzicker, der als reiner Amateur berufsbedingt weniger Zeit für das Schach hatte, immer seltenerer an Einzelturnieren teil. Er war aber unter anderem einer der Teilnehmer beim Weltklasse-Turnier Piatigorsky Cup 1966 in Santa Monivca. Eines seiner besten Einzelturniere spielte Uzicker noch 1979, wo er in Johannesburg eine Performance von 2724 erreichte. Der Nationalmannschaft blieb Unzicker noch bis 1982 treu und brachte es zwischen 1950 und 1982 auf 386 Einsätze, was Rekord bedeutet. In der ersten und zweiten Bundesliga war er noch bis 1999 seinen Verein aktiv.

Wolfgang Unzicker war bis zum Vorstoß von Robert Hübner in die Weltspitze der beste deutsche Schachspieler nach Emanuel Lasker. Kurz nach Einführung der Elozahlen durch die FIDE belegte er 1968, als er seinen Leistungszenit vielleicht schon überschritten hatte und nur noch als Amateur neben seinem Beruf spielen konnte, immer noch den zehnten Platz in der Weltrangliste.

Der Statistiker Jeff Sonas hat für Wolfgang Unzicker als beste historische Elozahl einen Wert von 2686 im Jahr 1960 errechnet und als beste Platzierung in der Weltrangliste den 14.Rang im Jahr 1951.

Auch neben dem Brett zeichnete sich Wolfgang Unzicker als große Persönlichkeit aus, der mir Eloquenz und Witz seine Gesprächspartner beeindruckte. Er war in der 1991 gegründeten Emanuel Lasker Gesellschaft aktiv und gern gesehener Ehrengast bei vielen Schachevents.

Zu seinem 80sten Geburtstag veranstalteten die Chesstigers 2005 in Mainz eine Unzicker-Gala mit Karpov, Spassky und Kortschnoj als Turniergegner. Wolfgang Unzicker starb im folgenden Jahr bei einer Urlaubsreise in Portugal. Der Deutsche Schachbund ehrte Wolfgang Unzicker anlässlich des Jubiläums mit einer Veranstaltung bei der diesjährigen Deutschen Meisterschaft in München.


André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.
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