Zum 120. Geburtstag von Isaac Kashdan

von André Schulz
19.11.2025 – Der US-amerikanische Spitzenspieler Isaac Kashdan hätte heute seinen 120. Geburtstag. In den 1930er Jahren war Kashdan einer der besten Spieler der Welt, fast auf Augenhöhe mit Aljechin und Capablanca. Später tat er sich als Autor, Schiedsrichter und Organisator hervor. | Foto: Alexander Aljechin (links) und Isaac Kashdan beim Blitzen. José Araiza, Arthur Dake, Reuben Fine und Sammy Reshevsky, Pasadena 1932

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Von den starken US-amerikanischen Schachspielern, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, also vor dem Zweiten Weltkrieg, Erfolge feierten, kennt man außerhalb der USA vor allem Frank Marshall, Reuben Fine und Samuel Reshevsky. Isaac Kashdan ist weniger bekannt, obwohl er zu Beginn der 1930er Jahre zu den weltbesten Spielern gehörte. Jeff Sonas hat für Kashdan in dieser Zeit eine historische Elozahl von 2742 als höchsten Wert (im März 1932) errechnet, womit Kashdan sich in etwa auf dem gleichen Niveau wie Alexander Aljechin und José Raúl Capablanca befand.

Isaac Kashdan wurde am 19. November 1905 in New York in einer jüdischen Familie geboren. Heute jährt sich sein Geburtstag zum 120. Mal.

Kashdan ging auf dem New York College zur Schule und war Mitglied in mehreren New Yorker Schachvereinen. Im Marshall Chess Club war er bald einer der besten Spieler und gewann in den Jahren 1929 bis 1931 die Clubmeisterschaften.

Über die Grenzen der Stadt hinaus war Kashdan schon 1924 bekannt geworden, als er mit 19 Jahren am Rande des berühmten New Yorker Turniers einen Problemlösewettbewerb gewonnen hatte, der dort im Rahmenprogramm ausgerichtet worden war. Dabei hatte Kashdan unter anderem Richard Réti, der ebenfalls teilgenommen hatte, hinter sich gelassen.

Kashdan wurde für die zweite Schacholympiade, 1928 in Den Haag gespielt, in die US-Nationalmannschaft berufen und gewann mit dem Team hinter Ungarn die Silbermedaille. 1930 belegte das US-Team bei der Schacholympiade in Hamburg den sechsten Platz. Bei den Schacholympiaden in Prag 1931, Folkestone 1933, Warschau 1935 und Stockholm 1937 gewann das US-Team jeweils Gold, und Kashdan gehörte – mit Ausnahme der Schacholympiade in Warschau 1935 – immer zum US-Aufgebot. 1928 und 1937 gewann Isaac Kashdan dabei jeweils auch die individuelle Goldmedaille an seinem Brett, 1933 die individuelle Silbermedaille. In späteren Jahren war Isaac Kashdan Kapitän des US-Teams (1928 bis 1964).   

   

Das US-Team am 31. Juli 1937 bei der Schacholympiade in Stockholm: v. l.: Fritz Brieger (Kapitän), Sammy Reshevsky, Isaac Kashdan, Israel Albert Horowitz, Reuben Fine, Frank Marshall. | Foto: Svenska Dagbladet Archiv via Douglas Griffin auf X

Anders als mancher andere US-Topspieler wagte Kashdan in der Zeit der wirtschaftlichen Depression nicht den Schritt, Schachprofi zu werden, sondern arbeitete für eine Versicherungsfirma an der Wall Street.

In die frühen 1930er Jahre fallen eine Reihe internationaler Turniererfolge: 1930 reiste Kashdan durch Europa, gewann überlegen ein kleines Viererturnier in Berlin im Café Moka Efti, bei dem auch Friedrich Sämisch mitspielte, belegte im September in Frankfurt hinter Aaron Nimzowitsch den zweiten Platz, gewann im Oktober mit großem Vorsprung ein nicht so gut besetztes Turnier in Győr (Ungarn) sowie ein Turnier in Stockholm.

Beim Turnier im April 1931 in New York musste Kashdan Capablanca den Vortritt lassen und wurde Zweiter. Wegen seiner Ähnlichkeit im Spielstil mit Capablanca und der Fähigkeit, auch kleine Vorteile zum Sieg zu führen, nannten die Zeitgenossen Kashdan den „kleinen Capablanca“.

Nach der Schacholympiade in Prag 1931 spielte Kashdan beim stark besetzten und doppelrundig ausgetragenen Turnier in Bled mit und teilte hinter dem hochüberlegenen Alexander Aljechin (20,5 aus 26) sowie Efim Bogoljubov und Aaron Nimzowitsch den vierten Platz, unter anderem mit Vidmar. Beim Jahreswechsel 1931/32 wurde Kashdan beim Christmas Congress in Hastings Zweiter hinter dem aufstrebenden Salo Flohr.

Kashdan blieb in England und reiste im Februar 1932 nach London, wo er beim ebenfalls stark besetzten London Masters hinter Aljechin und Flohr zusammen mit Sultan Khan geteilter Dritter wurde.

Später im Jahr 1932 spielte Kashdan mit gutem Erfolg Turniere in Pasadena und Mexiko-Stadt. In Mexiko teilte er den ersten Platz mit Aljechin.

Danach weist die erfolgreiche Karriere von Isaac Kashdan einen Knick auf, und die Anzahl seiner Turnierteilnahmen – vor allem im Ausland – war deutlich geringer. Kashdan nahm noch im US-Team an den oben genannten Schacholympiaden teil und spielte bei US-Landes- und Regionalmeisterschaften mit. Bei den US-Landesmeisterschaften 1936 wurde er Fünfter. Samuel Reshevsky gewann den Titel.

Schon 1933 hatte Kashdan begonnen, sich als Schachjournalist zu betätigen, und war Mitherausgeber des von Albert Horowitz gegründeten The Chess Review.

Kashdan und Horowitz, 1938

In den 1940er Jahren überschattete der Zweite Weltkrieg auch das Schachleben, das aber in den USA nicht völlig zum Erliegen kam. Bei den US-Landesmeisterschaften 1940 belegte Kashdan Platz drei. 1942 teilten sich Reshevsky und Kashdan den ersten Platz; den folgenden Stichkampf gewann Reshevsky. 1946 und 1948 wurde Kashdan jeweils Vizemeister.

Linda Darnell und Rosanne Murray spielen Schach, während Reuben Fine, Hector Rossetto, Mona May Karff, Hermann Helms und Isaac Kashdan bei der Eröffnung des Panamerikanischen Turniers 1945 zuschauen. | Fotografin: Nancy Roos | Sammlung der World Chess Hall of Fame, Geschenk der Familie von Jacqueline Piatigorsky

Hollywood Pan American Tournament, 1945. Kashdan spielt gegen Araiza. Sammlung der World Chess Hall of Fame, Geschenk von Richard Kashdan.

Die folgende Partie aus dem Jahr 1948 gilt als Kashdans "Unsterbliche":

1949 übernahm Isaac Kashdan im US-Schachverband die Aufgabe des Life Directors. Kashdan fungierte als Schiedsrichter (ab 1960) und als Organisator.

Nachdem Groucho Marx, Kopf der berühmten Marx Brothers, seine Filmkarriere beendet hatte, moderierte er als Quizmaster eine Radioshow, die unter dem Namen "You Bet Your Life" auch für das Fernsehen adaptiert wurde. Dort waren „normale Leute“, aber auch Prominente zu Gast, die als Kandidatenpaar jeweils Fragen zu beantworten hatten. In einer der Sendungen, 1956, begrüßte Groucho Isaac Kashdan. Die Mitkandidatin von Kashdan war Helen Schwartz, die Mutter von Tony Curtis.

In der Show fragte Groucho nach Kashdans Beruf und forderte ihn dann zu einer Schachpartie heraus.

Kashdan antwortete: „Heute Abend habe ich Zeit und spiele ein Blindsimultan, da kannst du mitspielen.“

Groucho: „Warum blind? Kannst du meinen Anblick nicht ertragen?“

Kashdan: „Ich glaube, dass ich dich auch blind schlagen kann.“

Groucho: „Aber dann siehst du nicht, wie ich cheate.“

Kashdan: „Schach ist eines der wenigen Spiele, wo man nicht schummeln kann.“

Groucho: „Wenn ich nicht cheaten kann, vergiss es. Das ist der einzige Spaß, den ich beim Spielen habe.“

Kashdan war Schiedsrichter bei den beiden Piatigorsky Cups 1963 und 1966 und organisierte unter anderem die von seinem Freund Louis Statham gesponserten Turniere in Lone Pine sowie den Wettkampf Fischer gegen Reshevsky 1961.

Als Journalist und Autor führte Isaac Kashdan von 1955 bis 1982 die Schachspalte in der Los Angeles Times und gab Turnierbücher zur Schacholympiade 1933 und zu den Piatigorsky Cups heraus.

Kashdan war über 50 Jahre mit seiner Frau Helen verheiratet, mit der er zwei Söhne hatte. 1982 erlitt Isaac Kashdan einen Schlaganfall, an dessen Folgen er am 20. Februar 1985 starb.

Er wurde im Mount Sinai Memorial Park (Hollywood Hills) bestattet.

Foto: Brooke Schreier Ganz

Kashdans Grab befindet sich an der Grabstelle „Canaan Map 4, Lot 858, Space 2“.


André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.
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