ChessBase 17 - Megapaket - Edition 2024
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Nach 36 Jahren der Förderung hat das Bundesinnenministerium in diesem Jahr den Antrag des Deutschen Schachbundes auf Fortsetzung der Förderung abgelehnt. Grundsätzlich möchte sich der Deutsche Olympische Sportbund und das Innenministerium bei der finanziellen Förderung mehr auf olympischen und dort besonders auf die medaillenträchtigen Sportarten konzentrieren. Von den 140 Mio. Fördergeldern gehen 96% an die olympischen Sportarten, nur 4% an nichtolympische Sportarten.
In der Formulierung seiner Fördergrundlage verwendet der DOSB eine Sportdefinition, die sich auf die Bewegung des Sportlers konzentriert und bestimmte Beschäftigungen vom Sport ausschließen will:
"Die Ausübung der Sportart muss durch eine eigene, sportartbestimmende motorische Aktivität des Sportlers gekennzeichnet sein, die nicht überwiegend in der Bewältigung technischen, motorgetriebenen Geräts besteht. Diese eigenmotorische Aktivität liegt insbesondere nicht vor bei Denksport-, Geschicklichkeits- und Glücksspielen, Bastel-, Funk-, Computer- und Modellbautätigkeiten."
Schach, Gründungsmitglied des Deutschen Sportbundes nach dem Krieg, würde damit als Sport ebenfalls ausgeschlossen, wurde aber bisher immer noch durch eine Ausnahme oder Bestandschutzregel geschützt. Diese Ausnahmeregel war, so scheint es, dem Innenministerium stets ein Dorn im Auge und es verlangte nach einer schlüssigeren Bestimmung der Fördergrundlage durch die Sportverbände. Im DOSB leistete man das nur insofern, indem man die Ausnahmeregel für das Schach strich, sich aber über eine bessere Definition von Sport keine Gedanken machte. Einse solche wäre möglich, wenn man neben Bewegung auch Wettbewerb und Organisation als Kritierien für "Sport" zugrunde legt.
Der DOSB empfahl das Schach in seiner Mitgliederversammlung nun über einen Appendix weiter als förderwürdig, doch im Innenministerium wollte man dies nicht anerkennen. Da die Mitglieder des DOSB beides beschlossen haben, definierte Fördergrundlage und Förderempfehlung für das Schach, müsste für das BMI, das sich ausdrücklich auf den "einstimmigen Beschluss" der Sportverbände beruft, auch beides bindend sein. Doch in diesem Punkt ignoriert das BMI die Vorgabe durch die Sportverbände. Außer dem Schach waren neben anderen übrigens auch die langjährig geförderten Initiativen "Jugend trainiert für Olympia" und "Jugend trainiert für die Paralympics" betroffen.
In einer Beratung des Haushaltsausschusses fiel diese Diskrepanz auf und es herrschte schnell Einigkeit darüber, dass Schach und die beiden Jugendförderprogramme auch weiterhin durch das Bundesinnenministerium gefördert werden sollten. In einem Interview, das Norbert Wallet mit dem Sprecher des Haushaltsausschusses Norbert Barthle führte, erläutert der Vertreter des Kontrollorgans die Motive der Parlamentarier. Das Interview erschien in der aktuellen Ausgabe von Schach-Magazins 64.
Inzwischen sind diese Informationen allerdings von den neuesten Entwicklungen schon wieder überholt. Das Bundesinnenministerium zeigt sich nämlich erstaunlich hartnäckig in seinem Bemühen, Schach aus der Förderung zu kicken, und teilte bei einem Treffen mit den Vertretern des Schachbundes mit, dass man die Empfehlung des Haushaltsauschusses zwar als Ermächtigung, aber keineswegs als Verpflichtung versteht. In anderen Worten: Man darf, aber man muss nicht.
Nun ist am Thema "Förderung des Schachs" ein interessanter Präzedenzfall entstanden, bei dem Exekutive (Regierung) und Vertreter der Legislative (Parlament) unterschiedlicher Auffassung sind. In der Schule haben wir noch gelernt, dass die Regierung und Verwaltung die Vorgaben des Parlaments umsetzt. Man darf gespannt sein, zu welchem Ende diese Angelegenheit hier kommen wird.
Nachdruck des Interviews mit freundlicher Genehmigung von Schach Magazin 64
Die Nachricht über die geplante Streichung der o.g. Fördermittel (vgl. auch das Interview mit Eberhard Gienger in der letzten Ausgabe auf Seite 50) schlug hohe Wellen. Erfreulicherweise kann nun eine Entwarnung gegeben werden. In einem von Norbert Wallet geführten Interview erklärt der Politiker Norbert Barthle, wie sich die Sache doch noch zum Guten wendete.
Herr Barthle, die Nachricht von der Streichung der staatlichen Fördermittel hat die Schachsportler genau so unvermittelt getroffen wie die freudige Meldung vom Happy End der ganzen Angelegenheit. Wie kam es denn zur glücklichen Wendung?
Ich habe mich über das spezielle Anliegen des Schachsports lange mit meinem Kollegen Martin Gerster von der SPD unterhalten. Wir sind zum Ergebnis gelangt, dass dem Schach geholfen werden kann, wenn das Thema eingepackt wird in ein Gesamtpaket, das alle nicht-olympischen Sportarten einschließt. Die wollten wir in ihrer Förderung insgesamt verstetigen. Dafür haben wir nun eine Regelung getroffen.
Was war der entscheidende Hebel?
Für uns war von Anfang an klar, dass wir das Votum des Deutschen Olympischen Sportbundes ernst nehmen müssen. Der hat zwar seine Förderkriterien im Herbst 2013 neu gefasst, aber dabei versäumt, die Ausnahmeregelung für den Schachsport ausdrücklich wieder mit aufzunehmen. Nach den neuen Kriterien war es also klar, dass das zuständige Innenministerium sagte, nach diesen Maßstäben kann man Schach nicht fördern. Wir haben aber gegenüber dem Ministerium auf den Hinweis Wert gelegt, dass es bei der Bundesversammlung des DSOB eine Abstimmung unter allen Mitgliedsverbänden gegeben hatte, die sich einstimmig dafür aussprachen, den Schachsport weiterhin zu fördern. Auch die Vizepräsidentin Christa Thiel hatte vom Podium aus nochmal klar gemacht, dass Schach aufgrund seiner internationalen Anerkennung in Deutschland weiter gefördert werden solle. Wir haben dann dem Innenministerium klar gemacht, dass man dieses Votum ernst nehmen sollte.
Wir dürfen uns also bei dem baden-württembergischen Duo Barthle/Gerster bedanken?
Hm, ich denke, das kann man schon so sagen.
Die ganze Angelegenheit ist ja das Musterbeispiel missglückter Kommunikation. Welche Konsequenzen muss man daraus ziehen?
Der Schachbund sollte unbedingt beim DOSB darauf dringen, dass das Präsidium die Sonderregelung für den Schachsport wieder direkt in die Förderkriterien aufnimmt – ob per Fußnote oder wie auch immer. Das würde die Sonderabstimmungen außerhalb des Kriterienkatalogs überflüssig machen.
Gibt es beim geldgebenden Innenministerium eine Grundskepsis gegenüber dem Schach, weil man dort vor allem auf medaillenträchtige Olympia-Sportarten setzt?
Das Bundesinnenministerium ist sicher gemeinsam mit dem DOSB daran interessiert, dass diejenigen Sportarten besonders gefördert werden, in denen wir auch besonders erfolgreich sind – gerade bei internationalen Großveranstaltungen. Das ist kein Geheimnis. Bis zum kommenden Jahr wird im BMI ein neues Grundkonzept „Förderung des Leistungssports“ erstellt. In dem Zusammenhang steht sicher eine Schwerpunktsetzung zugunsten der olympischen Sportarten.
Hängt denn das Damokles-Schwert der Kürzung nun Jahr für Jahr aufs Neue über dem Schachbund?
Nein. Wir haben für eine Regelung gesorgt, die das verhindern soll. Künftig sollen die nicht olympischen Sportarten immer vier Prozent des Betrages erhalten, der insgesamt für alle Disziplinen ausgeschüttet wird. Diese Förderung war in den vergangenen Jahren sehr schwankend. Die Vier-Prozent-Regelung gibt wenigstens eine gewisse Grundkonstante.
Täuscht der erstaunliche Eindruck, dass bei den Haushaltspolitikern mehr Verständnis für den Schachsport anzutreffen war als bei den Sportpolitikern?
Der kann schon zutreffen.
Muss der Schachsport langfristig eher darauf setzen, dass er aus anderen Töpfen gefördert wird – etwa aus dem Kulturetat?
Nein, eher nicht. Schach ist sicher ein Kulturgut, aber das gilt auch für viele andere Sportarten. Und im Kulturbereich geht es um Themen wie Förderung kultureller Denkmale, um Filmförderung, um die Digitalisierung des Kinos, um Theater, Kleinkunst und ähnliches. Ich sehe nicht, wie sich Schach da eingliedern soll.
Der Schachbund muss sich nicht verstecken. Er hat mehr Mitglieder als – nur zum Beispiel – die Ruderer. Fehlt ein fester Ansprechpartner für die Politik?
Ein solcher fester Ansprechpartner wäre sicherlich eine gute Sache. Ich habe mich zum Beispiel beim vorliegenden Thema überwiegend über den DOSB und das BMI informiert, nicht speziell über den Schachbund. Da wusste ich auch nicht, an wen ich mich wenden sollte.
Spielen Sie eigentlich selbst Schach?
Ja, ich bin Hobbyschachspieler, also nicht im Verein. Aber ich spiele innerhalb der Familie und im Bekanntenkreis, auch gerne im Urlaub mit meinen Söhnen.
Das Interview erschien in der Juli-Ausgabe von Schach Magazin 64
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