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Vor einigen Wochen hatte ich flüchtig in der FAZ einen Artikel gelesen über ein kürzlich neu erschienenes Buch mit dem Titel „Das Schachbrett“. Seinerzeit hatte ich mich nicht weiter darum gekümmert und wollte mir das Buch vielleicht irgendwann einmal zulegen.
Durch einen Schachfreund aus Düsseldorf bin ich vor wenigen Tagen darauf aufmerksam gemacht worden, dass am 17.4.2024 in Frankfurt eine Lesung aus dem Buch durch den Schriftsteller stattfinden würde. Am Vortag, dem 16.4.2024 fand bereits eine Lesung in Düsseldorf statt.
Als Schachspieler und auch ein wenig Kulturinteressiertem machte ich mich gestern am frühen Abend rechtzeitig via Tram Nummer 16 vom Platz der Republik im Zentrum Frankfurts auf den Weg in Richtung „Ausstellungshalle 12“ in der Schulstraße 12 im Frankfurter Stadtteil Sachsenhausen auf der anderen Seite des Main.
Die Ausstellungshalle ist unscheinbar in einem Innenhof gelegen und war früher wohl mal eine Produktionsstätte bzw. Industriehalle. Inzwischen eine Kunstgalerie mit guten Möglichkeiten für eine solche Lesung oder Vernissage. Am Eingang konnte man für kleines Geld die Eintrittskarte erwerben und auch Getränke. Ebenso war ein kleiner Stand der Buchhandlung Wendeltreppe vor Ort, zum Erwerb des zu besprechenden Buchs „Das Schachbrett“.
Die Veranstaltung begann um kurz nach 19 Uhr. Es waren grob geschätzt rund 80 (interessierte) Teilnehmer/innen vor Ort, um dem französischen Schriftsteller, Drehbuchautor, Regisseur und Fotograf Jean-Philippe Toussaint aufmerksam zu lauschen. Bei der Begrüßung wurde auch anekdotisch hervorgehoben, dass er ehemaliger Juniorenweltmeister im Scrabble ist.
Mit auf der kleinen Bühne war der Verleger und Übersetzer Dr. Joachim Unseld von der Frankfurter Verlagsanstalt. Es war eine Veranstaltung in Kooperation mit dem Kulturamt Frankfurt mit Unterstützung Institut français Frankfurt.
Nach kurzer zweisprachiger Begrüßung durch die Frankfurter Kulturdezernentin und der stellvertretenden Vorsitzenden des Institut français Frankfurt begann eine interessante kurzweilige Konversation zwischen Jean-Philippe Toussaint und seinem Verleger Dr. Joachim Unsfeld, mit dem er bereits seit vielen Jahrzehnten zusammenarbeitet und offenbar auch sehr gut befreundet ist. Der Verleger fungiert bei den meisten der bisher 16 veröffentlichten Bücher des bekannten französischen Schriftstellers auch als Übersetzer.
Obwohl Jean-Philippe Toussaint sehr gut Deutsch spricht, antwortete er stets in seiner Muttersprache und auch die einzelnen Buchabschnitte las er in französischer Sprache vor. Dr. Unseld machte sich sehr viele Notizen und übersetzte sehr gut ins Deutsche, genau so war seine Rolle ja auch bei dem am 8. März 2024 in Deutschland erschienenen Werk „Das Schachbrett“, welches am 16. März 2024 in der Frankfurter Buchhandlung Weltenleser vorgestellt wurde.
Besprochen wurden zunächst kurz mehrere bisherige Werke des Schriftstellers wie z.B. „Das Badezimmer“ und das Faible für geschlossene Räume. Anschließend wurde auch die Entstehungsgeschichte des neuesten Werks mit Beginn des ersten Corona-Lockdown im März 2020 besprochen. Der Schriftsteller suchte sich damals wegen Absage aller physischen Termine eine neue Aufgabe und entschied sich, das unter Schachspielern weltweit bekannte und zweifach verfilmte Werk „Die Schachnovelle“ von Stefan Zweig ins Französische zu übersetzen. Dabei erinnerte sich der Autor an seine eigenen Anfänge mit dem Schachspiel und führte zunächst Tagebuch zur Entstehung seiner Übersetzung der Schachnovelle. Bislang schrieb er stets Romane. Im weiteren Verlauf des Tagebuchschreibens entstand bei ihm ungewollt und ungeplant die Idee, mehr daraus machen zu können. Ein neues Buch! Es entstand über die folgenden Jahre eine „Autofiktion“ welche über die Zeit auch den Charakter einer Autobiographie annahm und zunächst in französischer Sprache erschien, seit März aber auch auf Deutsch erhältlich ist. Für Schachspieler relevant: Das Buch enthält 64 Kapitel, entsprechend den 64 Feldern des Schachspielers. Neu für mich in der Lesung war, dass es wohl mögliche Parallelen zwischen Schachspielen und dem Übersetzen von Texten gibt, wie Jean-Philippe Toussaint mitteilte. Und dass er besser Schachspielen können würde als Texte von Deutsch ins Französische zu übersetzen.
Während der gut anderthalbstündigen Lesung wechselte die Sprache zwischen Deutsch und Französisch gut ab.
Im Anschluss an die Lesung bzw. den Dialog bestand die Möglichkeit, das frisch gekaufte und aus der Folie befreite Buch „Das Schachbrett“ von dem Autor und dem Übersetzer signieren zu lassen. Anschließend war noch Zeit für Gespräche unter den Teilnehmern bzw. mit dem Autor oder Verleger.
Insgesamt ein gelungener Abend und ein neues Buch, welches ich demnächst als Gute-Nacht-Lektüre oder im Urlaub mit einer gewissen Vorfreude und Vorinformation lesen werde. Sowie die Idee, aus der Veranstaltung einen kleinen Erfahrungsbericht für die Chessbase-Nachrichtenseite zu schreiben.
Wenn ich die bisherigen Buch-Kritiken im Internet und in den Zeitungen richtig deute, könnte das Buch für alle Schachspieler interessant sein, die nach einer spannenden unterhaltsamen Lektüre suchen und zur Abwechslung mal kein reines Schachbuch kaufen/lesen möchten.
Weiterführende Internetlinks für Buch-/Kulturinteressierte Schachspieler:
https://www.institutfrancais.de/de/node/24986#/
https://faustkultur.de/kulturtipps-literatur/das-schachbrett/
https://www.zeit.de/kultur/literatur/2024-03/das-schachbrett-jean-philippe-toussaint-roman
https://www.kulturkaufhaus.de/de/detail/ISBN-9783627003180/Toussaint-Jean-Philippe/Das-Schachbrett
