Zwölfjähriger mit Neuerung im 63. Zug
Angesichts von Alireza, Nihal, Pragg und Vincent vergessen wir sehr häufig, dass es junge Talente bereits früher gab. Die Vornamen klangen nur anders: Robert, Mikhail, Boris, Sergey und Magnus. Einer der alten Garde verbesserte sogar einen bekannte Vorgängerpartie im 63. Zug.
Es gibt die Mär bei Turmendspielen mit Bauern auf einem Flügel, dass die Remischancen mit abnehmender Bauernzahl steigen (4-3, 3-2, 2-1). Tatsächlich werden laut Datenbankabfrage die meisten Turmendspiele wohl erst im 2 gegen 1 entschieden. Bei der Suche nach Beispielen in Turmendspielen für eine Folge von Lasker TV - ein Quarantäne-Sender des Kölner Schachklub Dr. Lasker 1861 e.V. - stellte ich mir die Frage, wie man im Turmendspiel 4-3 überhaupt gewinnen kann. Vernachlässigt man die schon ramponierten Bauernstrukturen, dann kann man davon ausgehen, dass viele Verteidiger eine ähnliche Bauernstruktur wählen: Mit den Bauern auf f2, g3, h4 mit Weiß zum Beispiel am Königsflügel.
Tatsächlich fand ich zunächst zwei prominente Beispiele im 4 gegen 3. Das eine war eine Partie von Jeroen Piket gegen Garry Kasparov aus dem Jahr 2000. Die beiden Protagonisten waren jedoch schon über 30 Jahre alt als die Partie im Internet gespielt wurde.
Auf die andere Partie war ich durch Harald Schneider-Zinner aufmerksam geworden. Die Analyse stammt aus einer älteren Ausgabe von Chessbase TV Austria.
Zinner analysiert eine Partie des jungen Magnus Carlsen in der dieser seinem Gegner ein ausgeglichenes Turmendspiel locker abnimmt.
Die Originalkommentare:
Etwas später entdeckte ich bei der Lektüre eines Buches vom vermutlich bekanntesten Weltklasse-Trainer aller Zeiten, von Mark Dvoretsky, eine Partie aus einem Wettkampf Veteranen gegen Frauen im Jahr 1992. Dort gewann Alisa Galliamova gegen Wolfgang Uhlmann eine fast identische Ausgangsstellung und die beiden Partien begegneten sich später erneut.
Der Norweger spielte in Gewinnstellung im 63. Zug einen noch schöneren Zug (Kg3) als die ehemalige U20-Mädchenweltmeisterin. Vielleicht hat irgendwer daher für Magnus den Beinamen „Mozart des Schachs“ kreiert.
Die Endspielstellung entstand in beiden Partien aus einer unterschiedlichen Eröffnung heraus. Eine weitergehende Datenabfrage ergab zwei weitere Fundstücke in denen ebenfalls die Anziehende unvorsichtig agierten, wobei die Weißen diesmal mit ihrem König „aktiv“ nach vorne zogen. Da die Stellung mit vertauschten Farben oder in Blitzpartien ebenfalls gut denkbar ist, muss man eigentlich vorsichtig über die Autorenschaft formulieren. Vielleicht gab es den 63. Zug von Magnus schon vorher von irgendeinem Talent auf dieser Welt.
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