Interview mit Wolfgang Grenke
Wolfgang Grenke, 1951 in Baden-Baden geboren, ist Gründer und
Vorstandsvorsitzender der GrenkeLeasing AG. Mit der 2004 errichteten
GrenkeStiftung fördert er verschiedene gemeinnützige Projekte auf den
Gebieten Kunst, Jugend- und Sportförderung und Wissenschaft. Im Schach wird
der Leistungsstützpunkt Baden-Baden und der OSC Baden-Baden mit seinen
Bundesligamannschaften finanziert. Wolfgang Grenke ist selber begeisterter
Schachspieler und tritt regelmäßig selbst für die sechste Mannschaft des OSC
an.

Wolfgang Grenke
ChessBase: Für Schachspieler, die sich im
Leasing- und Kapitalgeschäft nicht auskennen: Womit genau verdient die
GrenkeLeasing AG ihr Geld? Wie viele Mitarbeiter gibt es und in welcher
Größenordnung bewegen sich Umsätze bzw. Gewinn?
GrenkeLeasing ist Marktführer für das Leasing von
Geräten der Bürokommunikation – wie PC, Kopierer und Telefonanlagen – mit
relativ kleinen Anschaffungswerten. Das heißt, wir finanzieren die
Investition und überlassen die Geräte dem Nutzer für eine monatliche Gebühr.
Zurzeit sind 420 Mitarbeiter in 17 europäischen Ländern für uns tätig. Bei
einer Bilanzsumme von 1,2 Mrd. Euro verwalten wir gegenwärtig rund 200.000
laufende Leasingverträge. Das Unternehmen erwirtschaftete im vergangen Jahr
einen Gewinn von ca. 30 Mio. Euro nach Steuer. Seit 2000 sind wir
börsennotiert und im SDAX gelistet.
ChessBase: Neben dem Schach unterstützen Sie u.a.
das Festspielhaus in Baden-Baden, außerdem verschiedene andere gemeinnützige
Projekte. In welcher Größenordnung bewegt sich das Gesamtengagement?
Die Summe aller Mittel, die wir für die Ausstattung mit
Stiftungskapital und für die direkte Förderung aufgewendet haben, betrug in
den letzten fünf Jahren rund 25 Mio. Euro.
ChessBase: Welcher Anteil kommt den beiden
geförderten Schachprojekten zugute, dem Leistungsstützpunkt Baden-Baden und
dem OSC? Gelegentlich ist ein Betrag von 200.000 Euro Jahresaufwand für den
OSC genannt worden.
Der Gesamtaufwand ist durch die Teilnahme am
Europapokal etwas höher.
ChessBase: Warum engagieren Sie sich im Schach?
Sie sind zwar Schachfreund, sehen aber ihr Engagement für den OSC mehr als
Sponsoring und nicht als Mäzenatentum.
Diese Unterscheidung erscheint mir sehr wichtig. Zwar
engagiere ich mich selbst aus Freude am Schachspiel und die GrenkeStiftung
fördert vor allem die Jugendarbeit – für GrenkeLeasing geht es aber um ein
Geschäft auf Gegenseitigkeit.
ChessBase: Welcher werblicher Gegenwert ergibt
sich durch die Erfolge des OSC und wie wird dieser von der GrenkeLeasing AG
gemessen?
Sie wissen vielleicht, dass zahlreiche Unternehmen mit
Schachmotiven werben. Das allein war uns zu wenig. Durch die Unterstützung
des Schach-Sports wollen wir auf Dauer die Glaubwürdigkeit unserer
werblichen Bildwelt unterstützen. Dabei sind wir aber erst noch am Anfang.
Messen kann man den Erfolg von Sponsoring kaum. Aber
man kann ihn beurteilen. Das erfolgt in regelmäßigen Abständen.
ChessBase: Ist die werbliche Ausrichtung eher
lokal, national oder international?
Die lokale und regionale Wirkung ist bei mehreren
Meistertitel der Damen und Herren ganz selbstverständlich. Aber die
Ausrichtung ist eindeutig international. GrenkeLeasing ist eine europäische
Mannschaft – verstärkt um den Weltmeister und einen weiteren indischen
Spieler.
ChessBase: Warum fiel die Entscheidung zugunsten
der Unterstützung einer Bundesligamannschaft und nicht eines Turniers? In
Dortmund und in Dresden hat man den umgekehrten Weg gewählt.
Mit einem Turnier ist es nur sehr schwer möglich, einen
internationalen Bezug herzustellen – sieht man einmal von der Herkunft der
teilnehmenden Spieler ab. Es ist dem OSC hingegen gelungen, ein Team aus den
besten Spielern verschiedener europäischer Länder zu bilden, das auch
tatsächlich als Mannschaft auftritt. Das harmoniert besser mit der
Ausrichtung von GrenkeLeasing.
ChessBase: Die Bundesliga hat sich nun als Verein
gegründet. Sehen Sie dies als Fortschritt und welche zusätzlichen
Möglichkeiten ergeben sich daraus, auch für die GrenkeLeasing AG?
Ja – das ist in meinen Augen ein Fortschritt, wenn
daraus hinreichende Dynamik generiert wird. Die Bundesliga kann sich in der
neuen Form besser auf ihre Ziele konzentrieren. Für unser Sponsoring wäre es
von Vorteil, wenn sich die Bundesliga besser vermarkten würde.
ChessBase: Hat der OSC als Meister und mit einem
starken Sponsor im Rücken eine ähnliche Vorreiterstellung in der Bundesliga
e.V. wie etwa der FC Bayern München beim Fußball?
Auch Bayern München wird nicht jedes Jahr Meister, was
unser Aufsichtsratsmitglied Erwin Staudt, den Präsidenten des VfB Stuttgart,
in der letzten Saison sehr gefreut hat.

Oberbürgermeister Wolfgang Gerstner und Wolfgang
Grenke
ChessBase: Wie bewerten Sie die Konstruktion des
Vereins? Jeder Aufsteiger muss Mitglied werden, ob er will oder nicht. Jedes
Jahr verliert der Verein vier Mitglieder durch Abstieg. Führt dies nicht zu
Problemen?
Es kommen aber auch jedes Jahr wieder vier Mitglieder
als Aufsteiger dazu. Nein – die Bundesliga ist eine Zweckgemeinschaft, kein
Verein im traditionellen Sinne. Die Rechtsform eines Vereins ändert daran
nichts, sie gewährt aber jedem „Mitglied“ gleiche Rechte. Das erscheint mir
sinnvoll.
ChessBase: Wie bewerten Sie die Bundesliga als solches? Gibt es für
Sie ein „Produkt Bundesliga“, das vermarktbar ist oder sehen Sie nur eine
Produkt OSC?
Was GrenkeLeasing angeht, so haben wir uns aus den
schon genannten Gründen für das Produkt OSC entschieden. Das heißt aber
nicht, dass nicht auch die Bundesliga vermarktet werden kann.
ChessBase: Wo sehen Sie Probleme bei der
Vermarktung der Liga? Was müsste sich ändern? Womit sind Sie nicht
zufrieden?
Ich möchte eigentlich ungern über ein Interview Ratschläge erteilen.
Dennoch drei Hinweise:
- Internet, Internet, Internet …. Eine aussichtsreiche Vermarktung ist
meines Erachtens nur durch eine nahezu vollständige Konzentration auf
das Medium Internet möglich. Es sollte verpflichtend sein – aber auch
durch den Verein Bundesliga bei Bedarf organisatorisch unterstützt und
sichergestellt werden – dass alle Begegnungen im Internet übertragen
werden.
- Sie kennen sicher die Konferenzschaltungen aus dem Fußball. Etwas
Ähnliches sollte auch im Schach via Internet möglich sein. Dafür wäre
ein geeigneter dramaturgischer Rahmen aufzubauen.
- Mittelfristig müssten alle Übertragungen sowohl in Deutsch als auch
in Englisch live kommentiert werden.
Generell sollte verstanden werden, dass Schach zunächst
für Zuschauer attraktiver gemacht werden muss, bevor die Vermarktung
optimiert werden kann.
ChessBase: Welchen Aufwand betreibt der OSC bei der Außendarstellung
des Teams? Welcher finanzielle Einsatz ist nötig, um dies zu erreichen und
wie ist das Verhältnis der Kosten im Vergleich zu den Kosten für die
Mannschaft?
Im Sinne des schon gesagten ist klar: wir haben
zunächst in die Mannschaft investiert. Aber natürlich werden auch alle
Begegnungen in Baden-Baden im Internet übertragen. Noch überwiegen die
Aufwendungen für die Mannschaft deutlich.
ChessBase: Viele Vereine sind nicht in der Lage
ihre Mannschaften adäquat zu präsentieren. Worin sehen Sie die Gründe und
wie könnte Abhilfe geschaffen werden?
Da müsste man sicher sehr ins Detail gehen, da die
Probleme wohl nicht überall gleich sind. Manchmal ist es fehlendes
Bewusstsein hinsichtlich der Marktanforderungen, manchmal hapert es am
Know-how oder den technischen Möglichkeiten. Aber gerade da sollte der
Verein Bundesliga ansetzen.
ChessBase: Wäre ein Sponsoring der GrenkeLeasing
AG für die ganze Liga denkbar, um die Vermarktung der Liga insgesamt zu
verbessern?
Da wir in den Aufbau einer starken, europäisch
geprägten Vereinsmannschaft investiert haben, würde das unsere finanziellen
Möglichkeiten sprengen.
ChessBase: In einer Umfrage zur Bundesliga hat
sich eine Mehrzahl für einen größeren Anteil einheimischer Spieler
ausgesprochen. Auch beim OSC hat sich der Anteil deutscher Spieler
verringert. Woran liegt das?
In diesem Jahr hat sich der Anteil der deutschen
Spieler in unserer Mannschaft erhöht. Aber davon einmal abgesehen – es ist
uns gleich, ob ein Spieler aus Deutschland oder einem anderen europäischen
Land kommt, da wir in allen Heimatländern unserer Spieler als Unternehmen
vertreten sind, sieht man von Indien einmal ab.
Ich fürchte, diese Diskussion wird mit dem Blick auf
den Geldbeutel der deutschen Spieler geführt. Einer professionellen
Vermarktung stehen solche Überlegungen diametral gegenüber. Für potenzielle
Sponsoren muss Schach attraktiver gemacht werden – nicht sportlich
unattraktiver.
ChessBase: Viele Schachfreunde beklagen den
Mangel an Zugehörigkeitsgefühl der Spieler zu ihrem Verein und die mangelnde
Authentizität, die daraus entsteht. Wie ist ihr Standpunkt als Sponsor?
Die traditionelle Ausrichtung eines Vereins als
Interessensgemeinschaft der Mitglieder wird durch den Profisport natürlich
kaum gefördert. Andererseits wird ein attraktives Vereinsleben nicht dadurch
behindert, dass der Verein eine Profimannschaft unterhält.
ChessBase: Könnte der OSC auch mit einer Quote
oder Beschränkung leben?
Der OSC wohl schon. Wir als Sponsor eher nicht. Die
Attraktivität und damit der Gegenwert für das Sponsoring würden sinken. Wir
müssten daher unsere Bewertung überprüfen und Alternativen – etwas ein
Großmeisterturnier – in Erwägung ziehen, obwohl – wie gesagt – die Förderung
einer Mannschaft besser zu unserem Sponsoringziel passt.

Wolfgang Grenke, Sven Noppes, Viswanathan Anand
ChessBase: Gibt es außerhalb der
Konkurrenzsituation gegenüber den anderen Teams ein gemeinsames Ziel der
Bundesligavereine. Oder anders gefragt: Für wen wird die Bundesliga
durchgeführt – für die Zuschauer, für die Schachspieler…?
Aus meiner Sicht ganz eindeutig: für die Zuschauer.
ChessBase: Der hohe Anteil von internationalen Topspielern im Team
birgt auch Gefahren. Wegen Terminkollisionen gab es in der Vergangenheit
schon Probleme. In diesem Jahr konnte nur knapp vermieden werden, dass der
OSC wegen einer Terminkollision mit dem Worldcup an einem der Spieltage
keine vollständige Mannschaft zu Verfügung hat. Beim dichter werdenden
Terminplan drohen in Zukunft weitere Probleme dieser Art. Wie kann darauf
reagiert werden?
Da die Terminplanung der FIDE nicht immer
nachvollziehbar ist und auf nationale Veranstaltungen kaum Rücksicht nimmt,
besteht dieses Risiko durchaus. Es gibt zwei Lösungsansätze, die parallel
verfolgt werden sollten: den Stellenwert der Bundesliga systematisch weiter
erhöhen und bei der eigenen Terminplanung flexibel bleiben. Die
Bundesliga-Leitung und die betroffenen Vereine haben bei der Verlegung in
diesem Jahr – durchaus im Interesse der gesamten Liga – sehr
verantwortungsbewusst gehandelt.
ChessBase: Nach dem Rückzug von Porz scheint der
OSC ohne echten Gegner dazustehen. Es droht ein Durchmarsch, ähnlich wie im
letzten Jahr. Ist das erstrebenswert?
Ich empfinde das natürlich nicht als Drohung. Der OSC
strebt selbstverständlich eine Titelverteidigung an. Es gibt aber durchaus
hohe Hürden. Es stehen uns nicht immer alle Spieler zur Verfügung. Auch im
vergangenen Jahr gab es einige Überraschungen. Und die Mannschaften sind in
diesem Jahr noch ausgeglichener geworden.
ChessBase: Vor zwei Jahren haben Sie die Mittel für die
Frauenmannschaft gekürzt, als diese hoch überlegen und ohne Konkurrenz die
Meisterschaft gewann. Ist Ähnliches für das Männerteam zu befürchten?
Die Mittel wurden nicht gekürzt sondern etwas stärker
auf den Herrenbereich verlagert, nachdem wir dort vor drei Jahren erneut die
Meisterschaft verpasst hatten, andererseits die Damen konkurrenzlos stark
aufgestellt waren.
ChessBase: Erstmals seit Langem hat sich -abgesehen von Werder Bremen - wieder ein Deutscher Meister am Europapokal beteiligt und dort nur knapp eine Medaille verfehlt. Was ist
der Sinn dieses Engagements und welche Probleme gab es im Hinblick auf das
geltende Mehrfachspielrecht beim Zusammenstellen der Mannschaft?
Im Sinne einer europäischen Mannschaft war eine
Teilnahme folgerichtig. In den vergangenen Jahren wäre das wenig sinnvoll
gewesen. In diesem Jahr konnten wir erstmals Peter Svidler, Magnus Carlson
und Etienne Bacrot einsetzen. Eine frühere Teilnahme hätte also keinen Sinn
gemacht. Das Turnier war äußerst attraktiv: rund 2/3 der 60 stärksten
Spieler der Welt haben daran teilgenommen. Wir waren leider durch die
unglückliche zeitliche Nähe zur Weltmeisterschaft gehandicapt, d. h. wir
konnten Peter Svidler und Vishy Anand nur zeitweise einsetzen.
Das Mehrfachspielrecht sehe ich nicht als problematisch
an. Verbesserungswürdig ist allerdings der Auslosungsmodus.
ChessBase: Verfolgen Sie die Mannschaftskämpfe
des OSC in der Liga und auch im Europacup und haben Sie auch bei der WM
ihren Spielern aktiv die Daumen gedrückt?
Wenn es sich zeitlich machen lässt, bin ich dabei. Bei den Heimspielen
möglichst im Turniersaal, ansonsten per Internet. In Kemer habe ich die
Mannschaft begleitet, die Spiele der WM habe ich im Netz verfolgt.
ChessBase: Welchen persönlichen Eindruck haben
Sie von den Schachgroßmeistern? Haben sich durch ihren Einsatz für das Team
auch persönliche Kontakte oder gar Freundschaften ergeben?
Natürlich habe ich zu allen unseren Spielern einen
persönlichen Kontakt. Zuletzt hatten wir auch Gelegenheit, gemeinsam zu
feiern. Ich glaube, es ist den Verantwortlichen beim OSC gelungen, eine
sympathische, homogene Mannschaft aufzubauen.
ChessBase: Wie sind die Pläne für die Zukunft?
Das Erreichte sichern und die Vermarktung weiter zu
verbessern. Wenn der Termin im nächsten Jahr günstiger liegt, streben wir
einen Medaillenplatz beim Europapokal an.
ChessBase: Vielen Dank für das Interview.
Das Interview führte André Schulz.
Bilder: Hans-Walter Schmitt