Von Peter Schreiner
Am vergangenen Wochenende konnten die zahlreichen Trierer Schachfans erneut
ausgiebig Schach auf höchsten Niveau erleben. Gleich drei Bundesligapartien
mit der Bundesligamannschaft von Turm Trier wurden dem interessierten
Publikum am verlängerten Wochenende geboten, darunter auch der amtierende
deutsche Mannschaftsmeister aus Baden-Baden.
Gespielt wurde diesmal nicht auf dem Gelände der Universität Trier, sondern
recht zentral in der Medardschule direkt an der Mosel.

Im Foyer
Im Unterschied zum ersten Bundesligaauftritt gab es für die Zuschauer einige
Verbesserungen. Die laufenden Partien wurde in einem separaten Raum vorgeführt
und von starken Spielern wie IM Ludger Körholz und IM Mietek Bakalarz
kommentiert.


Übertragung der Partien im Nebenraum

Nachteilig war die Aufteilung des Spielsaals, wo man aus Platzgründen als
Zuschauer kaum etwas von den laufenden Partien sehen konnte und ein übereifriger
Schiedsrichter sich alle Mühe gab, interessierte Zuschauer aus dem Spielsaal zu
vergraulen. Ein großzügiges Foyer mit einem reichhaltigen Buffetangebot rundete
das Angebot ab.

Das Büffet
Für das Publikum war die geballte Ansammlung von zahlreichen Titelträgern
zwar sehr erfreulich, für den ausrichtenden Verein weniger. Gegen keine der
Gastmannschaften gelang dem ausrichtenden Verein ein Mannschaftssieg. Die
Niederlage gegen den amtierenden Deutschen Mannschaftsmeister verlief mit einer
1:7-Niederlage deutlich, aber nicht unerwartet. Gegen Remagen und Eppingen gab
es sehr knappe Niederlagen, hier wäre mit etwas mehr Glück auch mehr drin
gewesen. Bereits jetzt steht fest, dass der Klassenerhalt für die Trierer
Mannschaft in dieser Saison sehr schwierig sein wird.

Die Schach-Bundesliga

Vorne: Topspieler Sergei Movsesian

Alexei Shirov (hinten mitte)
Die ausrichtende SG Turm Trier musste in diesem Jahr neben der
Herausforderung Bundesliga noch ein weiteres Problem lösen. Der Verein hatte
über die Jahre hinweg einen deutlichen Mitgliederschwund zu verzeichnen und nach
und nach fehlte die breite Basis für ein geregeltes Vereinsleben. Aus diesem
Grund fusionierte die SG Turm Trier mit dem SC Trier Süd, der zwar „nur“ in der
„1. Rheinland-Pfalz-Liga“ spielt, dafür aber insgesamt 15 (!!!) Mannschaften in
verschiedenen Spielklassen gemeldet hat. Diese breite Basis ist ein Verdienst
des langjährigen Schulschachreferenten Kurt Lellinger, mit dem ich während des
Bundesligawochenendes über die Fusion und Bundesligaschach sprechen konnte.

Kurt Lellinger
Frage: „Vor einigen Monaten fusionierte der von Dir gegründete SC Trier
Süd mit der SG Turm Trier, was viele Trierer Schachspieler etwas überrascht hat.
Kannst Du uns die Gründe für die Fusion erklären?“
Antwort: „Für uns kam das Angebot der Fusion ebenfalls überraschend. Bisher
waren beide Vereine eigenständig und es herrschte eher eine Konkurrenzsituation.
Aber bei Turm Trier fehlte der Unterbau unterhalb der Bundesligamannschaft und
plötzlich kam das Angebot zu uns zu kommen. Das war zuerst einmal überraschend,
aber wir sahen die Verstärkung für den SC Trier Süd mit den starken Spielern von
Turm Trier. Das Aushängeschild Bundesliga kam als Extra noch hinzu und das bewog
uns als Anreiz für unsere überaus zahlreichen Nachwuchsspieler dann dazu, der
Fusionierung zuzustimmen.“
Frage: „Wenn ein Verein wie Turm Trier in der ersten Bundesliga spielt,
sollte man doch meinen, dass dies auch Auswirkungen auf den Unterbau und damit
auf das Vereinsleben hat. Das war aber bei Turm Trier nicht der Fall. Welche
Meinung hast Du dazu?“
Antwort: „Die Bundesligamannschaft bekommt das normale Vereinsmitglied selten
zu sehen. Die Spieler der Bundesligamannschaft reisen aus großer Entfernung an,
es gibt keine Kontakte zu den Vereinsmitgliedern. Man bewundert diese Spieler,
aber mangels persönlicher Kontakte wirkt sich die Bundesligazugehörigkeit nicht
auf den Unterbau aus."
Frage: „Meinst Du, es fehlt die Identifikation des normalen
Vereinmitglieds mit der Bundesligamannschaft?“
Antwort: „Ja und nein. Zunächst ist jeder stolz, wenn der Verein in der
Bundesliga spielt. Das findet jeder toll. Aber der Unterbau muss auch stimmen,
sonst funktioniert es nicht.“
Frage: „Wie sieht es mit der Motivation für Nachwuchsspieler aus? Wenn
der Verein in der ersten Bundesliga spielt, müsste sich das doch motivierend für
den Nachwuchs auswirken, Wie siehst Du das?“
Antwort: „Ich finde es hilfreich und gut, wenn der Verein in der ersten
Bundesliga spielt. Aber die Motivation kommt woanders her. Wir haben in unserem
Verein 95 Jugendliche und unterrichten an 18 Trierer Schulen über 300
Jugendliche. Daher kommt die Motivation. Das ist ein riesiger Unterbau und die
besten Jugendlichen aus den Schulen kommen zu uns in den Verein. Das führt
natürlich dazu, dass der Verein Schwierigkeiten hat, genügend Trainer zu finden.
Das Raumproblem ist für Schachvereine ebenfalls ein sehr großes Problem. Die
Stadt muss natürlich auch helfen, dass wir genügend Räume für die Jugendlichen
zur Verfügung haben. Zur Zeit sind wir hier sehr gut in der Medardschule
untergebracht, können aber nur einen Raum dauerhaft nutzen. Wir sind zufrieden,
müssen uns aber für die Zukunft Gedanken machen, wie wir zu weiteren Spielräumen
und vor allem zu weiteren Trainern kommen. Zur Zeit haben wir sieben Trainer,
die für uns tätig sind. Das sind Vereinsspieler mit C-Trainerschein und den
Herrn Bakalarz als A-Trainer, der aber als A-Trainer nur die Spitzenspieler
trainieren kann. Wir planen jetzt konkret, Schach auch als Unterrichtsfach im
Trierer Sportgymnasium zu etablieren und davon erwarten wir neue Impulse."
Frage: „Du hast Dir in der Vergangenheit zahlreiche Verdienste um die
Nachwuchsförderung erworben. Welche Motivation steckt hinter Deinem Einsatz?“
Antwort: „Ich sehe meine Rolle als ein Wegbereiter und möchte durch das
Schulschachpatent das analytische Denkvermögen der Kinder steigern. Überspitzt
könnte man sagen, dass ich das Schach in den Schulen missbrauche, um den Kinder
das richtige Denken beizubringen. Es ist nicht Ziel einer Schule, Großmeister
zu züchten. Es macht mir einen Heidenspaß, wenn ich sehe, dass die Kinder durch
das Schach bessere Leistungen in den anderen Schulfächern erzielen.“
Frage: „Dir geht es also in erster Linie darum, über das Medium Schach
die Persönlichkeitsbildung der Kinder weiterzuentwickeln?“
Antwort: „Der Eingangspunkt ist ganz klar die Entwicklung der kindlichen
Persönlichkeit. Darüber hinaus habe ich natürlich ein sehr grosses Interesse
daran, dass die besten Schüler auch langfristig Vereinsspieler werden. Ich bin
quasi doppelt gepolt. Ein Schwerpunkt ist der vernünftige Ablauf der schulischen
Grundausbildung, dann aber auch die entsprechende Entwicklung der Talente im
Verein mit entsprechender Förderung. Das beste Beispiel ist Georg Maier, den wir
bis zum Großmeister gefördert haben. Im Vordergrund steht aber für mich, das
Wahrnehmungsvermögen der Kinder zu schulen und ihnen einen persönlichen
Entwicklungsschub mitzugeben."
Frage: „In Trier gibt es eine Schachakademie, die Du mit gegründet hast.
Ich muss gestehen, dass ich die Entwicklung nicht weiter verfolgt habe. Wie ist
der Zuspruch und das Interesse an der Schachakademie?“
Antwort: „Die Entwicklung läuft momentan nicht so gut. Das liegt einfach
daran, dass viele Eltern nicht bereit oder in der Lage sind, die Kosten für den
Schachunterricht zu bezahlen. In München gibt es eine Schachakademie mit einem
monatlichen Etat um die 6.000 Euro. Dort belegen die Kinder z.B. einen
14tägigen Lehrgang und die Eltern bezahlen dafür ca. 200 – 300 Euro. Dies ist
in Trier nicht machbar, obwohl wir die Preise für die Unterrichtsstunden
deutlich abgesenkt haben. Das Interesse an dem von unserem A-Trainer Bakalarz
angebotenen Unterricht ist sehr groß, aber es fehlt die Bereitschaft, diese
Leistung entsprechend zu bezahlen. Uns fehlen wahrscheinlich auch die großen
Spitzen. Wir haben zwar einige talentierte Nachwuchstalente, aber die sind noch
nicht soweit, dass sie bereits auf Bundesebene konkurrieren könnten. Hier fehlt
einfach die Bereitschaft vieler Eltern, den Unterricht angemessen zu vergüten.“
Meiner Meinung nach dürfte die neue SG Trier jetzt vor allem davon profitieren,
dass der Verein fein abgestuft in vielen Klassen vertreten ist. Das sollte vor
allem für junge Spieler eine große Motivation bieten.
Ein Wiedersehen gab es mit dem Organisator der Chess Classic, Hans-Walter
Schmitt, der mit dem Deutschen Meister Baden-Baden angereist war. Anlässlich des
Bundesligadebüts von Turm Trier im April hatte sich der Macher der Chess
Classics in Mainz sehr kritisch über die Präsentation und Vermarktung der
Bundesligamatches geäußert. Hier In Trier habe ich die Gelegenheit genutzt, mich
noch einmal mit einem der profiliertesten Kenner der internationalen
Turnierszene zu unterhalten.

Hans-Walter Schmitt
Ein Wiedersehen gab es mit dem Organisator der Chess Classic, Hans-Walter
Schmitt, der mit dem deutschen Meister Baden-Baden angereist war. Anlässlich des
Bundesligadebüts von Turm Trier im April hatte sich der Macher der Chess Classic
in Mainz sehr kritisch durchaus konstruktiv über die Präsentation und
Vermarktung der Bundesligamatches geäußert. Hier In Trier habe ich die
Gelegenheit genutzt, mich noch einmal mit einem der profiliertesten Kenner der
internationalen Turnierszene zu unterhalten.
Frage: „Im April haben wir uns
anlässlich der Trierer Bundesligapremiere ausführlich über die Präsentation der
Bundesligamatches unterhalten. Zu meiner großen Überraschung gab es als Reaktion
auf die von Dir genannten Anregungen einige harsche Attacken. Das hat mich
insofern auch erstaunt, weil die von Dir vorgebrachten Kritikpunkte von den
meisten Zuschauern vor Ort genau so beurteilt wurden. Wie erklärst Du Dir als
Kenner der Szene diese Reaktionen?“
Antwort: “So schätze ich den Sachverhalt nicht ein. Es gab eigentlich nur
harsche Angriffe von einem Schachspezialisten, einem sogenannten Experten aus
der schönen Stadt Bremen. Die generelle Resonanz war eindeutig positiv. Nämlich
die, dass endlich einmal jemand klar ausspricht, was er erwartet, wenn er zum
Fußball – Schach – kommt. Letztendlich ist der Zuschauer der Zahler. Was ist
Fußball, was ist eine Oper ohne Zuschauer? Das macht doch auch den Akteuren
keinen Spaß."
Frage: „Es gibt aber doch einen
wichtigen Unterschied. Beim Fußball oder bei der Oper muss der Zuschauer
Eintritt bezahlen. Hier war der Eintritt umsonst.“
Antwort: „Der Zuschauer ist der entscheidende Faktor für Sponsoring und
Aufmerksamkeit in den Medien. Unabhängig davon, ob er Eintritt zahlt oder nicht.
Der Zuschauer ist durchaus bereit, zu bezahlen, wenn er dafür einen Gegenwert
bekommt. Bei den Chess Classic in Mainz haben an einem Samstagabend über 1000
Leute den Eintritt von 8 Euro anstandslos bezahlt. Das sind dann über
8.000 Euro, das ist eine Menge Geld. Wenn man eine gute Präsentation macht,
wenn man dem Kunden etwas bietet und ihm das gibt, was er haben will, dann sind
die Leute auch bereit, dafür zu bezahlen. Die Chess Classic beweisen das. Die
Partien müssen beispielsweise nachspielbar sein, sie müssen gut kommentiert
werden, das ist elementar und gehört einfach dazu.
Man könnte hier auch noch einen Schritt weitergehen und mit einem Schachprogramm
darstellen, um wie viele Punkte eine Partei besser oder schlechter steht. Mit
einem Balkendiagramm könnte man den Partieverlauf darstellen, damit nicht nur
der Experte, sondern auch der Hobbyspieler auf Anhieb nachvollziehen kann, wie
die Partie sich entwickelt hat, mit allen Auf und Abs. Die Zukunft kann nur so
aussehen, sowohl die Experten und eben auch die Laien zufrieden zu stellen. Das
gilt für den Spielsaal, wo die Experten einfach nur zuschauen und sich selbst
einen Eindruck vom Geschehen verschaffen. Wer aber vom Spiel nicht so viel
versteht, der muss andere einfachere Angebote bekommen. Mit der Bewertung durch
ein Schachprogramm und ein Balkendiagramm könnte man dieser Zielgruppe schon
sehr viel Information anbieten, ohne großen Kostenaufwand!
Frage: „Immerhin werden die Partien
auf Leinwänden in einem separaten Raum vorgeführt. Dank der Kommentare von IM
Körholz war das bereits eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Debüt des
Vereins hier in Trier. Ich habe zwar auch nicht verstanden, warum man in dem
separat gelegenen Raum auf die Informationen eines mitrechnenden Schachprogramms
als zusätzliche Orientierung verzichtet hat. Aber die Kommentierung war doch ein
sehr gutes Angebot für die Zuschauer. Grotesk fand ich das allerdings das
Verhalten des Schiedsrichters im Spielsaal, der mit seinem Übereifer gegenüber
den Zuschauern doch eher abschreckend wirkte. Im Spielsaal war von den Partien
nichts zu erkennen, weil die Absperrung keine Annäherung an die laufenden
Bretter ermöglichte. Wie könnte man diese Darstellung zuschauerfreundlich
gestalten?“
Antwort: „Der Raum ist für die Veranstaltung nicht optimal, die Aufteilung ist
auch nicht gut. Trier macht das zum zweiten Mal, die werden es noch besser
machen. Trier ist für mich ein leuchtendes Vorbild, wie man Schach zusammen
bringen kann. Durch den Zusammenschluss haben sie jetzt über 150 Leute, spielen
in der Bundesliga und machen eine erstklassige Jugendarbeit. Man muss aber
tiefer nachfassen und fragen, wofür ein Verein sein Geld ausgibt. In erster
Linie für die Gehälter der Spieler. Meine Erfahrung ist die: Habe ich ein gutes
Ambiente und gute Spieler, dann habe ich auch die entsprechende
Zuschauerresonanz. Bietet man dann noch wie hier gutes Essen, bekomme ich eben
auch die entsprechend Mund zu Mund Propaganda und die Zuschauerzahlen steigen.
Ich will nicht zu kritisch sein. Aber von dem Anspruch, dass hier Bundesliga
gespielt wird, ist nicht viel zu sehen. Das wird aber sicher noch verbessert
werden.
Ein Grundübel besteht z.B. darin, dass alle Bundesligavereine noch nicht einmal
in der Lage sind, mit einer einheitlichen Kleidung aufzutreten. So könnte der
Zuschauer auf Anhieb unterscheiden, wer zu welcher Mannschaft gehört. Im Übrigen
darf man nicht vergessen, dass viele Laien im Unterschied zu uns die Spieler ja
überhaupt nicht kennen. Schlägt man solche Kleinigkeiten vor, regen sich wieder
die Spieler auf. Ich sage dann immer, dass das keine Uniform, sondern einfach
ein Service für den Zuschauer oder Journalisten darstellt. Wie auch immer: man
sollte zumindest die Spieler in irgendeiner Form erkennbar machen. Das sind
Kleinigkeiten, die nicht viel kosten und dem Zuschauer helfen. Leider wird der
Zuschauer immer noch sehr klein geschrieben.
Der Schiedsrichter hier macht nur seinen Job, aber er ist in der Tat etwas
übereifrig. Vor allem erkennt man aber die Stoßrichtung. Der Zuschauer muss
still sein und bekommt keinerlei Komfort, bloß damit die Spieler ihr Geld
verdienen. Das kann nicht sein.
Ich wurde beispielsweise sogar im Nebenraum von dem Schiedsrichter angegangen.
Letztendlich dient solch ein Event auch der Kommunikation. Die Zuschauer wollen
natürlich miteinander sprechen und Erfahrungswerte austauschen. Was erlebt denn
der Laie, wenn er sich hier im Spielsaal aufhält? Okay, er sieht ein paar
Spieler von der Seitenperspektive, das Geschehen auf den Brettern kann er hier
aber gar nicht erkennen. Auch wenn er hier Weltklassespieler wie Shirov einmal
sehen will, kommt er in erster Linie doch her, um die Partien zu verstehen.
Insofern wäre es schon eine deutliche Verbesserung, wenn man zusätzlich zur
Übertragung der Partien in dem separaten Analyseraum noch eine Kameraeinstellung
einblendet, die auch die beteiligten Spieler inkl. der Emotionen während der
Partie zeigt. Mir schwebt hier eine Zusatzinformation für die Zuschauer vor, wie
sie mit den Ergebnistafeln beim Fußball geboten wird. Technisch ist es doch
überhaupt kein Problem, dem Zuschauer in dem separaten Raum Informationen über
den Spielstand anzubieten. Aber viele Schachexperten meinen, dass dies nicht
möglich oder gar nötig ist. Dabei kann man diese Information mit aktueller
Übertragungstechnik vom Spielersaal abkoppeln und einfach etwas für die
Zuschauer tun."

Frage: „In der hiesigen Tageszeitung
war unter anderem auch die Anwesenheit von GM Robert Hübner angekündigt, der
dann zur Enttäuschung vieler Besucher gar nicht anwesend war. Weltmeister Anand
oder GM Carlsen waren ebenfalls nicht vor Ort. Für viele Besucher ist es aber
ein großer Anreiz, Weltklassespieler einmal direkt in Aktion zu beobachten.
Warum ist es nicht möglich, die Mannschaftsaufstellung vorab festzulegen?“
Antwort: „Die Kadergrößen der Bundesligamannschaften umfassen 18 Personen, davon
können aber nur acht spielen. Vereine wie Baden-Baden spielen nicht nur
Bundesliga, sondern auch Europacup. Zum Konzept gehört dann eben auch, dass alle
Spieler zum Einsatz kommen. Hier in Trier spielt mit Shirov ein absoluter
Weltklassemann, aber auch der Einsatz des italienischen Supertalentes GM Fabiano
Caruana, der hier sein Bundesligadebüt gibt, ist für die Zuschauer sicher
interessant. Aber zurück zu Deiner Frage. Meiner Ansicht nach ist das ein Relikt
aus vergangenen Zeiten. Alles wird geheim gehalten. Man muss zwei Tage vorher
bekannt geben, mit welcher Mannschaft man spielen will. Das ist ein Service am
Zuschauer, der dann eben nicht enttäuscht werden kann, wenn er den Event
besucht. Gut finde ich es im Zuschauerinteresse auch, wenn die Spitzenleute
direkt gegeneinander antreten und keine taktischen Aufstellungen möglich sind
wie in anderen europäischen Ligen. Gerade das direkte Aufeinandertreffen der
Topspieler der jeweiligen Vereine ist für die Zuschauer ungemein anziehend und
gleichermaßen spannend. Mir leuchtet nicht ein, warum man die Interessen der
Kunden im Sinne der Zuschauer vernachlässigen sollte, um die Matches für die
Spieler unkalkulierbarer zu machen. Warum alle Privilegien nur für die Spieler?"
Frage: „In welchen Bereichen würdest
Du ansetzen, wenn Du die Rahmenbedingungen für die Bundesliga festlegen
könntest?“
Antwort: „Ich würde den Zuschauer in den Mittelpunkt stellen und ihm die
optimalen Bedingungen bieten. Dazu gehört natürlich, ein gutes Team zu haben.
Hier konkret entsteht die Spannung doch daraus, ob es der Heimmannschaft
gelingt, dem Deutschen Meister ein Schnippchen zu schlagen. Wie bei den Chess
Classic in Mainz gehört der Zuschauer in den Mittelpunkt, der Erfolg der Chess
Classic bestätigt mich in dieser Einschätzung. Zuerst einmal muss eine
Bundesligabegegnung zu einem echten Event gestaltet werden. Dazu gehört u.a.
auch die entsprechende Werbung mit vielen Plakaten, Jahrespläne der Stadte,
Broschüren, usw. Ganz wichtig ist der Aspekt Familienfreundlichkeit, dafür
werde ich ja häufig ausgelacht und verhöhnt. Bei den Chess Classic kommt der
Vater mit seinem Sohn und die schauen sich dann zusammen die kommentierten
Partien an. Ein Beweis dafür, dass man diese Zielgruppe mit guten Angeboten
durchaus ansprechen und erreichen kann. Ich bin mir sicher, dass man dies auch
in der Bundesliga erreichen könnte.
Wenn erst einmal
die Zuschauerräume gefüllt sind und die Presse über solch ein Event berichtet,
dann sind potentielle Sponsoren auch interessiert und geben die entsprechende
Unterstützung. Wenn man wie hier in Trier dann noch Schulen und Verein
zusammenbringen kann, ist eine sehr gute Basis geschaffen. Selbstverständlich
muss man den Spielern gute Bedingungen schaffen, aber den Zuschauern eben die
besten Bedingungen. Davon ist die Bundesliga noch sehr weit entfernt.
Im Grunde genommen muss man zwei Zielgruppen bedienen. Einmal das Angebot für
die Experten, die in Ruhe die Partien verfolgen wollen, aber eben auch für den
Laien, der viel mehr Unterstützung für das Verständnis, bzw. „einfache“
Informationen der Partien benötigt."
Vielen Dank für das Gespräch!