Blitz-WM: Carlsen und Nepomniachtchi teilen sich den Titel, Ju gewinnt Frauenturnier

von Carlos Colodro
01.01.2025 – Die Blitz-Schachweltmeisterschaft 2024 endete mit einer Überraschung: Im Finale entschieden sich Ian Nepomniachtchi und Magnus Carlsen, ihre eigenen Regeln aufzustellen und das Match nach sieben Partien beim Stand von 3,5-3,5 abzubrechen und den Titel zu teilen. Im Frauenturnier sicherte Ju Wenjun, die amtierende Weltmeisterin im klassischen Schach, durch einen Finalsieg gegen Lei Tingjie auch die Weltmeisterschaft im Blitz-Schach. | Foto: FIDE / Michal Walusza

ChessBase 18 - Megapaket ChessBase 18 - Megapaket

Das Wissen, das Du jetzt brauchst!
Die neue Version 18 bietet völlig neue Möglichkeiten für Schachtraining und Analyse: Stilanalyse von Spielern, Suche nach strategischen Themen, Zugriff auf 6 Mrd. LiChess-Partien, Download von chess.com mit eingebauter API, Spielervorbereitung durch Abgleich mit LiChess-Partien, eingebaute Cloud-Engine u.v.m..

Mehr...

Finale der Blitz-Weltmeisterschaft

Das Finale der Blitz-Weltmeisterschaft war ein K.o.-Turnier der acht bestplatzierten Spieler der Vorrunde. Magnus Carlsen traf im Viertelfinale auf Hans Niemann, angesichts der Vorgeschichte der beiden eine brisante Begegnung.

Die Wettkämpfe gingen zunächst über vier Partien und nach einem Remis in Partie 1 stand Carlsen nach einer Niederlage in Partie 2 mit dem Rücken zur Wand. Doch mit Siegen in den Partien 3 und 4 konnte er das Ruder noch herumreißen und den Wettkampf knapp mit 2,5-1,5 für sich entscheiden.

Die anderen Begegnungen des Viertelfinales verliefen deutlich klarer: Ian Nepomniachtchi gewann 2,5-0,5 gegen Volodar Murzin, Wesley So kam zu einem 3-1 Sieg gegen Alireza Firouzja und Jan-Krzysztof Duda besiegte Fabiano Caruana mit 2,5-0,5.

Hans Niemann, Magnus Carlsen

Nach seinem entscheidenden Sieg in der vierten Partie des Wettkampfs war Carlsen sichtlich erleichtert. | Foto: FIDE / Lennart Ootes

Im Halbfinale hatte Carlsen weniger Mühe und kam zu einem klaren 3-0 gegen Duda. Das zweite Halbfinal-Match zwischen Nepomniachtchi und So ging allerdings in die Verlängerung, nachdem es nach vier Partien 2-2 Unentschieden stand.

In vielen Turnieren der letzten Zeit setzte man in solchen Fällen auf einen Armageddon-Tiebreak, aber in New York hatte man sich für einen "Sudden Death" Modus entschieden - es wird so lange gespielt, bis eine Partie mit einer Entscheidung endet. Im Wettkampf zwischen Nepomniachtchi und So war das die fünfte Partie, die Nepomniachtchi gewann und sich so für das Finale qualifizierte.

Damit lautete das Finale wieder einmal Carlsen gegen Nepomniachtchi. Carlsen war Favorit und ging mit Siegen in Partie 1 und 2 auch 2-0 in Führung. Doch dann schlug Nepomniachtchi zurück: Er gewann die dritte Partie und entschied danach mit einer hübschen Schlusskombination auch die vierte Partie für sich.

Schwarz gewinnt mit 31...Se3+: Nach 32.fxe3 gewinnt Schwarz mit 32...Tg8+ und nach 32.Dxe3 hat Schwarz das vernichtende Abzugsschach 32...d4+.

Damit war das Match wieder offen. Doch nach drei Partien, die alle Remis endeten und die Spannung immer höher werden ließen, fand der Wettkampf plötzlich ein überraschendes Ende: Beim Stande von 3,5-3,5 schlug Carlsen, der in Partie 8 Weiß hatte, Nepomniachtchi offensichtlich vor, den Titel zu teilen. Nepomniachtchi war einverstanden und während die Zuschauer noch spekulierten, ob ein solches Ende nach den Regeln überhaupt möglich war, wurde von offizieller Seite bestätigt, dass Carlsen und Nepomniachtchi den Titel tatsächlich teilen können. Eine echte Neuerung, denn in der Geschichte der Schachweltmeisterschaften war es noch nie zu einer Teilung des Titels gekommen.

Ian Nepomniachtchi, Magnus Carlsen

Ein spannender Wettkampf mit unerwartetem Ende | Foto: FIDE / Lennart Ootes

World Blitz Chess Championship 2024

Regeldiskussionen mit dem Schiedsrichter | Foto: FIDE / Lennart Ootes

Carlsen erklärte später: "Es war ein langer Tag. Wir haben viele Partien gespielt und ich hatte das Gefühl, weiterzuspielen wäre zuviel gewesen. Den Titel zu teilen schien mir das Richtige zu sein."

Nicht alle waren dieser Meinung. So schrieb der norwegische Journalist Tarjei J. Svensen auf X:

Ich weiß nicht mehr, wie oft ich schon mit Leuten darüber diskutiert habe, dass "Sudden Death" anstelle von Armageddon ein guter Tiebreak ist. Jetzt sehen wir das Problem. [...] Ich weiß nicht, in welcher Sportart sich die Spieler einfach darauf einigen können, den Titel zu teilen, aber so etwas sollte nicht passieren.

Auch Niemann sparte nicht mit Kritik:

Erst verzichtet die FIDE darauf, Carlsen zu sanktionieren, jetzt schaffen sie eine neue Regel. Es scheint, als hätte der Schachverband nicht die Absicht, unparteiisch zu sein. Sie scheinen sich nur für die Meinung eines Spielers zu interessieren.

Hans Niemann

Hans Niemann | Foto: FIDE / Lennart Ootes

Wesley So, Ian Nepomniachtchi

Nepomniachtchi nach seinem Sieg gegen So | Foto: FIDE / Michal Walusza

Jan-Krzysztof Duda

Jan-Krzysztof Duda | Foto: FIDE / Lennart Ootes

Die Partien des Finales

Ju Wenjun gewinnt das Frauenturnier

Auch im Frauenturnier ging das Finale zwischen Ju Wenjun und Lei Tingjie in die Verlängerung, aber die beiden Chinesinnen, die 2023 auch um die Weltmeisterschaft im klassischen Schach gespielt hatten, kämpften bis zur Entscheidung. Die fiel in der sechsten Partie zugunsten von Ju.

Ju Wenjun

Ju Wenjun, die Weltmeisterin im klassischen und im Blitz-Schach | Foto: FIDE / Michal Walusza

Ju Wenjun, Lei Tingjie

Ein kurzer Austausch nach dem Wettkampf | Foto: FIDE / Michal Walusza

Die Partien des Finales

Turnierseite


Carlos Colodro stammt aus Bolivien und ist Spanisch-Philologe. Seit 2012 arbeitet er als freier Übersetzer und Autor. Schach, Literatur und Musik sind seine großen Leidenschaften.
Diskussion und Feedback Senden Sie Ihr Feedback an die Redakteure