Zwölf zu Null: Indien 2 startet gut in Chennai

von Thorsten Cmiel
01.08.2022 – Topfavorit bei der Schacholympiade in Chennai ist die Mannschaft der USA, aber die zweite Mannschaft Indiens gilt als Geheimfavorit. Denn mit Gukesh, Nihal Sarin, Praggnanandhaa, Baskaran Adhiban und Raunak Sadhwani besteht das Team aus den größten Talenten Indiens. Tatsächlich konnte das Nachwuchsteam in den ersten drei Runden hundertprozentig überzeugen und gewann in allen drei Runden 4-0! Thorsten Cmiel hat genauer hingeschaut.

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Als einziges Team mit perfektem Score führt Indien 2 in der offenen Gruppe. Bislang konnten sämtliche indischen Teams alle ihre Kämpfe gewinnen und haben ein Gesamtergebnis von 62,5 zu 9,5 Punkten erzielt. Allerdings waren die indischen Teams bisher in sämtlichen Kämpfen Favoriten. Das ändert sich ab der vierten Runde.

Kurz vor Beginn der Turniers stellte die Teamleitung die Aufstellung von Indien 2 um. Gukesh und Nihal tauschten die Reihenfolge genau wie Adhiban und Pragg. Das ist eine Reaktion auf die inzwischen fast 50 Punkte Ratingunterschied der genannten Spieler. Inzwischen ist die Augustrangliste – ohne die Olympiade  - veröffentlicht: Gukesh ist mit 2699 die neue Nummer Zwei der Junioren, Nihal verharrt auf 2651, Pragg liegt bei 2661, Adhi liegt bei 2598 und Ranauk liegt bei 2622.

Einstieg ins Turnier

Es geht wahrscheinlich jedem Schachspieler so: Vor der ersten Runde gibt es eine gewisse Unsicherheit. Der Auftritt unserer Helden wirkte in der ersten Runde gegen die Vereinigten Arabischen Emirate souverän. Pragg setzte aus. Lediglich Nihal hatte gewisse Anlaufschwierigkeiten, konnte aber mit etwas Hilfe seines Gegners gewinnen. Nach der Partie konnte man einen Vorgeschmack davon bekommen, wie groß das Interesse der Zuschauer an den indischen Spielern sein wird.

Ziel Top10

Kein geringerer als Viswanathan Anand hatte seine Einschätzung zu den Spielern kundgetan. Das Ziel der Youngster ist es, zunächst Elo 2700 und dann die Top10 zu erreichen. Anand hat eine klare Reihenfolge im Kopf, in der die Talente die 2700 schaffen können, gibt aber zu, dass er über die Geschwindigkeit des Aufstiegs von Arjun und Gukesh überrascht war. Pragg gibt er ein Jahr, Nihal etwas länger. Nach dem Überschreiten der Schallmauer 2700 hält Anand den Sprung in die Top10 etwas zwei bis drei Jahre später für machbar, wie er in einem ausführlichen Interview mit der indischen Zeitschrift The Week verriet.

Bei der Teampräsentation für das offizielle Mannschaftsfoto tauchten zwei weitere Großmeister auf: G.A. Stany (29) und Arjun Kalyan (20). Kalyan war bei der Vorbereitung bereits dabei und man darf annehmen, dass das Team um Indien 2 größer ist als bisher angenommen.

Die Mannschaft Indien 2 | Foto: Lennart Ootes

In der zweiten Runde spielte das Team gegen Estland. Diesmal setzte Nihal aus. Gukesh spielte erneut souverän und gewann nach einer positionell überzeugenden Leistung im  Turmendspiel, womit er seine virtuelle Elozahl über die Marke von 2700 schrauben konnte.

Gukesh ist auf dem Weg zu einem weiteren Sieg, Trainer Ramesh hängt eigenen Gedanken nach | Foto: Lennart Ootes

Pragg gewann ohne sichtbare Probleme mit Schwarz, nachdem sein Gegner falsch auf d5 zurück nahm. Adhi musste für seinen Sieg keine größere Risiken eingehen. Ranauk begann in seiner Partie mit der Holländischen Verteidigung und musste allerhand Kreativität aufbringen und eine Qualität investieren, um zunächst auszugleichen und am Ende zu gewinnen. Anand verriet im Interview Ranauks Spitznamen: "devil", also Teufel.

 

GM Sadhwani Ranauk | Foto: Lennart Ootes

In der dritten Runde spielten erstmals die vier jungen Wilden gemeinsam, dieses Mal gegen die Schweiz. Den Einlauf der Gladiatoren ist in einem Vidoclip von Chessbase India festgehalten.

Der Kampf verlief ähnlich wie die Vorrunden. Indien gewann souverän. Gukesh zeigte erneut, dass er in überragender Form ist. Nihal legte ebenfalls im Angriff mächtig los und Ranauk gewann nachdem sein Gegner den richtigen Moment zum Aktivieren seines Königs verpasst hatte.

Praggnanandhaa spielte mit Schwarz eine Modevariante unter Profis und Yannick Pelletier zeigte, dass er im Thema ist. Nach zwei Ungenauigkeiten stand der Schweizer lange Zeit auf Gewinn, aber der Inder zeigte seine Wifderstandskraft.

Konzentriert: Praggnanandhaa | Foto: Stev Bonhage

Am Ende verlor Yannick unnötig durch Zeitüberschreitung.

Drama. Coach Ramesh ist mit der Qualität der gezeigten Partien bislang zufrieden.

 

FIDE-Interview mit Ramesh und Pragg nach Runde 3

In Runde 4 folgt als Gegner Italien, das in der dritten Runde überraschend Norwegen mit Magnus Carlsen bei seiner zweiten Partie (Remis gegen Vocaturo) schlagen konnte. Das Team tritt in der gleichen Besetzung wie am Tag zuvor an. Adhi setzt aus.

Turnierseite...

Ergebnisse Offene Olympiade bei Chess-results.com...


Thorsten Cmiel ist Fide-Meister lebt in Köln und Milano und arbeitet als freier Finanzjournalist.