Alex Wohl gewinnt Wein-Open in Hourthin

von Eva Maria Zickelbein
16.07.2024 – Wenn man extra aus Australien anreist, um an einem Open in Frankreich teilzunehmen, muss das schon sehr attraktiv sein. Der Internationale Meister Alex Wohl war nicht der einzige prominente Spieler, der wieder einmal am Wein-Open in Hourthin teilnahm, aber er trug am Ende den ersten Preis davon - 78 Flaschen Wein. Nicht schlecht! Evi Zickelbein berichtet. | Fotos: Evi Zickelbein und Pascal Flamant

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26. Wein-Open in Hourtin

Anfang Juli 2024 war es wieder soweit: die Internationalen Meister Rike und Jules Armas und der Schachklub Échiquier Médocain luden zum traditionellen Wein-Open nach Hourtin ein - in diesem Jahr schon zum 26. Mal! Die beiden besaßen bis vor 10 Jahren den Schachcampingplatz „La Rochade“ in Naujac sur Mer und das Wein-Open fungierte damals alljährlich als Saisoneröffnung. Nach dem Verkauf des Platzes zog man in die Salle de Fêtes nach Hourtin Port um, wo es seitdem heißt: „Gagnez votre poids en vin“ – Gewinnen Sie ihr Gewicht in Wein! Auf dem fußläufig entfernten Campingplatz  nahegelegenen „Village Western“ gibt es für alle Teilnehmer des Wein-Opens einen Rabatt (und für Titelträger Konditionen).

In diesem Jahr fand sich eine stattliche Anzahl von 73 Spielern in der Gironde ein und spielte vom 29. Juni bis 06. Juli in neun Runden den Sieger aus, darunter vier internationale Meister. 

Die Spieler kamen aus allen Ecken Frankreichs und besonders schön war, dass auch viele talentierte Jugendspieler aus der Region mitspielten.

Nur zwei der talentierten Jugendlichen aus der Region, die den erfahrenen Spielern das Leben schwer machten: Hier müssen die Zwillinge Eliyakim und Levanah Alcantara in der 7. Runde gegeneinander antreten, sie einigten sich aber friedlich!

Die weiteste Anreise hatten aber natürlich die beiden australischen Teilnehmer, IM Alexander Wohl und Vanessa Faraday. Vanessa spielte ihr erstes Schachturnier spielte und holte gleich 2,5 Punkte und erspielte sich eine Zahl von 1461! Ihren italienischen Freund Franco brachte sie mit, auch er fing Feuer und hat bereits versprochen, im nächsten Jahr auch teilzunehmen!

Rike Armas mit Vanessa Faraday

Vanessa Faraday spielte ihr erstes Schachturnier und ihr gelangen gleich 2,5 Punkte – mehrere Performance-Preise waren der Lohn. Performance-Preise gibt es nach jeder Runde für Spieler, die einen Sieg gegen mehrere hundert Punkte stärkere Gegner erreicht haben. So schlug Vanessa beispielsweise einen erfahrenen Spieler mit 1710 ELO.

Weiterhin gab es Teilnehmer aus den europäischen Ländern Großbritannien, Deutschland, Schweiz, Rumänien und Italien! Die deutsche Delegation ist in diesem Jahr erfreulicherweise wieder etwas angewachsen, weil Frank Gerdell neben Vanessa und Franco auch seine Freunde aus Köln mitbrachte. Der Preis für die kreativsten Trikots geht in jedem Fall an Georg Seuls Tochter, die die Shirts der beiden designte: 

links Frank Gerdel, rechts IM Georg Seul.

Und Georg hatte als Nr. 2 der Setzliste natürlich auch vor, bei der Siegerehrung die Waage zu besteigen! Mit 6,5 aus 9 und der besten Wertung einer Gruppe aus drei Spielern, wurde es am Ende der 4. Platz – nur gegen IM Vincent Colin verlor Georg, sonst wäre es sicher ein Platz auf dem Treppchen gewesen:

Diese Technik ist aus den vorherigen 25 Editionen des Wein-Turniers bekannt: um die Wein-Ausbeute noch ein bisschen zu steigern, hilft immer ein möglichst unfallfreies Zurücklehnen auf der Waage! 18 Flaschen Médoc waren am Ende ein Viertel des Gewichtes und somit drei Kisten, die Georg mit der Hilfe seines Freunde Frank im Camper nach Deutschland schicken konnte!

Zwei Spieler mit 7 Punkten stiegen für Platz 2 und Platz drei auf die Waage in Hourtin: die rumänischen Schachfreunde Adrian Tugui und FM Daniel Hristodorescu. Jedoch muss man hervorheben, dass die beiden die Woche in der Gironde auch zum Urlaub machen nutzen und zwei Byes nahmen (dies war bis zur 7. Runde möglich und brachte jeweils einen halben Punkt ein). Vielleicht sollte man hier über eine Regeländerung nachdenken: Auf die Waage nur bei neun ausgekämpften – will sagen: gespielten Partien! Adrian brachte als Zweiter 84 Flaschen auf die Waage (=42 al Preis), Daniel musste mit der Technik noch nicht so routiniert umzugehen und landete bei 78 Flaschen (=26 als Preis).

Aber derjenige, der die weiteste Anreise auf sich genommen hatte, war gleichzeitig auch derjenige, der am meisten Erfahrung in Waagen-Dingen hatte: IM Alexander Wohl ist ein langjähriger Freund des Turniers und dieser Sieg war nach aktuellen Zählungen mindestens der dritte Erfolg. Seit einigen Jahren ist er zurück nach Australien gezogen, nachdem er viele Jahre in Europa wohnte, und deshalb nicht mehr ganz so regelmäßig dabei. 2019 ein kleines Tief – es reicht nur zum Seniorenpreis (50+). In diesem Jahr aber trumpfte er auf und landete schließlich mit 7,5 Punkten ungeteilt auf dem ersten Platz – herzlichen Glückwunsch lieber Alex! Besonders sehenswert die Partie in der achten Runde gegen IM Vincent Colin: Alex bot als Schwarzer im 10. Zug eine friedliche Punkteteilung an, damit wäre er eine Runde vor Schluss Turniersieger gewesen. Vincent lehnte ab, nur um 5 Züge später selbst noch einmal nachzufragen. Da allerdings schätze Alex seine Stellung schon klar vorteilhaft ein und er lehnte ab. Schließlich mündete das Ganze in einem interessanten Springerendspiel, das Alex souverän gewinnen konnte. Er beschreibt diese und andere Partien sowie auch mit schönen Bildern das Drumherum beim Wein-Open in seinem Blog

Vorentscheidung in der 8.Runde: Vincent Colin gegen Alex Wohl.

Alex Wohl auf der Waage! Links stapeln Nicolas Faugerolle und Jules Armas die Weinkisten und Webmaster Pascal Flamant möchte die besten Fotos schießen.

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Am Ende waren es 78 Flaschen Wein für den Turniersieger und das liegt vor allem daran, dass es ihm in den letzten Jahren gelungen ist, eine stattliche Anzahl von Kilos zu verlieren (hier ein Nachteil, ansonsten lebt es sich mit 40 Kilos weniger natürlich viel besser)! Lesenswert für die Naujac-Freunde ist ein Artikel aus dem Jahr 2007, in dem der Turniersieg von Alex gebührend gefeiert wird – vor 17 Jahren durfte er seine kleine Tochter Nina mit auf die Waage nehmen, in diesem Jahr war sie kurz nach ihrem Abitur auch wieder mit im Médoc.

Der Bürgermeister von Hourtin gratuliert dem Sieger des Wein-Open 2024! Die Stadt unterstützt das Turnier sehr, denn der schöne Spielsaal kann jedes Jahr gratis genutzt werden!

Blick in den Spielsaal von Hourtin – die Spielbedingungen sind wirklich ausgezeichnet in der Salle de Fêtes!

Der Preis für die Méilleure Féminine ging in diesem Jahr wieder an die Autorin dieses Berichts, die zwischenzeitlich nach dem Sieg gegen die Nr. 1 Adrian Musat in der fünften Runde zu ungeahnten Höhenflügen ansetzte, der die Flügel dann aber wieder gestutzt wurden – 5 Punkte am Ende sind aber ganz ok!

Auch Boris Maric gehörte dem Gerdell-Tross aus Köln an: 6 Punkte standen zum Schluss auf seinem Konto und er wurde damit bester Senion 50+ - herzlichen Glückwunsch!

Werner Müller schlug in der ersten Runde IM Adrian Musat, erreichte 5 Punkte und den zweiten Seniorenpreis!

Weitere Preisträger und Fotos sind auf der Homepage des Echiquier Médocain zu finden und alle Ergebnisse auf der Seite der FFE.

Was wäre ein Turnier ohne diejenigen, die es mit mit ihrer Unterstützung erst ermöglichen: Neben Rike und Jules Armas sind dies:

Jocelyne Ferrandi, die sich die ganze Woche um die Buvette kümmerte, Kaffee, Wasser, Kuchen und Hot-Dogs unter die Spieler brachte und für alle immer ein nettes Wort hatte – links in der Mitte zwischen Jules Armas und Nicolas Faugerolle. Letzterer ist eine große Hilfe bei der Organisation des Weines, da er beste Beziehungen zur Cave Saint Brice unterhält, seit vielen Jahren ein Hauptpartner des Wein-Opens mit dem Wein Tour Négrier. In der Mitte haben Jules und Nicolas die Schiedsrichterin Lucie Argenté in die Mitte genommen: sie sprang dankenswerterweise kurzfristig ein, weil der Stammschiedsrichter Luc Feit aus gesundheitlichen Gründen absagen musste – gute Besserung! Lucie stammt selbst aus der Gegend und spielte mit Nicolas und den beiden Armas-Töchtern Lara und Lena in einer Schulmannschaft. Nun arbeitete sie in der Frühschicht im Krankenhaus in Bordeaux und fuhr dann schnell nach Hourtin zum Turnier – vielen Dank für deinen Einsatz Lucie! Rechts sehen wir Pascal Flamant, der von Jules Armas ein Buch und eine Flasche Wein als Dank für sein Engagement in der Vorbereitung und Durchführung des Turniers, aber auch in stets aktuellen Berichterstattung auf der Homepage des Vereins: https://echiquier-medocain.fr/

Nach der Siegerehrung konnten sich alle Teilnehmer noch das wohlverdiente Fläschchen Wein abholen:

Am Tag zuvor hatte noch eine Wein-Probe vom Château L’Inclassable vor dem Spielsaal stattgefunden: Das Château ganz in der Nähe von Lesparre produziert absolut empfehlenswerte Bio-Weine und die Weingutsbesitzerin Sabine Fauchey stellte die Weine und die Geschichte des Gutes vor:

Die Kids vergnügten sich derweil mit einem kreativ selbst gebastelten Brett vor dem Spielsaal!

Doch natürlich ist Schach nicht alles! Wer ins Médoc kommt, der möchte neben dem Turnier vor allen Dingen die Natur genießen – und diese ist hier besonders schön und vielfältig!

Hourtin Plage, ungefähr sieben Kilometer noch vom See entfernt, bietet kilometerlange Strände, fast menschenleer, wenn man die bewachte Badezone hinter sich lässt.

Wandert man einige Kilometer nach Norden, kommt man an meinen Lieblingsstrand Pin Sec:

Aber auch am See von Hourtin gibt es wunderschöne Ecken:

Piqueyrot auf der anderen Seeseite – romantischer geht es kaum! Im nahegelegen Wald kann man herrlich wandern, laufen oder Fahrradtouren unternehmen.

Das Wein-Open und die Gironde sind also, wie man diesem Bericht entnehmen kann, immer eine Reise wert! Wer Feuer gefangen hat, der merke sich schon einmal die erste Juli-Woche 2025 vor, alle Details beizeiten auf der Homepage des Vereins Echiquier Médocain.


Eva Maria Zickelbein spielt seit vielen Jahren Schach und ist als Tochter von Christan Zickelbein fest mit dem Hamburger Schachklub verwachsen, für dessen Frauenbundesligamannschaft sie gespielt hat.
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