
Text: Irina Sudakova
Partiekommentar: Dmitry Kryakvin
Fotos: Elena Mikheeva, Igor Ignatiev, Victor Zaitsev
Website: www.totalchess.spb.ru
“Baltic Queen” ist der Name eines brandneuen Schachturniers, das im “Venedig
des Nordens”, im russischen St. Petersburg, stattfindet. Die Idee zu einem
solchen Turnier kam 2007 auf, als Finec, eine Vereinsmannschaft aus unserer
Stadt, fünften Geburtstag feierte – nicht unbedingt ein Jubiläum, aber doch
ein ordentliches Alter für eine Mannschaft. Aus einer Reihe von Gründen ließ
sich das Projekt nicht eher realisieren, aber Mannschaftskapitän Vladimir
Bykov gibt nie auf, und obwohl die Mannschaft Name und Sponsoren gewechselt
hat, sind wir am Ziel – die stärksten Spielerinnen aus ganz Europa sind nach
St. Petersburg gekommen, um gegen unsere Stadtmannschaft anzutreten.
Drei der Gäste haben nicht nur den Frauen- sondern auch den
Männergroßmeistertitel – Pia Cramling, Ketevan Arakhamia-Grant und Zhaoqin
Peng, und dadurch ergibt sich die seltene Gelegenheit, in einem
Frauenturnier eine GM-Norm zu machen.
St. Petersburg wurde 1703 im Verlaufe eines Krieges von Peter dem Großen
gegründet, in einem Sumpfgebiet, wo die Newa in die Ostsee fließt. Die Stadt
hat drei Mal ihren Namen gewechselt, im Zweiten Weltkrieg 900 Tage Blockade
überlebt und ist jetzt für ihr regnerisches und windiges Wetter, die “weißen
Nächte” und ihre Zugbrücken bekannt.
Der Weg von der nächsten U-Bahnstation ist an einem sonnigen Tag schön –
alles lässt sich in zehn Minuten zu Fuß erreichen:
Newski-Prospekt, die Hauptstrasse St. Petersburgs
Das berühmte Denkmal von Katharina der Großen
Das Alexandrinsky-Theater
Ein Strasse, die von Carl Rossi entworfen und nach ihm benannt wurde und die
berühmt für ihre perfekten Proportionen ist
Der Lomonosov-Platz und das Hotel “Rossi”
Und wir sind am Ziel. Leider musste das Turnierbanner wegen des starken
Windes abgehängt werden.
Blick vom Spiellokal auf die Fontanka
Was die Schachtradition betrifft, so hat der Gründer der russischen
Schachschule, Mikhail Chigorin, in St. Petersburg gelebt, genau wie
Alexander Aljechin, Mikhail Botvinnik, Boris Spassky, Anatoly Karpov, Victor
Kortschnoi, Ljudmila Rudenko, Kira Zvorykina und Irina Levitina. Heute wird
das Schach in St. Petersburg von den bekannten Spitzengroßmeistern Peter
Svidler und Alexander Khalifman repräsentiert, ebenso wie von jüngeren
Spielern wie Evgeny Alekseev und Nikita Vitiugov und russischen
Spitzenspielerinnen wie Ekaterina Korbut und Anastasia Bodnaruk.
Die Eröffnungsfeier:
Georgy Fokin, der Präsident des Schachverbands von St. Petersburg und
Direktor der “Gazprom Transgaz St.Petersburg” begrüßt die Gäste
Vladimir Bykov, Vize-Präsident des Schachverbands von St. Petersburg freut
sich, ein weiteres Frauenturnier in unserer Stadt organisieren zu können
Ehrengast Ekaterina Korbut, die (zusammen mit Georgy Fokin) für die
Auslösung verantwortlich war und ihre Sache sehr gut gemacht hat – schade
ist allerdings, dass sie nicht selber am Turnier teilgenommen hat.
Nummer 4 für Ekaterina Atalik
Nummer 7 für Viktorija Cmilyte
Rosen für Elisabeth
und die anderen Spielerinnen
Brett 1 und 2 von St. Petersburg sind guter Stimmung
Dmitry Kryakvin und Elena Tomilova – ein weiteres Schachpaar, das vor kurzem
geheiratet hat.
Wir glauben, dass sie noch weiter Fortschritte machen und bald auf eine
Durchschnittselo von 2500 kommen können
Die an Eins gesetzte Pia Cramling liegt mit 4/5 in Führung
Ekaterina Atalik hat ebenfalls 4/5
Heutzutage ist es nicht leicht, Schokolade zu bekommen…
Das Spiellokal
Irina Turova
Pia Cramling
Elisabeth Pähtz
Zhaoqin Peng
Ketevan Arakhamia-Grant
Victorija Cmilyte
V.Cmilyte – K. Arakhamia, Е63, Runde 2
Die meist gespielte Eröffnung des Turniers ist Königsindisch. Bislang hatte Schwarz aber im Fianchetto-System mit Sc6 nebst a6 mit Problemen zu kämpfen. 1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.g3 Lg7 4.Lg2 O-O 5.Sc3 d6 6.Sf3 Sc6 7.O-O a6 8.h3 Ld7 In Runde 4 versuchte es Ketevan gegen Julia Demina mit 8... Tb8 9.e4 Sd7, aber geriet erneut in Schwierigkeiten.
9.e4 e5 10.dxe5 dxe5 11.Le3 Le6 12.b3 Diese Stellung ist Viktorija Cmylite durchaus vertraut. Nach 12.Da4 b5 hat Schwarz angenehmes Spiel, wie die Partie Jussupow – Socko gezeigt hat: 13.cxb5 axb5 14.Dc2 Sd4 15.Lxd4 exd4 16.Tfd1 c5 17.Sxb5 Dd7 18.a4 Lxh3 19.e5 Lxg2 20.Kxg2 Sd5 21.Dxc5 Sf4 22.gxf4 Dg4 23.Kf1 Dxf3 24.Dxd4 Tad8 25.Sd6 Txd6 26.Dxd6 Dh1 27.Ke2 De4. Ein spektakuläres Remis!
12... Dc8 Eine Möglichkeit, die Stellung zu verwickeln. Alexei Shirov spielte hier einfach 12... Te8, womit Schwarz e5 deckt und seinen Springer ins Zentrum bringen will, nachdem die weiße Dame den Rückzug angetreten hat. Beachtung verdient auch 12... Dxd1 13.Tfxd1 Tfd8, was B.Socko gespielt hat.
13.Kh2 Td8 Eine Idee von Viorel Bologan. 13... h6 14.Dc1 g5 geschah in der dritten Runde zwischen N.Zhukova - A.Bodnaruk, und hier kam Weiß mit der Überführung des Springers nach d3 nebst f2-f4 zu starkem Angriff.
14. Dc1 a5 Schwarz will aktiv spielen. 14... Sd4 15.Sxe5 Sxe4 16.Sxg6 funktioniert nicht.
15.Sg5 Sd4 16.f4 Sh5? Ein Fehler. Notwendig war 16... exf4 17. gxf4 Sh5. Natürlich hat Weiß Raumvorteil, aber ihr König steht gefährdet. Wenn Schwarz zu c6 und Dc7 kommt, dann ist alles okay.
17. Lxd4 Txd4? Ein Rechenfehler, der entscheidet. Nach 17... exd4 18.Sd5 ist die schwarze Stellung zwar alles andere als schön, aber bietet Überlebenschancen.
18.f5! Jetzt erobert Weiß d5 für seine Figuren und damit ist die Partie praktisch entschieden.
18... gxf5 18... Ld7 19.Sd5 ist ebenfalls schlecht.
19.exf5 Ld7 20.Ld5! Txd5 f7 kann nicht verteidigt werden, 20... Le8 wird mit 21. Se6 beantwortet.
21.Sxd5 Dd8 22.Se4 c6 23.Sdc3 Weiß hat Angriff und eine Qualität mehr. Viktorija gewann souverän. 23...Sf6 24.Sxf6 Lxf6 25.Se4 Le7 26.f6 Lf8 27.Dg5 Kh8 28.Tad1 De8 29.Dh5 h6 30.Sd6 De6 31.Sxf7 1:0
K. Arakhamia – I.Turova, Runde 3
Eine dramatische
Partie. In beiderseitiger Zeitnot übersah Irina Turova eine hübsche
Kombination ihrer Gegnerin.
35...c6?! Das
kaltblütige 35...Kb8 36.Dxg5 fxg5 37.Lxa8 gxf2 38.Lg2 Sxc4 39.Kc3 Se3 40.Lf1
führte zum Remis.
36.Lxc6 Sxc6 37.Dxd6! Jetzt steht Schwarz vor einer schweren Entscheidung. Irina nahm den Läufer, wahrscheinlich hat sie gedacht, dass Weiß nicht mehr als Dauerschach hat. 37...gxf2? 37...Tc8? 38.Te1!! hilft Schwarz nicht; 37...Sa5? 38.Dxb6 Kc8 39.Dc5 Kb8 40.Tg1 führt ebenfalls zum Verlust. Die einzige Möglichkeit war 37...Se5!! 38.Dxb6 Kc8 39.Dc5 Kb8 (39...Kb7 40.Dd5 Kb8 41.Lc5) 40.Td1 Ld3! (40...Ld7 41.b6) 41.cxd3 gxf2 42.Df8 Kb7 43.De7 Kc8 44.b6 Sxc4 45.dxc4 De5 mit Remis, da Schwarz den Bauern b6 beseitigen kann.
38.Dxc6 Kb8 39.Dxb6 Kc8 40.Dc6 Kb8 41.Td1 Der schwarze König sitzt in der Falle.
41...Dg8 42.Db6 Kc8 43.Dc5 Kb7 44.Td6 Ta2 45.Kxa2 Da8 46.Ta6 1:0
Der Ruhetag erwies sich als
Herausforderung für die Teilnehmerinnen, die der Einladung zu einem Besuch
des Peterhofs gefolgt waren. Das Wetter war schlecht und am Ende des
Ausflugs gab es noch einen heftigen Regenschauer, dessen Wucht nicht zu
entkommen war. Dieses Missgeschick wurde später in einem Restaurant
kompensiert, in dem die Gäste mit Glühwein und klassischer russischer Küche
bewirtet wurden.
Ausflug zum Peterhof an einem typisch grauen Tag
Der Palast
Mit Teilnehmerinnen und Gästen davor
Der berühmte “Samson”
Der Park des Peterhofs
Ketevan Arakhamia-Grant
Von Peter dem Großen errichtete Grotten
Ein zur Zeit Peters beliebter Scherz – ein Tisch mit Obst, aus dem plötzlich
Wasser spritzt
Pia Cramling
Ekaterina und Suat Atalik
Alle hören einem der Toasts zu
Und natürlich waren fast alle an Frauen gerichtet
Unserer Kommentator Dmitry Kryakvin hat immer etwas zu sagen
Natalia
Zhukova
Suat Atalik
Zhaoqin Peng
Elisabeth Pähtz
“Elena Prekrasnaya” und der graue Wolf
Das Organisationsteam:
Professor Igor Blechzin und Vladimir Bykov
Irina Sudakova
Elena Mikheeva