08.11.2021 – Uhh, was für ein gruseliges Bild, passend zu Halloween. 1991 erschien das erste Fritz-Programm und wurde mit einer ziemlich frechen und ungewöhnlichen Werbekampagne beworben, zum Beispiel mit diesem Bild. Im November 2021 feiert Fritz nun seinen 30sten Geburtstag. Hier ist seine Erfolgsgeschichte, zu der u.a. ein Flug ins All und ein Wettkampfsieg gegen den Weltmeister gehört. Hier ist der zweite von drei Teilen der Fritz-Story ...
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Mit Fritz 4 betrat Fritz im im Jahr 1997 die Windows-Welt. Eine wichtige Neuheit war dabei die Trennung der Programmteile "Oberfläche" und "Engine". Die Engine im Schachprogramm, das Schachhirn, konnte nun auf einfache Weise ausgewechselt werden. Die Fritz-Oberfläche wurde zum De-Facto-Betriebssystem für Schachengines. Auch andere Module ließen sich leicht wechseln oder hinzufügen, die Eröffnungsbibliothek, beispielsweise, oder Endspieldatenbanken, die "Tablebases".
Mit herzlichen Schachgrüßen - Ihr Fritz-Schachprogramm
Für die Schachprogrammierer bedeutete dies, dass sie sich nicht mehr um die lästige Programmierung einer gescheiten Oberfläche für ihr Programm kümmern musste. Sie konnten ihre Engines einfach in der Fritz-Oberfläche nutzen und dort vor allem mit den vorhandenen Möglichkeiten auch testen und tunen.
Die Computerentwicklung machte rasche Fortschritte und Ende der 1990er Jahre gab es erschwingliche Rechner mit mehr als einem Prozessor. In dieser Zeit beschäftigten sich die Pioniere unter den Schachengine-Entwicklern mit der Aufgabe, mehr als einen Prozessor möglichst ergiebig für die Rechenarbeit zu nutzen.
Über den Turnierorganisator Hans-Walter Schmitt und eine Kooperation mit Siemens bekamen die Fritz-Entwickler Zugang zu Mehrprozessor-Rechnern. Im Zuge der Entwicklungsarbeit nahm Fritz in einer Mehrprozessor-Version als "Deep Fritz" (Anspielung auf Deep Blue) an Schnellschachturnieren der Frankfurt Chess Classic teil und erzielte gegen Spieler der Weltelite sehr ansehnliche Ergebnisse. Und das im Alter von erst sieben Jahren :-)
Die Kooperation mit Siemens führte auch dazu, dass Fritz 1998 ins All geschossen wurde. Fritz ist wohl das einzige Schachprogramm, dass Partien in einer Umlaufbahn um die Erde gespielt hat. Russland unterhielt zu dieser Zeit eine eigene Raumstation, die MIR. Der russische Kosmonaut Sergei Avdeev war insgesamt dreimal auf der MIR im Orbit unterwegs, in der Summe befand er sich 747 Tage im All. Da er gerne Schach spielte und Siemens eine Kooperation mit der russischen Raumfahrtbehörde unterhielt, wurde ein Siemens-Notebook mit einem Versorgungsflug zur MIR gebracht und die wichtigste Anwendung war das Schachprogramm Fritz.
Schwerelos in der MIR
Die russischen Kosmonauten empfehlen Fritz - das einzige Weltraum-erprobte Schachprogramm. Rechts: Sergei Avdeev
Matthias Wüllenweber und Frederic Friedel informieren sich bei Sergei Avdeev über Raketentechnologie
Ein weiterer Meilenstein waren die beiden Matches gegen den damaligen amtierenden Weltmeister Vladimir Kramnik, Der Wettkampf in Bahrain im Jahr 2002 endete 2:2. Kurz danach, im November 2002 spielte auch Garry Kasparov einen Wettkampf gegen Deep Fritz, konnte diesen aber ebenfalls nicht gewinnen.
Die Neuauflage des Mensch-Maschine-Matches "Kramnik vs Deep Fritz", 2006 in Bonn, gewann Deep Fritz mit 4:2. Auch in diesen Wettkämpfen wurden die Partien in Turnierbedenkzeit gespielt. Für den menschlichen Weltmeister war Deep Fritz ein Gegner auf Augenhöhe. Fritz war damals noch keine Engine, die in allen Bereichen gleich gut spielte. Taktisch war das Programm natürlich bärenstark und machte keine kurzzügigen Fehler. Man konnte es aber mit weltmeisterlichen Fähigkeiten noch strategisch überspielen - mit etwas Glück. Das fehlte Kramnik in diesem zweiten Match, als er in einer der Partien ein einzügiges Matt übersah.
Das Match sorgte in Deutschland, aber auch weltweit für riesiges Aufsehen. Der bekannte Entertainer Stefan Raab lud das Fritz-Team in seine Show ein und probierte auch ganz vorsichtig ein paar Züge gegen den unmenschlichen Schachcomputer.
Matthias Wüllenweber, Mathias Feist und Stefan Raab
Auch sonst rissen sich die Medien um Gesprächspartner aus dem Fritz-Umfeld. Ein paar Jahre später fand der Wettkampf sogar noch einen Widerhall in der Hollywood-Serie "Die Sarah Conner Papers."
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