11.01.2023 – Nach seiner Vizeweltmeisterschaft im Schnellschach geht es für Vincent Keymer im neuen Jahr gleich spannend weiter. Am Samstag beginnt das Tata Steel Turnier und Mitte Februar steht das neue WR-Chess Masters in Düsseldorf auf dem Programm. Die ARD-Sportschau veröffentlichte heute ein Portrait, in dem der junge Großmeister im Video auch zu verschiedenen aktuellen Fragen Auskunft gibt.
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Vincent Keymer ist der erste deutsche Schachspieler seit 50 Jahren, der das Talent und die Fähigkeiten hat, bis in die Weltspitze vorzustoßen. Schon bei seinen ersten Turnierteilnahmen als Kind bei verschiedenen offenen Turnieren zeigte sich sein großes Talent. Anfang 2015 blieb der damals erst Zehnjährige beim Pfalz Open unbesiegt, schlug zwei Großmeister und wurde schon Achter. Sein erstes großes Turnier hatte Vincent Keymer sogar schon im Jahr zuvor bei der Deutschen Meisterschaft in Verden/Aller.
Vincent Keymer mit zehn Jahren
2015/16 war Vincent Keymer in der inoffiziellen Jahrgangsliste der FIDE der weltbeste Spieler seiner Altersklasse. Drei Jahre später gewann Vincent Keymer mit nun dreizehn Jahren sensationell das Grenke Open, holte dort als einziger Spieler acht Punkte und ließ dabei solche Weltklassespieler wie Etienne Bacrot, Richard Rapport, Wang Hao, Dmitry Andreikin, Rustam Kasimdzhanov, Loek van Wely, Anton Korobov und Alexei Shirov hinter sich.
First picture of the proud winner of the GRENKE Open with 8/9, 13-year old Vincent Keymer with his coach Peter Leko and manager Hans-Walter Schmitt. Congrats, Vincent! #grenkeclassicpic.twitter.com/wI2QeTP9ol
Im folgenden Jahr durfte Vincent Keymer beim Grenke Classic mitspielen und schlug sich auch bei der Begegnung mit den weltbesten Spielern achtbar.
Danach ging es für das deutsche Supertalent weiter aufwärts, aber auch anderswo in der Welt gab und gibt es herausragende Schachtalente. Besonders Indien mit der riesigen Schachbegeisterung im ganzen Land bietet ein Füllhorn von jungen herausragenden Schachspielern. Während in anderen Ländern aber bei großen Sporttalenten pragmatische Lösungen für die Schulausbildung existieren, absolvierte Vincent Keymer die obligatorische starre deutsche Schulausbildung auf einem Gymnasium und schloss diese im letzten Jahr mit dem Abitur ab. Dem jungen Schachsportler wurden zwar für seine Turnierteilnahmen gewisse Freiheiten eingeräumt, Vincent Keymer musste jedoch immer den anstrengenden Spagat zwischen Schulausbildung und Schachtraining auf Profiniveau erledigen. Nicht zuletzt ist dies auch einfach eine Frage der verfügbaren Zeit.
Dank der Unterstützung durch die Grenke AG hatte Vincent Keymer bei seinem Schachtraining erstklassige Hilfe von Peter Leko.
Leko und Keymer beim Training (Foto: Grenke Chess)
Der Vizeweltmeister von 2004 nahm sich der Aufgabe an, aus dem "Rohdiamanten" einen Spitzenspieler zu formen. Der Großmeistertitel kam fast automatisch. Und nachdem Keymer jetzt auch sein Abitur in der Tasche hat, kann er den Angriff auf die Weltspitze starten.
Zwei Jahre Pandemie, mit Stillstand im Turnierschach 2020 und zeitweise auch noch 2021 waren für die Entwicklung der jungen Schachfreunde weltweit nicht unbedingt förderlich, aber sie haben diese Zeit auch nicht ungenutzt verstreichen lassen. Auf den verschiedenen Online-Plattformen tummelten sich die jungen Talente beim Internetschach und verbesserten sie ihre Fähigkeiten bei unzähligen Schnellschach-, Blitz- und Bulletpartien und den angebotenen Turnierserien mit diesen Bedenkzeiten. Auch Vincent Keymer war mit dabei.
Am Brett war der junge Deutsche aber ebenfalls erfolgreich. So wurde Keymer im Herbst 2021 in Reykjavik Vizeeuropameister.
Zum Jahresende 2022 reiste Keymer zu seiner ersten Teilnahme an einer Schnellschach- und Blitzweltmeisterschaft nach Almaty. Einige der Weltklasse-Gegner wird Keymer aus seinen Begegnungen im Internet gekannt haben. Ein großes Schnellschach- oder Blitzturnier in einem Turniersaal mit vielen anderen Spielern und physisch präsenten Gegner, ist aber noch einmal eine andere Geschichte.
In diesem Sinne war es für die Fans von Vincent Keymer und für ihn selber auch spannend zu sehen, wie das gegen die besten Spieler der Welt ausgehen würde. Es ging sehr gut aus. Vincent Keymer spielte im Schnellschach um den Titel mit und wurde nur ganz knapp von Magnus Carlsen überflügelt, um einen halben Punkt. Keymer wurde Vizeweltmeister. Im Turnierverlauf zeigte der junge deutsche Großmeister, dass er jeden Spieler der Welt schlagen kann. Nur Carlsen fehlt noch auf der Liste.
Im folgenden Blitzturnier hatte Keymer dann einen etwas holprigen Start, arbeitete sich im weiteren Verlauf wieder ganz nach oben und verpasste in der vorletzten Runde knapp den Sprung auf die Podiumsplätze. Hier wurde er 13ter, was angesichts des quantitativ und qualitativ dichten Feldes auch eine starke Leistung ist.
Der 18-jährige Vincent Keymer ist in der Weltspitze angekommen und vermutlich schon sehr viel besser, als es seine Elozahl im klassischen Schach aussagt. Die Wertungszahl muss jetzt noch durch Erfolge bei klassischen Turnieren, von denen es im Streaming-Entertainment-Zeitalter immer weniger zu geben scheint, auf das passenden Niveau gebracht werden. Keymer, der mit beiden Beinen fest auf der Erde steht und die Dinge realistisch einschätzt, meinte in Interviews, dass er ein wenig überrascht war, wie nah er schon an der Weltelite dran ist. Er habe aber noch Potenzial und ist auch nicht der Meinung, dass er auf den kurzen Distanzen besser sei als im klassischen Schach.
Mit den jüngsten Erfolgen ist Vincent Keymer in jedem Fall ein passender Ansprechpartner für die Organisatoren von Topturnieren und erhält Einladungen. So stehen nun zwei anspruchsvolle Aufgaben vor dem jungen deutschen Großmeister.
Am Samstag beginnt das Tata Steel Turnier in Wijk aan Zee, bei dem Vincent Keymer sich in einem erstklassigen Feld mit absoluten Topspielern und einem Rudel junger Toptalente in seinem Alter bewähren kann.
Nach einer kurzen Pause geht es zwei Wochen später schon gleich mit dem nächsten Topturnier weiter. Vincent Keymer ist einer von zehn Spitzenspielern beim neuen WR-Chess Masters in Düsseldorf.
Neben Vincent Keymer spielen Ian Nepomniachtchi, Andrey Esipenko, Anish Giri, Wesley So, Levon Aronian, Jan-Krzysztof Duda, Gukesh Dommaraju, Praggnanad Rameshbabu und Nodirbek Abdusattorov. Das Turnier dauert vom 15. bis 26 Februar mit einigen interessanten Rahmenveranstaltungen. Spiritus Rector und Sponsor des Turniers ist der Düsseldorfer Unternehmer Wadim Rosenstein.
Zum Ausgang des letzten Turnierjahres musste sich die Sport- und Schachwelt mit einem unangenehmen anderen Thema beschäftigen, dem so genannten "Cheating". Der etwas verharmlosende Begriff bezeichnet den Betrug im Schach mit Hilfe von Computern. Magnus Carlsen stieg im Herbst letzten Jahres aus dem Turnier in Saint Louis aus, nachdem er gegen den jungen US-Großmeister Hans Niemann verloren hatte. Bald danach weigerte der Weltmeister sich, gegen Niemann bei einem Online-Turnier zu spielen. Mehr oder weniger deutlich bezichtigte der Weltmeister Niemann des Computercheatings. Einige Zeit später verklagte Niemann Carlsen und einige andere wegen Rufschädigung. Über die Angelegenheit wurde weltweit intensiv berichtet.
Die ARD-Sportschau veröffentlichte einen Beitrag über Vincent Keymer, in dem die deutsche Nummer Eins auch im Video zu verschiedenen Fragen Auskunft gibt, zu seiner Karriere, zu Magnus Carlsen, aber auch zu dem Problem des Cheatings im Schach.
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