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Bundesliga: Die Internationale deutsche Mannschaftsmeisterschaft...?
Die Deutsche Bundesliga hat die liberalste Ausländerregelung aller Ligen. Nicht nur, dass Schachspieler in beliebiger Anzahl aus EU-Ländern gemeldet werden dürfen, auch in Bezug auf Länder außerhalb der EU gibt es keinerlei Einschränkungen mehr. In früheren Zeiten gab es noch eine Beschränkung auf zwei Ausländer, die in einer Mannschaft zum Einsatz kommen durften. Im Dezember 1995 fällte der Europäische Gerichtshof nach Anrufung durch ein belgisches Gericht das berühmte Bosman-Urteil, in dem Profifußballer mit anderen Arbeitnehmern gleich gestellt wurden. Gleichzeitig wurde das damals im Fußball übliche System, auch nach Vertragsende Ablösesummen zu fordern, als rechtswidrig beurteilt.
Auf dem Kongress des Deutschen Schachbundes Bad Segeberg 1996 wurde beschlossen, das Bosmann-Urteil mit der Saison 1996/97 auch für die Schachbundesliga umzusetzen, nachdem der Bundesligist PSV Duisburg durch Meldung von drei Ausländern einen Präzedenzfall geschaffen hatte. Im Jahr 2004 erlaubte der Deutsche Schachbund beliebig viele Ausländer auch aus Ländern außerhalb der EU, um "die Diskriminierung von Nicht-EU-Bürgern" zu beenden.
Seitdem vergrößert sich sukzessive der Anteil ausländischer Spieler in
der Bundesliga, der Anteil der deutschen Spieler wird damit korrespondierend von Jahr zu Jahr
geringer. In der kommenden Saison sind nur noch 35 der 128 für die Bretter
eins bis acht gemeldeten Spieler
Deutsche, genauer: in der deutschen Eloliste als Deutsche geführt. Der Trend
setzt sich auch in die unteren Ligen fort. Selbst in den Zweiten Ligen gibt
es schon sechs Mannschaften, die mit nur einem einzigen deutschen Spieler in den
Top Acht auskommen.
Die Kritiker dieser Entwicklung sehen die Identität des Mannschaftsturniers
als Deutsche Bundesliga bzw. nationale Mannschaftsmeisterschaft allmählich
verloren gehen. Die Verteidiger bzw. Verwalter der gegenwärtigen Regelung verweisen
achselzuckend auf
das Bosman-Urteil und dessen juristischen Vorgaben. Bisher
ist jedoch noch nicht eindeutig geklärt, ob die im Bosman-Urteil erfolgte Gleichstellung
eines fest angestellten Profifußballers mit anderen fest angestellten
Arbeitnehmern innerhalb der EU in Bezug auf freie Wahl des Arbeitsplatzes
überhaupt mit der Situation im Schachligabetrieb vergleichbar ist. Im Schach
gibt es z.B. keine fest angestellten Arbeitnehmer.
Verantwortlich für den Trend, mit immer mehr Ausländern zu spielen, sind die
Vereine, die entweder versuchen, mit möglichst spielstarken internationalen
Stars um die Meisterschaft zu kämpfen, oder aber mit kostengünstigen
Ausländern und möglichst geringem finanziellen Aufwand am Spielbetrieb der
Bundesliga teilzunehmen. Eine gemeinsame Linie, ein gemeinsames Ziel und
eine Vorgabe durch die Leitung der Bundesliga gibt es nicht. Früher der
Verband, nun dessen Nachfolger für die Erste Bundesliga, die Bundesliga
e.V., verwaltet nur den Status Quo und scheint zu keiner gemeinsamen
Willensbildung in die eine oder oder die andere Richtung fähig. Die
einzelnen Verein argumentieren dabei jeweils nur aus ihrer aktuellen
Bedarfssituation. Da die Bundesliga e.V. sich jedoch in die Satzung
geschrieben hat, das deutsche Schach fördern zu wollen, muss sie sich fragen
lassen, inwieweit eine Liga, in der die deutschen Spieler zunehmend in der
Minderheit sind, diesem Ziel dienlich ist.
Das Phänomen von Sportmannschaften, die außer dem Namen und vielleicht der Führung immer weniger lokale Identität besitzen, ist bekanntlich flächendeckend. Einige Sportverbände haben deshalb Regelungen für ihren Geltungsbereich durchgesetzt (ohne übrigens juristisch bedroht worden zu sein).
In der deutschen Fußball-Bundesliga ist der Ausländeranteil zumindest in den Kadern von 60% (2003) auf 37% (2007) zurück gegangen, nachdem die Liga beschlossen hat, dass jede Mannschaft mindestens acht "Local Players" in ihrem Kader haben soll. FIFE-Präsident Blatter hat kürzlich angekündigt, eine Quote von 6:5 pro Mannschaft auch gegen die EU durchsetzen zu wollen, also 6 nationale Spieler in jeder Mannschaft zur Pflicht zu machen. Damit soll laut Blatter u.a. eine höhere Identifikation zwischen Klubs und Fans gewährleistet und die Chancen für Talente erhöht werden. "Auch die Nationalmannschaften profitieren davon, wenn weniger Ausländer in der Liga spielen," so Blatter. Im Fußball werden zudem die Finanzen der Klubs entlastet, wenn der eigene Nachwuchs vermehrt zum Zuge kommt. Gilt das nicht alles auch fürs Schach?
Tatsächlich hat Deutschland in Bezug auf das Spitzenschach seit Langem den Anschluss verloren. Dr. Robert Hübner, inzwischen bald 60 Jahre alt, führt nach wie vor als bester in Deutschland geborene Spieler die nationale Rangliste an. Während im Jugendschach deutsche Talente noch einigermaßen mit der Spitze mithalten können, geben die meisten beim Übergang in ein mögliches Profitum mangels finanzieller Perspektive auf. Nationale Spitzenspieler und Idole hätten jedoch ohne Zweifel große Auswirkungen auf die Popularität des Schachsportes in Deutschland.
Umfrage:
Schicken Sie uns ihre Argumente Pro oder Contra per eMail zu - Adresse: umfrage@chessbase.de
Eine repräsentative Auswahl der eingegangenen Leserbriefe
zu diesem Thema werden wir in Kürze hier veröffentlichen
(Kürzungen vorbehalten)
Unter allen namentlich gekennzeichneten Einsendungen, die
bis zum 20.Oktober 2007 eingegangen sind, verlosen wir drei
Fritz9-Programm mit Kasparov-Autogramm. Der Rechtsweg ist
ausgeschlossen.
Statistik 2007/2008:
1.Liga: Top acht Vergleich
0 deutsche Spieler in den Top acht | Baden-Baden, Remagen, Trier |
1 deutschen Spieler | Wattenscheid, Mülheim-Nord, Eppingen, Zehlendorf |
2 deutsche Spieler | Bremen, Tegernsee |
3 deutsche Spieler | Solingen, Godesberg, Katernberg |
4 deutsche Spieler | Hamburg, Kreuzberg |
5 deutsche Spieler | Bindlach, Erfurt |
35 deutsche Spieler von 128 in den Top Acht
1.Liga: Top 14 Vergleich
2 deutsche Spieler in den Top 14 | Trier |
4 deutsche Spieler | Baden-Baden, Remagen |
5 deutsche Spieler |
Mülheim Nord, Bremen |
6 deutsche Spieler | Zehlendorf |
7 deutsche Spieler | Wattenscheid, Solingen, Katernberg, Tegernsee, Eppingen |
8 deutsche Spieler | Bindlach, Godesberg |
9 deutsche Spieler | Kreuzberg, Hamburg |
11 deutsche Spieler | Erfurt |
106 deutsche Spieler von 224 Spielern der Top 14
Zweite Liga
1 deutscher Spieler in den Top acht | Bann (2.BL Süd), Schwegenheim (2.BL. Süd), Emsdetten (2.BL West), Plettenberg (2.BL West), Gerresheim (2.BL West), Passau (2. BL Ost) |
3 deutsche Spieler | Baden-Baden II (2.BL. Süd), Griesheim (2.BL West), Nickelhütte (2.BL Ost), Preetz (2.BL Nord) |
Literatur:
Riedl, L. /Cachay, K.
Bosman-Urteil und Nachwuchsförderung
Auswirkungen der Veränderung von Ausländerklauseln und
Transferregelungen auf die Sportspiele
Hofmann Verlag: Schorndorf 2002
ISBN: 3778009117
Preis: 25,80