Zum 110. Hochzeitstag von Emanuel Lasker und Martha Cohn

von André Schulz
01.03.2021 – Heute vor 110 Jahren, am 1. März 1911 heirateten Emanuel Lasker und Martha Cohn. Die beiden pflegten über einige Jahre erst eine Brieffreundschaft, aus der schließlich eine romantische Liebe erwuchs. Für Martha Cohn war es die zweite Ehe. Ihr Mann war 1909 gestorben. | Foto: Das Ehepaar Lasker 1936, nach der Emigration nach Moskau (Archiv Linder)

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Martha Cohn und Emanuel Lasker: 110. Hochzeitstag

Seit 1902 war Emanuel Lasker mit Martha Cohn bekannt und unterhielt mit ihr seitdem einen zeitweise lebhaften Briefwechsel. Martha Cohn entstammte einer jüdischen Bankiersfamilie, betätigte sich als Schriftstellerin und schrieb unter dem Pseudonym L. Marco humoristische Texte für ein Kabarett und verschiedene Zeitungen und Zeitschriften, darunter die Satirezeitschrift „Simplicissimus“ und veröffentlichte auch einige Bücher. Sie unterhielt zudem einen Literaturkreis. Im Juli 1903 kehrte Emanuel Lasker von einem Aufenthalt in den USA nach Berlin zurück. Bald danach begegnete er bei einem naturwissenschaftlichen Kongress in Cassel dem Mathematiker David Hilbert, was Lasker dazu motivierte an seiner mathematischen Arbeit zur „Theorie der Moduln und Ideale“ weiter zu arbeiten. Die Schrift erschien dann 1905.  Ein persönliches Treffen von Martha Cohn und Emanuel Lasker 1903 im Tiergarten zwecks eines gemeinsamen Spaziergangs endete zur Überraschung von Martha Cohn sehr abrupt, weil Lasker nach kurzer Zeit auf einmal wieder verschwand. Martha Cohn wollte den Kontakt zu diesem merkwürdigen Schachspieler schon abbrechen, doch kurze Zeit später präsentierte Lasker seine mathematische Schrift und eröffnete, dass die Begegnung mit der Schriftstellerin ihn zur Lösung eines bestimmten Problems inspiriert hätte.

Von früheren Liebschaften Laskers ist kaum etwas bekannt. Um die Jahrhundertwende pflegte er eine Beziehung zu einer Schauspielerin, von der nur der Vorname bekannt ist – Cora. In späteren Jahren lebte diese in der Schweiz.

Martha Cohn, geborene Bamberger (*1867), war seit 1886 mit dem 12 Jahre älteren Klavierfabrikanten Emil Cohn verheiratet. 1887 wurde ihre Tochter Charlotte geboren. Der briefliche Austausch zwischen Emanuel Lasker und Martha Cohn riss nie völlig ab, war aber zeitweise, besonders bei Laskers längeren USA-Aufenthalten, auch mal unterbrochen. Als Lasker seinen WM-Kampf gegen Frank Marshall spielte, klagte er in einem Brief an Martha Cohn, kurz vor der 9. Partie geschrieben und auf den 2. März datiert, über mangelnde Informationen aus der Heimat.

Im Januar 1908 begab Lasker sich von den USA aus auf eine Europreise, zunächst nach England und Wales, wo er Simultanvorstellungen gab. Im Anschluss tourte er durch Deutschland. Im Juni traf er sich mit Vertretern des Deutschen Schachbundes und sprach mit diesen die Konditionen für den WM-Kampf gegen Tarrasch ab, der nun doch endlich zustande kommen sollte. Zur Vorbereitung auf das Match hielt er sich einige Monate in seiner Wohnung in Berlin-Schlachtensee auf, traf sich aber vor allem regelmäßig an verschiedenen Orten und Plätzen in Berlin mit Martha Cohn. Aus der Brieffreundschaft wurde eine romantische Liaison. Marthas Ehemann Emil Cohn war zu dieser Zeit bereits schwer erkrankt, vermutlich an einem Gehirntumor, und hatte sich in seinen letzten Lebensjahren regelmäßig für einige Zeit zur Behandlung in ein Nerven-Sanatorium in Berlin Lichterfelde begeben. Emil Cohn wusste von den Treffen seiner Frau mit Emanuel Lasker und duldete diese.

Von August bis September 1908 fand der WM-Kampf zwischen Lasker und Tarrasch statt, den Lasker klar gewann. Im Oktober 1908 gab Lasker Simultanvorstellungen in verschiedenen Städten in Deutschland und im November reiste er für eine Woche nach London, im Dezember nach Breslau und Wien. Zwischendurch kehrte er stets nach Berlin zurück, nicht zuletzt, um sich immer wieder mit Martha zu treffen.

Das Jahr 1909 begann für Lasker mit einer Reise ins Café de la Regence nach Paris. Anschließend spielte er im Februar und März das Tschigorin-Memorial in St. Petersburg und teilte dort den ersten Preis mit Akiba Rubinstein. Im Mai spielte er in Frankreich einen kleinen Wettkampf und gut bezahlten Wettkampf gegen David Janowsky und reiste von dort nach New York weiter, weil in den USA noch einige nicht erledigte Geschäfte warteten, unter anderem mit seinem 1904 gegründeten „Lasker´s Chess Magazine“ verbunden. Ende Juni kehrte Lasker nach Berlin zurück und erhielt bald danach eine Herausforderung von Janowsky zu einem WM-Kampf. Zu diesem Zeitpunkt hatte Lasker aber schon eine Zusage an Carl Schlechter gegeben und dieser Wettkampf musste zuerst gespielt werden. Ersatzweise nahm Lasker nahm die Einladung von Janowsky zu einem weiteren freien Wettkampf in Frankreich an.

Am 29. Dezember 1909 starb Martha Cohns Ehemann Emil Cohn nach langer Krankheit. Die Beziehung zwischen Martha Cohn und Emanuel Lasker hatte in Berlin offenbar für einige Gerüchte gesorgt, denn Lasker schrieb ihr in seinem Kondolenzbrief, sie solle nicht auf das Geschwätz der Leute hören. Martha Cohn litt unter der häufigen und zum Teil auch langen Abwesenheit von Emanuel Lasker.

Das Schachjahr 1910 begann für Emanuel Lasker mit dem WM-Kampf gegen Carl Schlechter. Der Lasker-Schlechter-WM-Kampf war ursprünglich auf 30 Partien geplant gewesen. Am Ende wurden nur zehn Partien in Wien und Berlin gespielt. Das Match begann am 7. Januar. Lasker lag zurück und musste die zehnte und letzte Partie gewinnen, um bei Gleichstand den Titel behalten zu können. Das gelang ihm auch. 1910 begab sich Lasker dann erneut für zwei Monate in die USA. Er gab dort Simultanvorstellungen, aber der Grund für seine Reise waren immer noch unerledigte geschäftliche Angelegenheiten, die mit der Abwicklung des "Lasker´s Chess Magazin" in Zusammenhang standen. Im Anschluss unternahm Lasker auch noch eine Reise nach Südamerika. Am 23. August kehrte Lasker schließlich nach Europa zurück und traf sich mit Martha Cohn bereits in England, wo das Paar durch verschiedene Städte reiste und schon unter den Namen Emanuel und Martha Lasker in den Hotels eincheckte, natürlich auch, um Fragen zu vermeiden. Im September 1910 war das Paar wieder in Berlin und im November spielte Lasker im Kerkau-Palast den Wettkampf um die Weltmeisterschaft gegen Janowsky. Das Match sollte eigentlich zur Hälfte in Berlin und zur Hälfte in Frankreich stattfinden, doch Lasker entschied den einseitigen Kampf schon in Berlin.

Im Februar 1911 fand in San Sebastian das bedeutende von Capablanca gewonnene Großmeisterturnier teil. Die besten Spieler der Welt waren eingeladen, auch Lasker. Dieser hatte die Einladung aber nicht angenommen, sondern kommentierte stattdessen von Berlin die Partien für eine US-amerikanische Zeitung exklusiv.

Möglicherweise hatte Lasker die Einladung wegen eines anderen Ereignisses ausgeschlagen, das er für wichtiger hielt. Am 1. März 1911 heiratete er Martha Cohn, die nach dem Tod von Emil Cohn ein Trauerjahr gewartet hatte.  Lasker war inzwischen 42 Jahre alt, Martha Cohn ein Jahr älter. Die Hochzeit wurde standesamtlich registriert. Die Trauzeugen waren Berthold Lasker und Willy Bamberger. Das Ehepaar Lasker bezog nun eine gemeinsame Wohnung im zweiten Stock in der Aschaffenburger Straße 6a in Berlin-Wilmersdorf und wohnte hier über 20 Jahre.

Eine erstklassige Quelle für Laskers Lebenslauf bietet die dreibändige englischsprachige Lasker-Biographie. Zwei Bände sind bisher erschienen.
 

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André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.

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