Erst die Großmutter, dann der Weltmeister
Ein Interview mit Peer Steinbrück, leidenschaftlicher Schachspieler und
Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen
Von Johannes Fischer
Herr Ministerpräsident Steinbrück, Ihnen war am 5.
März etwas vergönnt, von dem viele Schachspieler träumen: Einmal gegen den
Weltmeister zu spielen. Was war das für ein Gefühl?
Es war sehr aufregend und ein großes Vergnügen.
Gleichzeitig das Gefühl: Bloß nicht in der Eröffnung schon auf die abschüssige
Bahn kommen.
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Kramnik spielte Spanisch. Hatten Sie sich auf diese
Eröffnung oder auf die Partie generell vorbereitet?
Ja, aber da ich mit Weiß selber anzog, konnte ich den
Eröffnungsteil ganz gut kontrollieren.
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Kramnik spielte die ganze Partie sicher, solide und
gab sich keine Blöße. Wann dachten Sie, dass die Partie in die falsche Richtung
geht und ab wann hielten Sie Ihre Stellung für verloren?
Vor dem Spiel wäre ich ja schon mit 20 Zügen sehr zufrieden
gewesen – insoweit war ich restlos begeistert, dass es 37 Züge geworden sind.
Die Analyse hat später ergeben, dass ich beim 26. Zug eine winzige Chance zum
Remis hatte – aber die habe ich nicht erkannt – und danach ging es dann in
Richtung Niederlage. Etwas anderes als eine Niederlage habe ich aber auch nicht
erwartet – so viel Realismus muss sein!
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Welchen Eindruck hatten Sie von Kramnik?
Er ist ein großer Spieler. Er war im Spiel völlig
konzentriert und souverän und im persönlichen Gespräch danach sehr umgänglich
und alles andere als prätentiös.
Viele Schachspieler hatten mit einer ganz und gar
einseitigen Partie gerechnet und waren überrascht über Ihre Spielstärke. Wie
sind Sie zum Schach gekommen und wie so gut geworden?
Ich habe fast sieben Jahre gegen meine sehr gut spielende
Großmutter verloren – bis ich im Alter von dreizehn Jahren das erste Mal
gewonnen habe. Danach hat mich das Spiel nicht mehr losgelassen. Heute spiele
ich gegen meine beiden Schachcomputer und kann dabei wunderbar abschalten.
Was fasziniert Sie am Schach?
Die totale Konzentration, die unendlichen Möglichkeiten,
die das Spiel bietet und dieses ständige Suchen nach neuen Strategien.
Haben Sie schachliche Vorbilder, Spieler, die Sie
bewundern?
Na ja, Bobby Fischer in seiner Skurrilität. Ansonsten
spiele ich gern Partien von Anand nach.
2008 kommt die Schacholympiade nach Deutschland. Wie
kann und sollte man diese Veranstaltung fördern?
Ich freue mich sehr auf die Veranstaltung in Dresden und
drücke den Veranstaltern die Daumen. Mit ihrer Konzeption, Kinder und
Jugendliche besonders einzubinden, sind sie auf einem guten Weg. Man kann nicht
genug Werbung für diesen Sport und die Veranstaltung machen – und dazu bin ich
gerne bereit.
Herr Ministerpräsident, vielen Dank für das Gespräch.
Steinbrück gegen Kramnik...