Zum 100sten Gründungstag des Österreichischen Schachbundes (2)

von Michael Ehn
13.12.2020 – Vor 100 Jahren wurde der Österreichische Schachbund gegründet. Der Wiener Schachhistoriker Michael Ehn blickt anlässlich des Jubiläums auf die Gründungszeit zurück und stellt das Schachleben in Österreich vor 100 Jahren vor. Zum zweiten Teil seines Rückblicks... | Foto: Gästeturnier der Wiener Schachfreunde 1926 (Alle Fotos: Archiv Ehn)

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Fortsetzung zum ersten Teil der Gründungsgeschichte...

Zur Gründung des Österreichischen Schachbundes (II)

Dr. Emil Josef Krejcik wurde mit großer Mehrheit zum ersten Präsidenten des Verbandes gewählt.

Dr. Emil Josef Krejcik

Im Vorstand saßen nun die Vertreter der wichtigsten Wiener Gruppen und der Bundesländer gleichberechtigt nebeneinander. Die „Österreichische Schachrundschau“, Organ des ÖSV unter dem Chefredakteur Dr. Hans Thanhofer, begann im Jänner 1922 zu erscheinen. Die erste offizielle Vereinsmeisterschaft von Wien wurde ausgetragen, während es noch einige Jahre dauern sollte, bis ähnliche Bewerbe in den Bundesländern zustande kamen:

 

Wiener Vereinsmeisterschaft 1920 – 1921, 1. Klasse


Der erste Vereinsmeister, der „Schachklub Schlechter“, war eigentlich der Wiener Amateur-Schachklub (gegründet 1897), der sich 1919 im Andenken an Carl Schlechter umbenannt hatte. Er trat an den Spitzenbrettern mit Kmoch, Schenkein, Gottlieb, Mandler und Hermann Weiß sen. an, der DSVW mit Becker, Lokvenc, Wotawa, Thanhofer, Gruber und Halumbirek und die Landstraße mit Grünfeld, S. R. Wolf, A. Wolf, Januschkowetz und Krejcik.

Nun begannen auch die Verhandlungen über die Meisterturniere des jungen Verbandes. Laut den Satzungen sollten nur solche Spieler teilnahmeberechtigt sein, die entweder österreichische Staatsbürger oder deutscher Nationalität waren. Das alte Problem, die Loslösung vom Deutschen Schachbund und seinen Kongressen und Meisterschaftsturnieren fiel nun leichter als vor dem Krieg: Weil es seit vielen Jahren österreichischen Spielern unmöglich sei, deutsche Hauptturniere zu besuchen und die bestehenden Valutaverhältnisse dieses Stadium auf Jahre hinaus erhalten werden, wurde ein eigener österreichischer Meistertitel geschaffen. Doch ließ man sich zusichern, dass die ersten österreichischen Meister bei den deutschen Meisterschaften mitspielen können.

Zur Standortbestimmung wurde zunächst ein großes Meisterschaftsturnier veranstaltet, das fünf Monate dauerte (ein Rundenturnier mit 24 Teilnehmern!) und von Müller vor Gruber, Halumbirek, Ludwig und Weiß sen. gewonnen wurde. Die Sieger sollten dann in Finalturnieren auf die anerkannten Meisterspieler treffen. Es dauerte bis in den Winter 1921, bis der junge Verband seine ersten Titel vergeben konnte. Drei gleichwertige Rundenturniere wurden ausgetragen, wobei aus heutiger Sicht das Hauptturnier B im Vergleich zu C besonders stark besetzt war. Jeder Sieger bzw. punktegleiche Erste erhielt erstmals den Titel „Österreichischer Meister“.

Wien November/Dezember 1921, Hauptturnier A des Österreichischen Schachverbandes

2. Schönheitspreis für die Partie Falk-Wolf

 

3./4. Schönheitspreis für die Partie Krejcik-Ullmann:

 

 

Wien November/Dezember 1921, Hauptturnier B des Österreichischen Schachverbandes

Wien November/Dezember 1921, Hauptturnier C des Österreichischen Schachverbandes

1. Schönheitspreis für die Partie Gerbec-Halumbirek

 

3./4. Schönheitspreis für Eberle-Kohn

 


Die ersten fünf Titelträger des ÖSV waren also Krejcik (Landstraßer Schachbund), Kmoch (SK Schlechter), Becker, Müller und Gruber (alle DSVW). Drei von ihnen, Kmoch, Becker und Müller gehörten in den nächsten Jahrzehnten zu den besten Spielern Österreichs, in deren Biographien sich auch die dramatische Zeitgeschichte des 20. Jahrhunderts widerspiegelt. Sie seien hier kurz vorgestellt:

Dr. Emil Josef Krejcik (1885 Rudolfsheim - 1957 Wien) war einer der wichtigsten Männer für die Entwicklung des Schachspiels in der Ersten Republik. Geboren in Rudolfsheim, einem damals noch fast ländlichen Vorort Wiens (heute 15. Bezirk), wuchs er in Olmütz (Olomouc, Mähren) auf. Das Schachspiel erlernte er mit 14, das beeindruckende internationale Kaiser-Jubiläums-Turnier in Wien 1898 war das erste große Schachereignis, an dem er als Zuschauer teilnahm. Nach der Matura kam er dauerhaft nach Wien, um Philosophie zu studieren und trat zunächst in den neu gegründeten „Akademischen Schachverein“ (1902) ein. Nach dessen Auflösung wurde Krejcik Mitglied im großen Wiener Schachklub, trat gleichzeitig dem Landstraßer Schachbund bei und war daneben natürlich noch ständiger Besucher des berühmten Café Central. Krejcik war eine der vielseitigsten Persönlichkeiten - nicht nur ein exzellenter Praktiker mit Meisterstärke, sondern auch Problemkomponist, Theoretiker, Organisator, Schachhumorist, Fernschachspieler, Pädagoge und nun erster Präsident des Österreichischen Schachverbandes von 1921-1925. In seiner Person vereinigte sich die ganze Bandbreite der Schachkultur, er leitete einige der bedeutendsten Schachspalten des alten und des neuen Österreich, z.B. im „Erdgeist“ 1908/09, im „Sporttagblatt“ 1920/21, das vor der Gründung der „Österreichischen Schachrundschau“ (1922-1925) als Organ des jungen Verbandes diente, im „Wiener Abendblatt“ 1921-1925, der „Wochenausgabe“ 1923-1938 und vor allem im „Neuigkeits-Weltblatt“ 1908-1938. Besonders die letztere Schachspalte war stark von der Vielseitigkeit seiner Person geprägt, alle Bereiche des Schachs wurden angesprochen.

Hans (eigentlich Johann Joseph) Kmoch (1894 Wien - 1973 New York) war Sohn eines Ledergalanteriearbeiters, der aus Prag stammte. Kmoch begann beim Amateur-Schachklub und beschäftigte sich erst knapp nach dem Ersten Weltkrieg ernsthaft mit Schach.

Hans Kmoch 1925

Ursprünglich reiner Theoretiker, der sich großes Buchwissen angeeignet hatte, benötigte er einige Jahre, bis er es umsetzen konnte. Zwar eroberte er den Meistertitel des ÖSV 1921, es folgten aber viele schlechte Resultate (z. B. Letzter beim internationalen Meisterturnier in Wien 1922). Erst im Turnier von Debrecen 1925 ging ihm „der Knopf auf“, er siegte überlegen vor Tartakower und Grünfeld. Weitere Erfolge erzielte er bei den Turnieren von Budapest 1926 und Brno 1928 (jeweils Dritter), er gewann die Turniere von Ebensee 1930 und das Trebitsch-Gedenkturnier 1930. 1927 in London, 1930 in Hamburg und 1931 in Prag vertrat er Österreich bei Schacholympiaden. In den dreißiger Jahren avancierte er zu einem der meist gelesenen Schachjournalisten, vor allem durch seine humoristischen Faschingsnummern und den „Scheinwerfer“, der aktuelle Probleme des Schachlebens reflektierte, in der Wiener Schachzeitung und durch seine Schachspalte im „Neuen Wiener Journal“. Außerdem machte er sich als Schachbuchautor auch heute noch gern gelesener Bücher einen Namen, wie z.B. die Biographien Akiba Rubinsteins 1933 und Max Euwes 1938, „Die Kunst der Bauernführung“ 1956 und einige mehr. Außerdem verfasste er den Nachtrag zum Bilguerschen Handbuch 1930, durch den er allerdings den Zorn Ernst Grünfelds auf sich lenkte, der diese Bearbeitung weder für geglückt noch für vollständig hielt. Kmoch war Sekundant von Weltmeister Aljechin während seiner WM-Kämpfe gegen Bogoljubow 1929 und 1934.

1932 übersiedelte Kmoch auf Anregung seines Freundes Max Euwe nach Holland und wurde 1935 zum Turnierleiter des WM-Kampfes Aljechin gegen Euwe bestellt. In seiner neuen Heimat gelangen ihm beginnend mit 1934 zahlreiche Turniererfolge, vor allem in den Kriegsjahren, z.B. Delft 1940, Amsterdam 1941, Leeuwarden 1942 und Bussum 1942. Im April 1941 erreichte er seine beste historische Elozahl von 2664. Sein letztes Turnier als aktiver Spieler war Den Haag 1942. Danach gelang ihm zusammen mit seiner Frau Trude, die jüdischer Herkunft war, die Flucht aus den besetzten Niederlanden in die USA. 1950 wurde ihm von der FIDE der Titel „Internationaler Meister“ verliehen. Er arbeitete weiter als Journalist und Organisator und wurde in den fünfziger Jahren ein besonderer Fürsprecher Bobby Fischers, den er schon als Kind im Manhattan Chess Club bewundert hatte.

Albert Becker (1896 Wien - 1984 Vicente Lopez, Argentinien) entstammte einer Dynastie von Buchbindern im 8. Wiener Gemeindebezirk. Er lernte bereits früh im Elternhaus das Schachspiel kennen und übte es in seiner Gymnasialzeit mit wachsender Begeisterung aus. Sein erstes Schachbuch, den „kleinen Dufresne“, verschlang er förmlich und fand sogar zahlreiche Verbesserungen zu den angegebenen Varianten. Auch im Blindspiel und im Fernschach versuchte er sich schon als 13-Jähriger erfolgreich.

Albert Becker

Nach dem Krieg erwachte seine Liebe zum Schach erneut und er gründete zusammen mit seinen Freunden Hans Thanhofer, Stefan Eberle, Heinz Brixi, Josef Lokvenc und Alois Wotawa den Deutschen Schachverein Wien. 1921 gewann er das Turnier des ersten oberösterreichischen Schachkongresses in Linz und das Hauptturnier B des Österreichischen Schachverbandes. 1922 entschied sich Becker schweren Herzens gegen eine professionelle Schachkarriere und absolvierte die Abschlussprüfung an der Wiener Universität zum Mittelschullehrer. Seinen Lebensunterhalt verdiente er sich fortan als Gymnasiallehrer. Soweit es sein Beruf gestattete, nahm Becker ab 1923 an einer Reihe von Meisterturnieren teil, bei denen er oft in den Preisrängen zu finden war. Bedeutende Erfolge waren der dreimalige Gewinn der stark besetzten Wiener Trebitsch-Gedenkturniere 1931, 1932 und 1934/35 und der zweite Platz 1927. In Frankfurt a. M. 1923 holte Becker den deutschen, in Karlsbad 1929 den internationalen Meistertitel. Dieses gewaltige Turnier (Rundenturnier mit 22 Teilnehmer/innen), bei dem er geteilter Fünfter gemeinsam mit Euwe und Vidmar wurde (Sieger Nimzowitsch), kann wohl als einer seiner größten Erfolge angesehen werden. Dort soll Becker angesichts der Teilnahme von Frauenweltmeisterin Vera Menchik vorgeschlagen haben, einen „Menchik-Club“ für jene Spieler zu gründen, die gegen sie verlieren. Er selbst wurde das erste Mitglied des legendären Klubs. Zudem vertrat er Österreich bei den Schacholympiaden in Prag 1931 (beste Leistung am vierten Brett: +10, =1 -3) und München 1936 (75% der Punkte).

Daneben begeisterte er sich stets für schachliterarische Tätigkeiten und erfüllte auch hier ein schier unglaubliches Arbeitspensum. Beginnend mit der Schachspalte in der „Deutschösterreichischen Tageszeitung“ 1920 und der Bearbeitung des Teplitz-Schönauer Kongressbuches 1922 (gemeinsam mit Grünfeld) veröffentlichte er zahlreiche Schachbücher und war von 1926 bis 1935 Chefredakteur der Wiener Schachzeitung. Eine andere lebenslange Leidenschaft Beckers war seine Eröffnungskartei, in der die ersten 15-18 Züge jeder verfügbaren Meisterpartie aufgezeichnet wurden. Sie wuchs im Laufe der Jahrzehnte auf über 120.000 Karten an und wurde 1976 Max Euwe geschenkt. Sie befindet sich heute im Amsterdamer Max Euwe Centrum.

Nach dem Anschluss Österreichs an Deutschland 1938 wurde Becker zum kommissarischen Leiter des Wiener Schachverbandes ernannt und zum Mannschaftskapitän für die Schacholympiade 1939 in Buenos Aires bestimmt, die genau mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs zusammenfiel. Das aus Österreichern und Deutschen zusammengesetzte Team gewann überraschend die Goldmedaille, obwohl einige Wettkämpfe kampflos unentschieden gewertet werden mussten. Wegen des Kriegsausbruchs blieb er zusammen mit den anderen Spielern Eliskases, Engels, Michel und Reinhardt in Argentinien, wo er bis zu seinem Tode lebte. Ob er aber einen „Pakt mit dem Teufel“ schloss, wie dies Ariel Magnus in seinem Buch „Die Schachspieler von Buenos Aires“ (Köln 2018, S. 267) darstellt, ist nicht nachweisbar. Becker soll ein “Mischling 2. Grades“ gewesen sein (eine Großmutter war jüdischer Herkunft), weswegen er ausgehandelt haben soll, als Kapitän der großdeutschen Mannschaft zu fungieren, wenn er im Gegenzug in Argentinien bleiben und seine Familie dorthin mitnehmen dürfe.

1953 verlieh ihm die FIDE den Titel eines „Internationalen Meisters“, seine höchste historische Elozahl von 2651 erreichte Becker im Jänner 1933. Nach dem Krieg schrieb Becker weiterhin unzählige Artikel für Schachzeitschriften und führte Schachspalten in Tageszeitungen. Mitte der sechziger Jahre begannen Becker und Milciades Lachaga mit einer historischen Turnierserie in deutscher Sprache, die bis Anfang der 80er Jahre andauerte, und insgesamt mehr als 60 Bände zählt. Zumeist handelte es sich um Partiensammlungen von Wiener, sudetendeutschen und deutschen Turnieren der zwanziger bis vierziger Jahre, die aus Beckers umfangreichem Archiv stammen.

Hans Müller (1896 Wien - 1971 Wien) war ein Mann mit vielen Interessen und Begabungen. Als Sohn des bekannten Militärkapellmeisters Johann Müller interessierte sich der junge Hans zunächst für Musik, spielte leidenschaftlich Klavier und sammelte alte Musiknoten. Nach dem Ersten Weltkrieg, als seine Eltern durch die Geldentwertung ihr Vermögen verloren hatten, musste er das Maschinenbau-Studium aufgeben und arbeitete als Bankbeamter. Jetzt begann er auch ernsthaft Schach zu spielen. Schon 1920 wurde er beim Turnier des Schachklubs Wien-West geteilter Erster zusammen mit Theodor Gruber. Das große Meisterschaftsturnier des Schachklubs Schlechter 1921 gewann er überlegen und qualifizierte sich für das Hauptturnier des ÖSV 1921, wo der 25-Jährige die Gruppe C gewann und den österreichischen Meistertitel verliehen bekam. Den ungarischen Meistertitel holte er sich 1925 als Turniersieger in Debrecen, 1931 folgte der tschechische Meistertitel in Prag durch den Gewinn der zwölften tschechischen Meisterschaft.

Hans Müller

1932 wurde Müller arbeitslos und schlug sich mit Gelegenheitsarbeiten durch, als Lehrer (Schach, Sprachen, Musik, Skilauf, Tennis, Florettfechten) und auch als Hilfsarbeiter. Er züchtete Fische, betätigte sich als Sportler, begeisterte sich für Meteorologie, begann sich für Graphologie zu interessieren und arbeitete als Graphologe. Schließlich ergriff er den Beruf des Schachprofessionals.

Bei den Meisterturnieren der dreißiger Jahre war er sehr erfolgreich. An den Trebitsch-Gedenkturnieren nahm er stets mit ausgezeichnetem Erfolg teil: 1927 Dritter, 1933 geteilter Erster gemeinsam mit Grünfeld vor Spielmann und 1934/35 geteilter 2.-4. hinter Becker zusammen mit Glass und Grünfeld. Das Turnier in Ebensee 1933 gewann er vor Spielmann und Eliskases und in Klosterneuburg 1934 wurde er geteilter Erster mit Karl Gilg. An folgenden Schacholympiaden nahm Müller teil: Haag 1928, Hamburg 1930, Folkestone 1933 (hier erzielte er sein bestes Ergebnis), Warschau 1935 und München 1936. Außerdem gewann er das große Fernturnier des internationalen Fernschachbundes 1932/33, der inoffiziellen Fernschachweltmeisterschaft.

In den Jahren der NS-Herrschaft in Österreich gelangen ihm erneut wichtige Turniersiege: Müller wurde Wiener Stadtmeister der Jahre 1938, 1939, 1941 und 1943 und Erster in Aachen 1938 beim Reichsschachtag der NSG „Kraft durch Freude“. 1942 wurde er zusammen mit Klaus geteilter Zweiter bei der großdeutschen Meisterschaft in Bad Oeynhausen, die Rellstab gewann. Schließlich gewann er 1944 in Posen (Poznań, Pol) eines der letzten Turniere des NS-Regimes, die KdF-Reichsmeisterschaft. Seine beste historische Elowertung erreichte er im November 1940 mit 2588 und im Januar 1944 finden wir ihn auf Platz 30 einer inoffiziellen Weltrangliste.

Nach 1945 wurden seine Erfolge bescheidener: Müller wurde nie wieder Wiener Stadtmeister - immerhin war er 1964 mit 68 Jahren noch Dritter -, noch österreichischer Staatsmeister - in Horn 1948 und Eferding 1949 wurde er jeweils Zweiter. Er nahm noch an einer Schacholympiade in Dubrovnik (Jug) 1950 teil und erhielt im selben Jahr von der FIDE den Titel „Internationaler Meister“.

Das internationale Meisterturnier in San Benedetto del Tronto (Ita) 1954 wurde Müllers größter Erfolg nach 1945 und sein letzter internationaler vor dem Favoriten Janosevic. In Wien spielte er zunächst für den SK Hietzing, ab 1955 bei der Vienna, mit der er Vereinsstaatsmeister wurde, 1957 beim SK Margareten und in seinen letzten Lebensjahren beim SK Flötzersteig, der ihm auch mehrere Gedenkturniere widmete.

Ab den fünfziger Jahren sah man ihn immer weniger in den Turniersälen, hingegen startete er eine zweite Karriere, die schon 1928 mit einem Buch über die „Englische Partie“ begonnen hatte, als einer der erfolgreichsten Schachbuchautoren des deutschsprachigen Raums. Hans Müller schrieb mehr als zwanzig Schachbücher, darunter so bekannte, wie „Praktische Schachstrategie“, 1947, das erste österreichische Schachbuch nach dem Zweiten Weltkrieg, „Botwinnik lehrt Schach!“, 1949, „Schachgenie Aljechin“ gemeinsam mit Adolf Pawelczak 1953, „Angriff und Verteidigung“, 1960 oder das knapp vor seinem Tod erschienene „Vom Element zur Planung“, 1970. Seine Tätigkeit als Schachjournalist in vielen Tages- und Schachzeitungen, von der Arbeiter-Schachzeitung und der „Reichspost“ der Zwischenkriegszeit, der Deutschen Schachzeitung bis hin zum Schach-Echo und der Österreichischen Schachzeitung, die er auch von 1935-1938 herausgab, und seine Tätigkeit als Schachlehrer und Trainer runden das Bild eines Allroundgenies ab.

Dr. Theodor Gruber (1890 Wien - 1969 Wien) war von den ersten fünf österreichischen Meistern der wohl am wenigsten bekannte. Er war vielbeschäftigter Gymnasialprofessor in Wien und reiner Amateur, der nur in seiner spärlichen Freizeit sein Können bei größeren Turnieren zeigen konnte.

Dr. Theodor Gruber

Seine beste Zeit fiel genau in sein 30. Lebensjahr, also kurz vor der Gründung des Verbandes. Sein bedeutendster Sieg war das Meisterschaftsturnier der beiden Vereine Landstraßer Schachbund und SK Schlechter 1920, das er vor Krejcik, Grünfeld und Gottlieb gewann. Im anschließenden kleineren Turnier wurde er Zweiter hinter Grünfeld und in einem dritten Turnier des Jahres 1920, dem Einladungsturnier des SK Wien-West, wurde er geteilter Erster mit Hans Müller. Im Jahr 1922 hielt er einen Wettkampf in Wien mit dem Ungarn Alexander Takacs unentschieden. Bei den gut besetzten Trebitsch-Gedenkturnieren schnitt er sehr unterschiedlich ab, 1926 wurde er Zehnter, 1927 guter Vierter, aber 1930 wieder nur Zwölfter. Er wechselte vom Amateur-Schachklub zum DSVW und spielte bis in die fünfziger Jahre einige lokale Turniere im DSVW (nach 1945 „Wiener Schachverein“), von denen er wenige gewinnen konnte. Bei international besetzten Turnieren erreichte er jedoch keine größeren Erfolge.

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Geboren 1960 in Wien. Studium der Linguistik und Soziologie. Schachhistoriker und -journalist. Zahlreiche Fachpublikationen, Vorträge und Ausstellungen zum Thema Schach und Geschichte mit dem Schwerpunkt österreichische Schachgeschichte. Betreibt die aus dem Wiener Schachverlag hervorgegangene Buchhandlung Schach und Spiele in Wien. Besitzt eine der weltweit größten Sammlungen von Schachliteratur.

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