22. OIBM Tegernsee mit gutem Start

von Marco Baldauf
29.10.2018 – Am Samstag wurde die 22. Offene Internationale Bayerische Meisterschaft am Tegernsee eröffnet. Mit 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern ist das Turnier bis auf den letzten Platz ausgebucht. 25 Großmeister führen das 34 Nationen starke Feld an, darunter auch Deutschlands Nr. 1, Dieter-Liviu Nisipeanu, sowie die schwedische Schachlegende Ulf Andersson | Foto: Turnierseite

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Es kann losgehen!

Auftakt am Tegernsee! An 245 Brettern ging es heute in die erste von insgesamt neun Runden. Beschleunigtes Schweizer System wird in den ersten fünf Runden gespielt. Was das genau bedeutet verstand ich auch erst heute Abend. Allen Spielern der ersten Setzlistenhälfte, also den Startnummern 1 bis 249, wird in den ersten fünf Runden ein virtueller Punkt gutgeschrieben. Dieser taucht in der Rangliste freilich nicht auf, sondern wird nur zur Auslosung verwendet. Sinn und Zweck der Übung ist, dass es auf diese Weise schneller zu Begegnungen von Titelträgern kommt. Bereits in der morgigen zweiten Runde müssen die gesetzten Großmeister gegen FIDE-Meister antreten, in der 3. Runde kann es dann schon zu Begegnungen zwischen zwei Großmeistern oder zumindest einem Großmeister und einem Internationalen Meister kommen. Gut für alle Spielerinnen und Spieler, die Normen erspielen wollen und auch gut für die Spannung!

Der Teppich ist ausgerollt, das Turnier kann beginnen! | Foto: Turnierseite

Volles Haus bei der Eröffnungsfeier | Foto: Turnierseite

Die erste Runde ist bekanntlich kein großer Freund der Titelträger. Keine Vorbereitung, oftmals müde von der langen Anreise und vor allem die Tatsache, dass man eigentlich nur verlieren kann, bereiten oftmals vor Rundenbeginn Kopfzerbrechen. Gab es im letzten Jahr sogar Niederlagen von Großmeistern zum Auftakt zu verzeichnen, schlugen sich die Favoriten heute im Großen und Ganzen recht tapfer. Zwei FIDE-Meister müssen eine Niederlage hinnehmen und dies stellt schon die größte Sensation dar. An den Brettern ganz vorne gibt es immerhin zwei Remisen zu verbuchen. Der brasilianische Großmeister Alexander Fier gibt ebenso wie Sasa Martinovic einen halben Zähler ab.

Auch wenn GM Chanda Sandipan aus Indien kritisch dreinblicken mag – insgesamt eine doch souveräne Vorstellung der Großmeister

 

Zwei Kostproben großmeisterlichen Kombinationsspiels liefern die Nr. 1 und Nr. 4 der Setzliste.

 
 

Die größte Überraschung in Form eines Außenseitersieges ereignete sich an Brett 50.

 

Scharfe Konter gegen Italienisch - ein Schwarzrepertoire

Der Traxler-Gegenangriff begeistert jeden Schachspieler, der mit Schwarz um Initiative kämpfen will. Die Variante steht zwar in dem Ruf, theoretisch zweischneidig zu sein, doch auf dieser DVD verrät Ris zahlreiche spektakuläre Möglichkeiten für Schwarz.

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Runde 1: Ergebnisse der Bretter 1-25

Name Pkt. Ergebnis Pkt. Name
Demchenko Anton 0 1 - 0 0 Teuschler Hugo
Lutz Albert 0 0 - 1 0 Nisipeanu Liviu-Dieter
Moiseenko Alexander 0 1 - 0 0 Schatz Dieter
Reck Moritz 0 0 - 1 0 Kovalenko Igor
Iturrizaga Bonelli Eduardo 0 1 - 0 0 Jerie Sven
Van Den Bersselaar Jeroen 0 0 - 1 0 Hovhannisyan Robert
Banusz Tamas 0 1 - 0 0 Lettl Gerhard
Ditter Jürgen 0 0 - 1 0 Braun Arik
Firouzja Alireza 0 1 - 0 0 Niese Holger
Farmani Anosheh Yasha 0 0 - 1 0 Papp Gabor
Gopal G.N. 0 1 - 0 0 Heimerdinger Jörg
Kölle Tobias 0 0 - 1 0 Petrosyan Manuel
Santos Latasa Jaime 0 1 - 0 0 Groß Willi Dr.
Wenner Tobias 0 ½ - ½ 0 Fier Alexandr
Martinovic Sasa 0 ½ - ½ 0 Paris Michael
Fehmer Dirk 0 0 - 1 0 Mons Leon
Kulaots Kaido 0 1 - 0 0 Huber Benedikt
Thrish Karthik 0 0 - 1 0 Halkias Stelios
Sandipan Chanda 0 1 - 0 0 Kesseler Heiko
Astengo Corrado 0 0 - 1 0 Andersson Ulf
Zanan Evgeny 0 1 - 0 0 Freundorfer Josef
Tolhuizen Ludo 0 0 - 1 0 Stefansson Hannes
Repka Christopher 0 1 - 0 0 Grüttner Ralf
Römhild Marcus 0 0 - 1 0 Jarmula Lukasz
Sanal Vahap 0 1 - 0 0 Schötzig Detlef

 

Runde 2: Von großmeisterlichen Zeiplänen und zahnlosen Drachen

Auf den Punkt genau 500 Spielerinnen und Spieler haben dieses Jahr den Weg an den Tegernsee gefunden. Die ersten 44 Bretter spielen im Erdgeschoss, über 200 Bretter sind im großen Saal im oberen Stockwerk untergebracht. Damit ist das Turnier einmal mehr bis auf den letzten Platz ausgebucht.

Das Turnier ist bis auf den allerletzten Platz ausgebucht | Foto: Turnierseite

Zum gestrigen Auftakt ließen sich sechs Spieler aus Zeitgründen nicht auslosen. Einer davon der 16-jährige Inder P Iniyan. Bis gestern spielte der Youngster noch ein Turnier in den Niederlanden und schaffte es daher erst zur zweiten Runden an den Tegernsee. Zwei Turniere direkt am Stück – für die meisten Hobbyspielerinnen und -spieler undenkbar! Doch ein solcher Zeitplan ist für asiatische Profis, welche oftmals den ganzen Sommer von Open zu Open touren, völlig normal. Iniyan spielte beispielsweise im September zwei Open in Italien, davor das Abu Dhabi Masters und Biel. Als ich vor der Auftaktrunde mit dem indischen Großmeister GN Gopal ins Gespräch komme, stellt er mir schnell die Frage, welches Open man denn direkt im Anschluss spielen könnte – er habe nichts gefunden und nach nur einem Turnier wieder nach Indien zu fliegen könne es ja auch nicht sein.

Indischer Schachgroßmeister sucht ein Turnier im Anschluss an die OIBM | Foto: Turnierseite

Meister aus Indien sind jedoch nicht die einzigen weitgereisten Gäste am Tegernsee. Insgesamt weist das Feld Spielerinnen und Spieler aus 34 verschiedenen Nationen auf. Neben Deutschland und seinen Nachbarländern sind auch exotischere Länder wie Iran, Venezuela, Armenien und Island vertreten.

Mit Robert Hovhannisyan gelang es den Veranstaltern gar, einen armenischen Nationalspieler an den Tegernsee zu locken. Die junge Nachwuchshoffnung der Schachnation Armenien spielte vor kurzem bei der Schacholympiade in Batumi für sein Land. Armenien wurde am Ende Achter und landete damit fünf Plätze vor dem deutschen Team. Hovhannisyan wusste mit einem Score von 75% durchaus zu überzeugen. Auch hier am Tegernsee erlebte er einen guten Start und liegt mit 2/2 an der Spitze.

 

Robert Hovhannisyan, Meister der Turmschwenks | Foto: Turnierseite

Ebenso zu überzeugenden Siegen kamen die Turnierfavoriten Dieter-Liviu Nisipeanu, Igor Kovalenko und Alexander Moiseenko. Letzterer stand in Sachen Angriffsführung und dem Einsatz seines Turmes der armenischen Lehrbuchpartie in keinster Weise nach.

 

Der Drachen, eine der schärfsten Varianten der sizilianischen Eröffnung, war insbesondere unter Direktion von Weltmeister Garry Kasparov eine Waffe sondergleichen. In den 90er-Jahren war der Drachen en vogue, seit der Jahrtausendwende nahm die Anzahl seiner Verfechter stetig ab, heute ist er gar ein selten gesehener Gast in der Turnierpraxis. Und dies hat wohl seine berechtigten Gründe... In der heutigen 2. Runde bewies sich Großmeister Gabor Papp aus Ungarn als Drachenzähmer. In der folgenden Analyse ist zu sehen, wie er dem Drachen nicht an die Kehle geht, sondern sich stattdessen beeilt, dem Ungeheuer schnell die Zähne zu ziehen.

 

Sizilianische Drachenvariante Band 2: Alle Varianten außer 9.Lc4

Die Drachenvariante ist eine der mutigsten und riskantesten Eröffnungen, die Schwarz spielen kann. Sie führt oft zu faszinierenden Stellungen, in denen beide Seiten stürmisch angreifen.

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Der erst 15-jährige Großmeister Alireza Firouzja spielt normalerweise die Najdorf-Variante. Über eine Zugumstellung lässt sich aber heute doch auf einen Ritt mit dem Drachen ein, allerdings nur um zu beweisen, dass er die Grundidee dieser Eröffnung nicht verstanden hat. Sein Ansatz, den Drachen wie einen Najdorf zu behandeln, geht gründlich nach hinten los. Die Niederlage des 15-jährigen Großmeisters aus dem Iran gegen den Hamburger FIDE-Meister Julian Grötzbach stellt damit auch die größte Sensation des Tages dar.

 

Julian Groetzbach | Foto: Turnierseite

Runde 2: Ergebnisse der Bretter 1-25

Br. Nr.     Name Elo Pkt. Ergebnis Pkt.   Name Elo   Nr.
1 59
 
FM Schuster Karsten 2283 1 ½ - ½ 1 GM Demchenko Anton 2679
 
1
2 2
 
GM Nisipeanu Liviu-Dieter 2667 1 1 - 0 1 IM Maier Alexander 2275
 
62
3 61
 
  Markmann Ulrich 2282 1 0 - 1 1 GM Moiseenko Alexander 2648
 
3
4 4
 
GM Kovalenko Igor 2646 1 1 - 0 1 FM Lipok Christoph 2271
 
64
5 66
 
FM Heimrath Reiner 2262 1 0 - 1 1 GM Iturrizaga Bonelli Eduardo 2636
 
5
6 6
 
GM Hovhannisyan Robert 2621 1 1 - 0 1 FM Jahnz Fabian 2244
 
70
7 67
 
FM Wintzer Joachim Dr. 2260 1 0 - 1 1 GM Banusz Tamas 2606
 
7
8 8
 
GM Braun Arik 2603 1 ½ - ½ 1   Köhler Christian Friedrich 2241
 
72
9 69
 
FM Grötzbach Julian 2247 1 1 - 0 1 GM Firouzja Alireza 2600
 
9
10 10
 
GM Papp Gabor 2591 1 1 - 0 1 FM Wessendorf Thomas Dr. 2235
 
74
11 83
 
  Pieper Thomas Dr. 2213 1 0 - 1 1 GM Gopal G.N. 2578
 
11
12 12
 
GM Petrosyan Manuel 2574 1 1 - 0 1   Hinrichs Lars 2233
 
76
13 85
 
  Möldner Jürgen 2209 1 0 - 1 1 GM Santos Latasa Jaime 2572
 
13
14 16
 
GM Mons Leon 2554 1 0 - 1 1 FM Bente Björn 2228
 
78
15 87
 
  Sahin Ozgun 2208 1 ½ - ½ 1 GM Kulaots Kaido 2546
 
17
16 18
 
GM Halkias Stelios 2544 1 1 - 0 1   Ehrke Michael 2212
 
84
17 89
 
FM Smits Mark 2203 1 0 - 1 1 GM Sandipan Chanda 2535
 
19
18 20
 
GM Andersson Ulf 2530 1 1 - 0 1 FM Sieglen Joachim Dr. 2208
 
86
19 91
 
FM Cordes Hans-Jörg Dr. 2202 1 0 - 1 1 IM Zanan Evgeny 2514
 
21
20 22
 
GM Stefansson Hannes 2502 1 1 - 0 1   Kutzner Stephen 2205
 
88
21 93
 
  Nagel Bernhard 2191 1 0 - 1 1 GM Repka Christopher 2494
 
23
22 24
 
IM Jarmula Lukasz 2492 1 1 - 0 1   Leeb Simon 2203
 
90
23 95
 
  Lederle Vitus 2190 1 0 - 1 1 GM Sanal Vahap 2487
 
25
24 26
 
GM Milov Leonid 2481 1 1 - 0 1   Böhm Martin 2195
 
92
25 97
 
  Schäfer Michael 2185 1 0 - 1 1 IM Baldauf Marco 2472
 
28

 

Vorbericht

Turnierseite


Marco Baldauf, Jahrgang 1990, spielt seit seinem sechsten Lebensjahr Schach. Zwei Mal wurde er Deutscher Jugendmeister, seit 2015 spielt er für die Schachfreunde Berlin in der Bundesliga. Für Chessbase schreibt er gelegentlich auf der Homepage, kommentiert live oder versucht sich als Autor von Fritztrainern.

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