Zum Tode von Hans-Dieter Müller
Nachruf von André Schulz
Am Osterwochenende erreichte uns die Nachricht vom Tode Hans-Dieter Müllers. In jüngster Zeit gab es nur leider noch wenig Kontakt zu ihm, doch vor einigen Jahren rief Hans-Dieter Müller regelmäßig in Hamburg an. Die Telefongespräche mit ihm waren immer sehr anregend und meist waren es schachhistorische Themen, denen sein besonderes Interesse galt. Manchmal entwickelten sich daraus interessante Projekte und so entstand auch die Idee einer CD über Wolfgang Unzicker. Hans-Dieter Müller besuchte für diese Retrospektive den Schachgroßmeister in seinem Haus in München und sprach mit diesem über seine Schachkarriere. Darüber hinaus hat er viele Zeitdokumente aus den Turnieren gesammelt, an denen Wolfgang Unzicker teilgenommen hatte.
Natürlich war dies ein Liebhaberprojekt ohne besonderes kommerzielles Interesse, denn die meisten Schachfreunde interessieren sich nicht so sehr für die Schachgeschichte. Er aber tat es. So leistete er auch später noch einige kürzere Beiträge über verschiedene historische Themen für die ChessBase- Nachrichtenseite und das ChessBase- Magazin.
Persönlich habe ich Hans-Dieter Müller nie getroffen, zumindest nicht bewusst. Da er aber ungefähr mein Jahrgang ist und im Schachverband Mittelrhein spielte, wo ich ebenfalls meine schachliche Jugend verbracht habe, ist es mehr als wahrscheinlich, dass wir uns dort vermutlich sogar mehrfach über den Weg gelaufen sind, allerdings offenbar ohne voneinander Notiz zu nehmen. Seine Schachvereine, OPladeng, Leverkusen oder Brühl sind mir aus dieser Zeit jedenfalls sehr vertraut - mit unseren Mannschaften haben wir da regelmäßig gespielt.
Aber auch bei andere Gelegenheit hätten wir uns treffen können: Hans-Dieter Müller spielte beispielsweise das Open des Bieler Schachfestivals 1997 mit, wo ich als Reporter für das ChessBase Magazin zu Gast war. Stattdessen sind wir immer aneinander vorbei gelaufen, ohne je miteinander von Angesicht zu Angesicht zu sprechen.
Das wenige, was ich also über Hans-Dieter Müller weiß, habe ich nur aus zweiter Hand erfahren. So hat er sicher mit großer Begeisterung Schach gespielt und im Laufe seiner Karriere immerhin 150 Turnierauswertungen erzielt. In den Online-Karteikarten des Deutschen Schachbundes sind nach einer Umstellung leider die frühen Turniere nicht mehr sichtbar. In den Jahren nach 1992 spielte er aber pro Jahr im Schnitt etwa fünf Turniere, darunter eben auch internationale Turniere wie Biel oder zuletzt das Open in Gibraltar.
Auf der Suche nach einer hübschen Partie fand ich in der Mega Database folgenden Sieg gegen Lyell, gespielt in Gibraltar 2013:
Müller gegen Lyell:
Aus dem Nachruf von Michel Negele erfahren wir mehr über Hans-Dieter Müller: In Leverkusen beteiligte er sich gerne durch die Organisation von Schachturnieren am Vereinsleben und in Michael Negeles Bibliothek fand er das, was ihn wohl am meisten interessierte: Geschichten aus der Welt des Schachs...
Hans-Dieter Müller (*25.10.1958 +12.04.2014)
Nachruf von Dr. Michael Negele
Nachdruck mit freundlicher Genehmigung
Traurig nehmen wir Abschied von unserem Schachfreund Hans-Dieter Müller, der seit 1977, also mehr als 35 Jahre, in unserem Verein aktiv war.
Dieter Müller (links) 2011 im Endspiel um den Scheid-Pokal gegen Dr. Michael Negele
Persönlich habe ich Dieter Anfang der achtziger Jahre kennengelernt, als der Stolberger SV beim SV Opladen in der Oberliga Mittelrhein anzutreten hatte. Schon damals verfügte Dieter über eine beträchtliche Spielstärke, vor allem sein unorthodoxes 1.f4 war gefürchtet.
Bereits 1979 wurde Dieter Meister unseres Vereins, dreimal (zuletzt 2001) gewann er den Scheid-Pokal.
Doch erst Ende der achtziger Jahre verstärkte er die neu formierte erste Mannschaft, die dann 1991 (erstmalig nach dem Abstieg im Jahr 1983) wieder in der SVM-Oberliga spielte.
Heutzutage erstaunt es mich, dass wir mit Dieter, Heinrich (Debald), Christian (Dammer) und Alois (Kocur) sowie Ricky (Rohde), Karl-Heinz (Sockel) und Werner (Kies) die Klasse nicht halten konnten, das war doch sicherlich ein starkes Team.
Dieter Müller stellte seine Spielstärke aber nicht nur im Verein oder in Mannschaftskämpfen unter Beweis, eifrig beteiligte er sich an offenen Turnieren, durchaus auch im Ausland und berichtete darüber wiederholt in unserer Tschaturanga. Schließlich errang er den FIDE-Titel Candidate Master (CM).
Besonders begeistern konnte ich mich für Dieters schachhistorische Regional-Forschungen, wozu er bisweilen meine Schachsammlung aufsuchte.
Dieter Müller (2001)
Im Jahr 2000 veröffentlichte er „Die Detmolder Turniere 1964-1967 / Deutsche Einzelmeisterschaft Kiel 1967“, u.a in Zusammenarbeit mit GM Robert Hübner.
Zwei Jahre später erschien EINE SCHACHLEGENDE ERINNERT SICH, seine ChessBase Monographie über Wolfgang Unzicker, auf die Dieter mit Recht stolz war. Schade, daß er seine Absicht, eine Dokumentation über den Zweckverband Kölner Schachvereine (1920 bis 1933) herauszugeben, nicht mehr realisieren konnte.
Auch als Turnierorganisator war Dieter sehr aktiv, ohne ihn wäre unser zweites Bayer-Open vom 2. bis 5. Oktober 1996 gewiß nicht zustande gekommen. Die sehr positive Entwicklung der offenen Leverkusener Stadtmeisterschaft ab dem Jahr 2000 ist sicherlich ebenfalls auf seine Initiative zurückzuführen.
Natürlich haben wir es sehr bedauert, daß sich Dieter um die Jahrtausendwende schachsportlich stärker fordern wollte und er zu Köln-Brück, später zu Brühl wechselte. Er fühlte sich jedoch unserem Verein weiterhin verbunden und beteiligte sich, wenn möglich, an unseren Aktivitäten. Wir werden Dieter stets in bester Erinnerung halten, war doch sein großes Engagement für das Schachspiel über lange Jahre ein wichtiges Element in unserem Vereinsleben.
Dieter Müller 2012 beim Day of Intercultural Unity and Tolerance in chess. Foto: Cagla Bay
Die Trauerfeier für Dieter findet am 29.04.14, 14.00 Uhr auf dem Friedhof Reuschenberg in Leverkusen statt.
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