Schachweltmeisterschaft, Partie 6: Carlsen rettet sich mit Mühe ins Remis

von Johannes Fischer
16.11.2018 – Beim WM-Kampf zwischen Carlsen und Caruana in London ist Halbzeit und bislang endeten alle Partien Remis. Auch die sechste. Carlsen hatte Weiß, aber kann über dieses Remis froh sein. Nach origineller Eröffnung kam es zu einer ausgeglichenen Stellung, in der er von Caruana allmählich überspielt wurde. Doch am Ende verpasste Caruana in einem komplizierten Endspiel den Sieg. | Foto: Nikolai Dunaevsky (Agon)

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Caruana überspielt Carlsen

Eigentlich gilt es als Vorteil, wenn man beim Schach mit Weiß spielt. Schaut man sich die vielen Millionen von Partien in der Mega Database an, liegt Weiß etwa 55 zu 45 vorne. Aber beim WM-Kampf zwischen Magnus Carlsen und Fabiano Caruana scheint diese Regel nicht zu gelten. In den ersten fünf Partien haben es weder Carlsen noch Caruana geschafft, mit Weiß Vorteil zu erzielen. In der sechsten Partie hatte Carlsen Weiß, aber auch ihm gelang es nicht, Caruana in der Eröffnung unter Druck zu setzen - obwohl Carlsen gegen Caruanas Russische Verteidigung bereits im vierten Zug ein originelles Konzept probierte.

Nach 1.e4 e5 2.Sf3 Sf6 3.Sxe5 d6 ist der übliche, fast immer gespielte Zug, 4.Sf3 und dann kommt es nach 4...Sxe4 zu theoretisch gut erforschten Varianten. Doch Carlsen entschied sich statt 4.Sf3 für 4.Sd3!?. Ein ungewöhnlicher Zug, aber wirklich überrascht schien Caruana nicht zu sein. Er meisterte alle taktischen Probleme mühelos und nach zahlreichen Springerzügen von beiden Seiten kam es zu einer ausgeglichenen, harmlos wirkenden Stellung, in der Schwarz keine Probleme hatte.

Im weiteren Verlauf der Partie übernahm Caruana sogar allmählich die Initiative und Carlsen geriet durch das präzise Spiel Caruanas zunehmend unter Druck und sah sich schließlich gezwungen, einen Springer für drei Bauern zu geben. Das führte zu einem komplizierten Endspiel, in dem Carlsen zwei der drei Bauern, die er für die Figur hatte, geben musste, um auf ein Remis zu hoffen.

Aber das Endspiel war phantastisch kompliziert und starke Computer konstatierten nach Ungenauigkeiten von Carlsen sogar, dass Caruana forciert in 30 Zügen Matt setzen konnte. Aber in der praktischen Partie und nach über sechs Stunden Spielzeit und mit nur noch wenigen Minuten auf der Uhr fand Caruana keinen Weg zum Gewinn und so endete die dramatische Partie nach 80 Zügen mit Remis.

 

Damit steht es zur Halbzeit im Wettkampf 3-3 und in dieser Partie hat Caruana gezeigt, dass er Carlsen auch aus ausgeglichener Stellung heraus überspielen kann. Aber dafür haben weder Carlsen noch Caruana in den ersten sechs Partien des Wettkampfs gezeigt, wie sie mit Weiß um Vorteil kämpfen wollen.

Am Sonntag, in der siebten Partie, spielt Carlsen zum zweiten Mal in Folge mit Weiß und kann einen neuen Versuch unternehmen, das eröffnungstheoretische Duell mit Weiß zu gewinnen.

Partien 1 bis 5

 

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Johannes Fischer, Jahrgang 1963, ist FIDE-Meister und hat in Frankfurt am Main Literaturwissenschaft studiert. Er lebt und arbeitet in Nürnberg als Übersetzer, Redakteur und Autor. Er schreibt regelmäßig für KARL und veröffentlicht auf seinem eigenen Blog Schöner Schein "Notizen über Film, Literatur und Schach".

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