Es kann losgehen!
Auftakt am Tegernsee! An 245 Brettern ging es heute in die erste von insgesamt neun Runden. Beschleunigtes Schweizer System wird in den ersten fünf Runden gespielt. Was das genau bedeutet verstand ich auch erst heute Abend. Allen Spielern der ersten Setzlistenhälfte, also den Startnummern 1 bis 249, wird in den ersten fünf Runden ein virtueller Punkt gutgeschrieben. Dieser taucht in der Rangliste freilich nicht auf, sondern wird nur zur Auslosung verwendet. Sinn und Zweck der Übung ist, dass es auf diese Weise schneller zu Begegnungen von Titelträgern kommt. Bereits in der morgigen zweiten Runde müssen die gesetzten Großmeister gegen FIDE-Meister antreten, in der 3. Runde kann es dann schon zu Begegnungen zwischen zwei Großmeistern oder zumindest einem Großmeister und einem Internationalen Meister kommen. Gut für alle Spielerinnen und Spieler, die Normen erspielen wollen und auch gut für die Spannung!
Der Teppich ist ausgerollt, das Turnier kann beginnen! | Foto: Turnierseite
Volles Haus bei der Eröffnungsfeier | Foto: Turnierseite
Die erste Runde ist bekanntlich kein großer Freund der Titelträger. Keine Vorbereitung, oftmals müde von der langen Anreise und vor allem die Tatsache, dass man eigentlich nur verlieren kann, bereiten oftmals vor Rundenbeginn Kopfzerbrechen. Gab es im letzten Jahr sogar Niederlagen von Großmeistern zum Auftakt zu verzeichnen, schlugen sich die Favoriten heute im Großen und Ganzen recht tapfer. Zwei FIDE-Meister müssen eine Niederlage hinnehmen und dies stellt schon die größte Sensation dar. An den Brettern ganz vorne gibt es immerhin zwei Remisen zu verbuchen. Der brasilianische Großmeister Alexander Fier gibt ebenso wie Sasa Martinovic einen halben Zähler ab.
Auch wenn GM Chanda Sandipan aus Indien kritisch dreinblicken mag – insgesamt eine doch souveräne Vorstellung der Großmeister
Zwei Kostproben großmeisterlichen Kombinationsspiels liefern die Nr. 1 und Nr. 4 der Setzliste.
Die größte Überraschung in Form eines Außenseitersieges ereignete sich an Brett 50.
Scharfe Konter gegen Italienisch - ein Schwarzrepertoire
Der Traxler-Gegenangriff begeistert jeden Schachspieler, der mit Schwarz um Initiative kämpfen will. Die Variante steht zwar in dem Ruf, theoretisch zweischneidig zu sein, doch auf dieser DVD verrät Ris zahlreiche spektakuläre Möglichkeiten für Schwarz.
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Runde 1: Ergebnisse der Bretter 1-25
Runde 2: Von großmeisterlichen Zeiplänen und zahnlosen Drachen
Auf den Punkt genau 500 Spielerinnen und Spieler haben dieses Jahr den Weg an den Tegernsee gefunden. Die ersten 44 Bretter spielen im Erdgeschoss, über 200 Bretter sind im großen Saal im oberen Stockwerk untergebracht. Damit ist das Turnier einmal mehr bis auf den letzten Platz ausgebucht.
Das Turnier ist bis auf den allerletzten Platz ausgebucht | Foto: Turnierseite
Zum gestrigen Auftakt ließen sich sechs Spieler aus Zeitgründen nicht auslosen. Einer davon der 16-jährige Inder P Iniyan. Bis gestern spielte der Youngster noch ein Turnier in den Niederlanden und schaffte es daher erst zur zweiten Runden an den Tegernsee. Zwei Turniere direkt am Stück – für die meisten Hobbyspielerinnen und -spieler undenkbar! Doch ein solcher Zeitplan ist für asiatische Profis, welche oftmals den ganzen Sommer von Open zu Open touren, völlig normal. Iniyan spielte beispielsweise im September zwei Open in Italien, davor das Abu Dhabi Masters und Biel. Als ich vor der Auftaktrunde mit dem indischen Großmeister GN Gopal ins Gespräch komme, stellt er mir schnell die Frage, welches Open man denn direkt im Anschluss spielen könnte – er habe nichts gefunden und nach nur einem Turnier wieder nach Indien zu fliegen könne es ja auch nicht sein.
Indischer Schachgroßmeister sucht ein Turnier im Anschluss an die OIBM | Foto: Turnierseite
Meister aus Indien sind jedoch nicht die einzigen weitgereisten Gäste am Tegernsee. Insgesamt weist das Feld Spielerinnen und Spieler aus 34 verschiedenen Nationen auf. Neben Deutschland und seinen Nachbarländern sind auch exotischere Länder wie Iran, Venezuela, Armenien und Island vertreten.
Mit Robert Hovhannisyan gelang es den Veranstaltern gar, einen armenischen Nationalspieler an den Tegernsee zu locken. Die junge Nachwuchshoffnung der Schachnation Armenien spielte vor kurzem bei der Schacholympiade in Batumi für sein Land. Armenien wurde am Ende Achter und landete damit fünf Plätze vor dem deutschen Team. Hovhannisyan wusste mit einem Score von 75% durchaus zu überzeugen. Auch hier am Tegernsee erlebte er einen guten Start und liegt mit 2/2 an der Spitze.
Robert Hovhannisyan, Meister der Turmschwenks | Foto: Turnierseite
Ebenso zu überzeugenden Siegen kamen die Turnierfavoriten Dieter-Liviu Nisipeanu, Igor Kovalenko und Alexander Moiseenko. Letzterer stand in Sachen Angriffsführung und dem Einsatz seines Turmes der armenischen Lehrbuchpartie in keinster Weise nach.
Der Drachen, eine der schärfsten Varianten der sizilianischen Eröffnung, war insbesondere unter Direktion von Weltmeister Garry Kasparov eine Waffe sondergleichen. In den 90er-Jahren war der Drachen en vogue, seit der Jahrtausendwende nahm die Anzahl seiner Verfechter stetig ab, heute ist er gar ein selten gesehener Gast in der Turnierpraxis. Und dies hat wohl seine berechtigten Gründe... In der heutigen 2. Runde bewies sich Großmeister Gabor Papp aus Ungarn als Drachenzähmer. In der folgenden Analyse ist zu sehen, wie er dem Drachen nicht an die Kehle geht, sondern sich stattdessen beeilt, dem Ungeheuer schnell die Zähne zu ziehen.
Der erst 15-jährige Großmeister Alireza Firouzja spielt normalerweise die Najdorf-Variante. Über eine Zugumstellung lässt sich aber heute doch auf einen Ritt mit dem Drachen ein, allerdings nur um zu beweisen, dass er die Grundidee dieser Eröffnung nicht verstanden hat. Sein Ansatz, den Drachen wie einen Najdorf zu behandeln, geht gründlich nach hinten los. Die Niederlage des 15-jährigen Großmeisters aus dem Iran gegen den Hamburger FIDE-Meister Julian Grötzbach stellt damit auch die größte Sensation des Tages dar.
Julian Groetzbach | Foto: Turnierseite
Runde 2: Ergebnisse der Bretter 1-25
Vorbericht
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