Anna Muzychuk gewinnt 3. ND-Frauen-Gala

von ChessBase
08.12.2008 – Zum dritten Mal hat das "Neue Deutschland" seine Internationalen ND-Damen-Schachgala durchgeführt. Am vergangenen Donnerstag waren mit Anna Muzychuk, Anna Zatonskuh und Almira Skripchenko drei interantionale Spitzenspielerinnen angetreten, um der der bisherigen Doppelsiegerin Elisabeth Pähtz die Titelverteidigung streitig zu machen. Am Ende gewann die 18-jährige Anna Muzychuk (Bild) das Finale gegen Anna Zatonskih, während Elisabeth Pähtz sich diesmal mit dem vierten Platz begnügen musste. Dr. Rene Gralla berichtet. Artikel im neuen Deutschland... , Stimmen zur Schach-Gala...Nachdruck...

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Einem unsichtbaren Pferd die Sporen geben

Von Dr. René Gralla
Fotos: ND/Burkhard Lange  

Beinahe hätte in der Hauptstadt die Revanche für Dresden geklappt. Elisabeth Pähtz, zweimalige Gewinnerin der Internationalen ND-Damen-Schachgala, war auf dem besten Weg, den Einzug ins Finale und damit den Hattrick zu schaffen. Die Fans fieberten jedenfalls kräftig mit, nach dem soliden, aber trotzdem wenig befriedigenden Abschneiden der 23-jährigen deutschen Frontfrau bei der Olympiade 2008. Doch alles Daumendrücken half nichts, am Ende fehlte bloß ein halber Punkt, und die gebürtige Erfurterin musste den Gang ins undankbare kleine Finale antreten. Als erste ging die Ukrainerin Anna Muzychuk (18) durchs Ziel vor der US-Meisterin Anna Zatonskih (25) und der gebürtigen Moldawierin Almira Skripchenko (32), die jetzt für Frankreich spielt.

"Jung und weiblich, das ist die wichtigste Tendenz im aktuellen Schach", sagte ND-Sportchef Michael Müller in seiner Begrüßungsansprache, und das war unübersehbar im Verlagsgebäude am Franz-Mehring-Platz, wo der Wettkampf in diesem Jahr zum ersten Mal ausgetragen wurde, nach der Premiere 2006 und dem Folgeturnier 2007 in den Räumen der Berliner Emanuel Lasker Gesellschaft. Nicht nur auf der Turnierbühne, unter den übergroßen Diagrammen, die jeden Zug der vier Kandidatinnen für die Zuschauer gut sichtbar darstellten, sondern auch im Publikum. Zu dem dieses Mal, neben den erfolgreichen Lösern des ND-Schachrätsels und Sportprominenz wie Schachbund-Geschäftsführer Horst Metzing, auch Schachnachwuchs von Berliner Schulen gehörte. Und da zeigte sich, dass die Mattjagd auf den König keineswegs nur Jungs begeistert, sondern auch viele Mädchen, allen voran Elisabeth Koch von der BSV Chemie 63 Weißensee; die Zehnjährige hat in ihrer Leistungsklasse schon eine Berliner Vizemeisterschaft geholt.

Der siebenjähriger Johnny Linh Vu Dieu und Großmeisterin Almira Skripchenko

"Wir möchten vor allem den Frauensport und den Breitensport fördern", so begründete ND-Verlagsgeschäftsführer Olaf Koppe das Engagement seiner Zeitung für das Denkspiel. Das wollte er ausdrücklich auch als Bildungsauftrag verstanden wissen, deswegen freute es ihn besonders, dass die Agentur Dorland, das Druckhaus Schöneweide und die Firma Mediaservice das Turnier gesponsert hatten. Von dem er "hofft, dass es eine Tradition begründet" habe, die auf jeden Fall auch über das Schachjahr 2008 mit WM und Olympiade in Deutschland hinaus fortgesetzt werde.

Bevor die Titelanwärterinnen zur ersten Runde antraten, stellten sie sich einem speziellen Warm-up. Die Schachkids durften die Profifrauen zu Schnellpartien fordern. "Eine gute Idee", lobte die Favoritin des Turniers, Anna  Muzychuk aus dem westukrainischen Lviv, in ihrer Altersgruppe U-20 immerhin die Nr. 2 der Welt. "Das ist eine ausgezeichnete Motivation für die Jugendlichen. Sie haben ja nicht so oft Gelegenheit, gegen gute Gegnerinnen zu spielen." Diese Chance nutzten auch Jenny Linh Vu Dieu (12) und ihr Bruder Johnny (7), die in Friedrichshain-Kreuzberg wohnen. Die Geschwister duellierten sich mit Anna Zatonskih beziehungsweise Almira Skripchenko, während Mutter Ha Vo Thi, deren Elternhaus in Saigon steht, stolz fotografierte. Klar, am Ende triumphierte Routine über unbekümmerte Frische, aber niemand nahm das tragisch. "Das war interessant", resümierte Jenny Linh Vu Dieu selbstbewusst. "Eigentlich war ich mit meiner Stellung ganz zufrieden, aber ich habe einfach zu lange überlegt und meine Bedenkzeit überschritten."

Das knappe Limit, um Aufgabe oder Kapitulation zu erzwingen - 15 Minuten plus 5 Sekunden Bonus pro ausgeführtem Zug in der Vorrunde, 20 Minuten plus 10 Sekunden Zugbonus im Finale - , das wurde auch das prägende Motiv im anschließenden Kräftemessen der Galadamen. Wieder einmal mehr demonstrierte Anna Zatonskih, wie sie die aktuelle Nr. 1 der US-Girls geworden ist. Dort hatte sie nämlich im nervenzerfetzenden Tie-Break nach dem berüchtigten "Armageddon-Modus" mit einem Abstand von Millisekunden ihre schärfste Verfolgerin Irina Krush abgehängt, und wie sich das anfühlt, das musste gleich zum Turnierauftakt Almira Skripchenko erfahren. Die Wahlfranzösin und Pop-Queen der Schachszene, hatte schon mehr Material erobert und dazu ausreichend Zeit auf der Uhr, als Anna Zatonskih plötzlich aufdrehte. Sie fixierte die Stellung, die Beine angewinkelt, als ob sie einem unsichtbaren Pferd die Sporen gab. Die Absätze ihrer Stiefel trommelten den Boden, oben hämmerte sie die Figuren auf den 64-Felder-Plan - und plötzlich war es aus, Anna Zatonskih hatte das Treffen gedreht.

In den nächsten Runden ein ähnliches Bild, Anna Zatonskih stürmte furchtlos ins Finale, für das sich die nach Elo-Rating mit 2508 Punkten hoch favorisierte Anna Muzychuk erwartungsgemäß ebenfalls qualifiziert hatte.
Das Pausen-Match gegen jene ND-Leser, die das Schachrätsel gelöst und damit ein Spiel gegen die Meisterinnen gewonnen hatten, war nicht mehr als eine Fingerübung für die Spitzenfrauen. Die Schlusstabelle des Turniers zeigte dann das Bild, das die meisten Experten vorausgesagt hatten: Ungeschlagen marschierte Anna Muzychuk durch (3,5 Punkte) und distanzierte Anna Zatonskih (2,5 P.). Almira Skripchenko legte einen Schlussspurt hin und überholte mit zwei Siegen (2,5 P.) Deutschlands Elisabeth Pähtz, die im Trostfinale zwei ehrenhafte, aber unglückliche Niederlagen kassierte (1,5 P.).

"Ein kämpferisches Finale", freute sich Paul Werner Wagner, Vorsitzender der Emanuel Lasker Gesellschaft: "So etwas hätte ganz sicher auch dem einstigen deutschen Weltmeister Lasker gefallen."
 

Stimmen zur 3. Internationalen ND-Damen-Schachgala
aufgezeichnet von Dr. René Gralla

Gala-Siegerin Anna  Muzychuk (18):

"Die Atmosphäre bei der Schach-Gala hat mir sehr gut gefallen. Ich bin zwar mit der höchsten Elo-Zahl - 2508 - in den Wettkampf gegangen, aber das war kein Selbstgänger. Es ist nicht leicht gewesen, das Turnier zu gewinnen: In einigen Partien kriegte ich richtige Schwierigkeiten, und ich habe dann manchmal auch einfach mehr Glück gehabt als meine Gegnerinnen. Ich freue mich schon auf die ND-Schachgala im nächsten Jahr." 

Anna Zatonskih (25), Platz 2:

"Ich möchte viel mehr solcher Turniere spielen, die liegen meinem Stil. Ich gehe immer bis zum Äußersten, ich will meine Fans nicht enttäuschen. Allerdings hätte ich mich heute wohl etwas mehr konzentrieren sollen, deswegen habe ich nicht durchgängig gut gespielt. Vielleicht hat mir am Ende auch bloß einfach die Kondition gefehlt, schließlich ist Schach ein Sport, und dafür musst du topfit sein."

Almira Skripchenko (32), Platz 3:

"Am Anfang hatte ich richtige Schwierigkeiten, in das Turnier reinzukommen, obwohl ich in allen Partien gewonnene Stellungen hatte. Das passiert mir oft: Je länger ein Turnier dauert, um so besser spiele ich, und so ist das auch heute gewesen. An Turnieren wie der ND-Schachgala werde ich immer teilnehmen. Weil sie eine wunderbare Promotion für Schach sind, insbesondere wenn wir auch mit Kindern spielen wie heute."

Elisabeth Pähtz (23), Platz 4:

"Die ND-Schachgala hat mir wieder großen Spaß gemacht, wie auch in den vorausgegangenen Jahren. Und für die Kinder ist das ganz toll gewesen, dass sie gegen uns spielen durften, das war eine sehr nette Idee. Was meine persönliche Form betrifft, so glaube ich, dass ich zur Zeit in keiner optimalen Verfassung bin. Taktisch habe ich einige Dinge einfach nicht gesehen, daher überrascht mich mein Abschneiden eigentlich nicht."    

 

 

 

 


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