Carlsen vs. The Challengers: 19,5:2,5

von André Schulz
20.04.2021 – Bei seiner gestrigen Banterblitzserie gegen die Challengers, 20 junge Spieler, hatte der Weltmeister den Nachwuchs gut im Griff. Zwei Niederlagen musste Magnus Carlsen aber doch hinnehmen. Und Vincent Keymer nahm dem Weltmeister einen halben Punkt ab.

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In der Julius Baer Challenge Tour treten junge Spieler, je zehn männliche und weibliche, in einer Turnierserie gegeneinander an. Die Idee ist es, den jungen Talenten in den jetzt so schwierigen Zeiten Wettkampfpraxis zu verschaffen, aber auch, weibliche Talente mehr zu fördern, indem man sie in den Wettbewerb mit den jungen männlichen Spielern schickt.

Um den Ehrgeiz der jungen Spieler noch zusätzlich etwas zu befeuern trat Magnus Carlsen gestern Abend in einer Banterblitz (Gewätzblitz) nacheinander gegen alle 20 Challenger an. So hatten die Talente also Gelegenheit, einmal gegen den Weltmeister zu blitzen. Auch zwei der Coaches, die die Talente in dieser Wettbewerbsserie unterstützen, nutzen die Gelegenheit zu einer Blitzpartie gegen den weltbesten Spieler, nämlich Anna Muzychuk und Artur Kogan.

Der Befund war am Ende eindeutig, aber - der Weltmeister konnte nicht alle Partien für sich entscheiden. Zweimal musste Magnus Carlsen dem jungen Gegner zum Sieg gratulieren und einmal entkam er der Niederlage durch hartnäckigen Wiederstand und gab einen halben Punkt ab.

Die beiden Weltmeisterbezwinger waren der Inder Nihal Sarin und der US-Amerikaner  Awonder Liang, wobei Letzterem das Glück zur Seite stand. Und als Fastbezwinger ging Vincent Keymer immerhin mit einem halben Punkt vom virtuellen Brett. 

Carlsen gegen Nihal

Gegen Nihal Sarin war Carlsen schon in der Eröffnung durch eine ungeschickte Abwicklung in Nachteil geraten. Der junge Inder legte hier nach.

 

18...Tc3 19.Da4 Txf3 20.gxf3 Dg5+ [Mit Gewinnstellung.]

21.Kh1 Df4 22.Kg2 Dg5+ 23.Kh1 Df4 [Der beste Weg war 23...Le5 24.Tg1 Df4 25.Tg3 Tc8 26.Kg2 d3 27.Tb1 Tc2]

24.Kg2 Le5 25.Td1 [Zäher war 25.Th1]

25...Tc8

 

26.Dd7 Tc2 [26...Dh2+ setzt Matt: 27.Kf1 Dh1+ 28.Ke2 Tc2+ 29.Td2 d3+ 30.Kxd3 Tc3+ 31.Ke2 Dxf3+ 32.Ke1 Tc1+ 33.Td1 Txd1#]

27.De8+ Kg7 28.Dxf7+ [Um das Matt zu verhindern.]

28...Dxf7 29.Txf7+ Kxf7 30.f4 Lxf4 31.Txd4 Txa2 [Und Schwarz ließ sich die Butter nicht mehr vom Brot nehmen.]

32.Tc4 Le3 33.Kf3 Lc5 34.e5 Txf2+ 35.Kg3 Ke6 36.exd6 Tf5 37.Ta4 Lxd6+ 38.Kg2 a5 39.Te4+ Te5 40.Th4 Lb4 41.Txh7 a4 42.Tb7 Ld6 43.Ta7 a3 44.Kf3 Te3+ 45.Kg4 Tg3+ 46.Kh4 Tb3 47.Kg5 Txh3 48.Kxg6 Tg3+ 49.Kh5 Kd5 50.Kh4 Tc3 51.Kg4 Lc5 52.Kf5 Lxa7 0–1


Carlsen gegen Keymer

 

Carlsen ist hier in eine ungünstige Variante der Nimzoindischen Verteidigung geraten. Der weiße Doppelbauer auf der c-Linie ist eine dauerhafte Schwäche. Und ohne Damen hat Weiß nur wenig Gegenspiel.

12...b6 13.Sf1 La6 14.Se3 Sa5 [Die klassische Belagerung des Bauern c4.]

15.Kf2 Kc7 16.Sd5+ Kb7 [Natürlich nicht 16...Sxd5 17.cxd5 mit Auflösung der Schwäche.]

17.Td1 [Wenn Weiß den Bauern c4 halten wollte, müsste der Springer hier zurückkehren. 17.Se3]

17...Tad8 [17...Lxc4 wäre noch zu früh: 18.Lxc4 Sxc4 19.Sxf6 gxf6 20.Td7+ mit Gegenspiel.]

18.Sxf6 [18.Se3 Txd1 19.Lxd1 verliert ebenfalls den Bauern c4.]

18...Txd1 19.Lxd1 gxf6 20.f4 [Auf der Suche nach aktivem Spiel.]

20...Lxc4 21.fxe5 fxe5 22.Le3 Le6 [22...Ld3!? 23.Lf3 Kc6 24.Td1 Lc2 25.Td2 Lb3 mit dominanter Position.]

23.Lh5?! [23.Le2!? um ggf. auf c4 zu schlagen, was ungleichfarbige Läufer aufs Brett bringt.]

23...Sc4 24.Lc1 5 25.a4 Kc7 26.h4 Sd6 27.Lf3 Lb3 28.g4 Lc2 29.Ke3 Sc4+ 30.Kf2 f6 [Wenn Schwarz will, kann er sofort remis machen. 30...Sd6 31.Ke3]

31.h5 Sd6 32.Ke3 Sf7 33.Ta2 Lb3 34.Tf2 Sg5 35.Le2 Tf8 36.Lb5 Le6

 

37.Tg2 Lc8 [37...c4!? mit der Idee 38.-- Td8 39.Td2 Txd2 40.Lxd2 und Bauerngewinn, sieht sehr gut aus.]

38.Tg1 Lb7 [Schwarz steht überlegen und hat einen Mehrbauern, aber er findet hier keinen klaren Gewinnweg.]

39.Ld3 Lc6 40.Lc2 Tf7 41.Tf1 Ld7 42.Tg1 Sh3 43.Tg3 Sf4 44.Tg1 Tg7 45.Kf3 Sh3 46.Tg3 Sg5+ 47.Ke2 Le6 48.Ke3 Lc4 49.Tg1 b5?! [Noch ein Versuch, bewegung in die Partie zu bringen, doch er bringt nichts ein.]

50.axb5 Lxb5 51.La3 Kc6 52.Td1 Td7 53.Txd7 Kxd7 54.Lxc5 Se6 55.La3 a4 56.Kf3 Sg5+ 57.Ke3 Se6 58.Lc1 Kc6 59.La3 Kd7 ½–½

Den Weltmeister im Griff gehabt und einen halben Punkt erzielt - da kann man nicht meckern. Aber Carlsen hätte die Partie mit Schwarz mit Sicherheit gewonnen. 

Gegen Awonder Liang stand Carlsen klar besser. Die Partie entglitt ihm dann in ein gleich stehendes Damenendspiel. Am Ende überschritt der Norweger wohl die Zeit.

Eine fantastische Leistung von Magnus Carlsen, denn unter den jungen Gegnern waren eine Reihe von Supertalenten, die alle schon großes Schachverständnis haben und auch an der Maus sehr flink sind. Und die beiden Coaches wurden auch vom Weltmeister verspeist.

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André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.

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