Am 27. Oktober 1928, heute vor 90 Jahren, wurde Miroslav Filip in Prag geboren. Seine Karriere als Turnierspieler begann mit Verspätung. Der Zweite Weltkrieg verhinderte wie bei vielen anderen Talenten dieser Generation einen früheren Start in eine viel versprechende Laufbahn. Die frühesten überlieferten Partien von Miroslav Filip stammen aus Länder- und Städtewettkämpfen in den späten 1940er Jahren. In den folgenden Jahren gewann Filip dreimal den Titel bei den Landesmeisterschaften, 1950, 1952 und 1954.
Für die zweite Schacholympiade nach dem Krieg, 1952 in Helsinki, wurde Filip erstmals in die tschechoslowakische Nationalmannschaft berufen und vertrat sein Land gleich am ersten Brett. Die CSSR erreichte im A-Finale dieser Schacholympiade den vierten Platz.
Bis 1974 gehörte Filip bei 12 Schacholympiaden ununterbrochen der tschechoslowakischen Nationalmannschaft an. 1954 vertrat er sein Land auch am Spitzenbrett der Mannschafts-Studentenweltmeisterschaft und gewann dort mit dem Team Gold.
Dreimal nahm er zudem an Mannschafts-Europameisterschaften teil, gewann 1957 Bronze mit der Mannschaft und Silber an seinem Brett, außerdem 1970 Gold für seine individuelle Leistung am zweiten Brett. 1953 verlieh die FIDE Miroslav Filip den Titel eines Internationalen Meisters. Zwei Jahre später wurde er zum Internationalen Großmeister ernannt.
Miroslav Filip
Zweimal nahm Filip an Kandidatenturnieren teil, wurde 1956 in Amsterdam Achter und 1962 beim berüchtigten Turnier in Curacao, wo Petrosjan, Geller und Keres ihre Partien gegen Fischer zum Remis absprachen, Siebter. Zu Filips besten Turniererfolgen gehören Siege bei den Turnieren 1956 in Prag, 1960 in Marienbad und 1961 in Buenos Aires.
Gelegentlich traf Filip auf die ganz Großen im Schach, konnte einige Male mithalten, hatte aber besonders in den Partien mit dem jungen Michail Tal bisweilen große Probleme. Manchesmal wurde Filip vom "Zauberer aus Riga" kunstfertig zerlegt.
Master Class Band 2: Mihail Tal
Dorian Rogozenco, Mihail Marin, Oliver Reeh und Karsten Müller stellen den 8. Schachweltmeister und seine Eröffnungen, sein Verständnis der Schachstrategie, seine Endspielkunst und nicht zuletzt seine unsterblichen Kombinationen in Videolektionen vor.
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Nach dem Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes in die Tschechoslowakei, um dort den "Prager Frühling" zu beenden, protestierte die tschechoslowakische Mannschaft mit Trainern und Betreuern bei der Schacholympiade 1968 in Luzern deutlich sichtbar gegen diese Invasion, mit einer Ausnahme: Miroslav Filip beteiligte sich nicht am Protest. Seine frühere enge Freundschaft mit Ludek Pachmann bekam wohl zu dieser Zeit einen Riss. Filip orientierte sich zusammen mit dem Sekretär des Schachverbandes Jaroslav Saitar an der neuen kommunistischen Führung und isolierte sich dadurch von vielen seiner früheren Schachkollegen, die ihn misstrauisch als Informant der tschechischen Staatssicherheit und als Kollaborateur mit den sowjetischen Besatzern ansahen.
Mit einer Körpergröße von fast zwei Metern war Filip auch neben dem Brett eine stattliche Erscheinung. Als promovierter Jurist zog er sich Ende der 1970er Jahre mehr und mehr vom Turnierschach zurück. Er war Autor mehrerer Turnierbücher und betreute die Schachkolumne in der Prager Sporttageszeitung "Denik Sport". Anfang der 1980er Jahre war Filip zudem eine Zeit lang am Schachgymnasium in Altensteig tätig.
Als Schiedsrichter leitete Filip sechs Schachweltmeisterschaftskämpfe, darunter den politisch so aufgeladenen Wettkampf zwischen Kortschnoj und Karpov 1978 in Baguio City, letzteren zusammen mit Lothar Schmid. Als die Begleittöne dieses Wettkampfes immer schriller und lauter wurden und Lothar Schmid sich vorsichtig mehr und mehr in den Hintergrund zurückzog, übernahm Filip die Führung und entschied Streitigkeiten mehrfach zugunsten der sowjetischen Delegation.
Miroslav Filip starb am 27. April 2009 in Prag.