De Nederlandsche Bank gewinnt Turnier der Banker in Amsterdam

von Gerd Densing
18.09.2023 – Die Niederlande waren Gastgeber des Banken-Schachturniers "Eurochess" und boten den Gästen aus Europa ein schönes Besuchsprogramm. Beim Turnier gab es jedoch keine Geschenke. Das Gastgeberteam von "De Nederlandsche Bank" gewann die Mannschaftswertung. Im Einzel siegte Razvan-Alexandru Sebe-Vodislav. Gerd Densing nahm für die Bundesbank und fand Zeit für einen Bericht. | Fotos: Gerd Densing

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Eurochess 2023 in Amsterdam

Gastgeber-Team aus den Niederlanden gewinnt überlegen die Mannschaftswertung

FM Razvan-Alexandru Sebe-Vodislav  gewinnt die Einzelwertung

Nach einem sehr schönen Eurochess Event in Spanien im Herbst 2022 fand das Eurochessturnier 2023 am vergangenen Wochenende vom 7. – 10.09.2023 in Amsterdam in den Niederlanden statt. Die Gastgeber und das Organisationsteam der DNB (De Nederlandsche Bank, die Zentralbank der Niederlande) um Taras Bogouslavskii  (Chairman DNB chess club „De Wachter“) und Claudia Trivieri (Sports & cultural club of DNB) stellten ein sehr schönes, kurzweiliges und unterhaltsames Rahmenprogramm zusammen.

Donnerstags wurden die anreisenden Teams tagsüber vom Flughafen Amsterdam Schiphol oder vom Bahnhof Amsterdam Central vom Veranstalter in Empfang genommen und per Shuttle-Service zum Hotel CASA gebracht. Einige Spieler und Begleitpersonen reisten direkt via PKW an. Das Eurochess-Wochenende begann Donnerstags Abends mit einem Willkommensdrink und gemeinsamen Abendessen im Hotel („walking diner“). Bei dieser Gelegenheit konnten alte Kontakte aus den vorherigen Eurochess-Events aufgewärmt oder neue Kontakte geknüpft werden. Nach dem Abendessen gab es das Captains-Meeting, welches recht lange dauerte, da das komplizierte Paarungssystem zum Blitzturnier (dazu später mehr) erläutert wurde.

Das CASA Hotel erwies sich als eine sehr gute Wahl. Es ist relativ groß, neu, modern, sauber, hell und offen gestaltet. Zudem war es mit der Lage unweit des Kanals Amstel und fußläufig nur gut 2 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt sowie sehr guter Erreichbarkeit der DNB Büros (10 Minuten Fußweg) ideal gelegen.

Freitags ging es nach einem gemeinsamen Frühstück zu Fuß zu einer nahe gelegenen Bootsanlegestelle. Die gesamte Gruppe mit rund 80 Personen (Spieler und nicht spielende Begleitpersonen) wurde „gedrittelt“ und auf drei Boote aufgeteilt. Unter Berücksichtigung der Spielstärke wurde die Auswahl bereits am Vorabend getroffen. Auf den Booten war Platz für jeweils 10 Schachbretter und bei herrlichem Sonnenschein (es war für die meisten vielleicht ein wenig zu heiß) begann zügig das Blitzturnier.

Zunächst wurden in kleinen 4er Gruppen jeweils 3 Runden round robin gespielt. Anschließend wurden basierend auf den erspielten Punkten neue 4er Gruppen gebildet und weitere 3 Runden round robin gespielt. In einer Pause gab es mittags Sandwiches und Snacks. Danach wurde die Schlussrunde basierend auf dem Zwischenstand gespielt und zwar der 1. gegen den 2., der 3. gegen den 4., der 5. gegen den 6. und so weiter. Wohl aus Zeitgründen wurde die 7. Runde auf einem Boot leider nicht gespielt. Nach Rückkehr zu einer Anlegestellt ergab sich die Schlusstabelle je Boot. Später wurden die Ergebnisse aller drei Boote aggregiert, um den Gesamtsieger zu ermitteln. Wegen einem halben Punkt Vorsprung war kein Stichkampf erforderlich, sodass Florent Charbit aus Frankreich mit 6,5 Punkten zum Sieger des Blitz-Events erklärt wurde. Wegen nur 6 Runden in einem Boot ist das Gesamtranking wohl ein wenig verfälscht, aber nicht weiter schlimm, da es nur ein freies Blitzturnier ohne Auswertung war – just for fun.

Hervorzuheben ist, dass es zwischen den Partien sehr viele Gelegenheiten für die Spieler und Begleitpersonen gab, die Bootsfahrt zu genießen und viele Spots von Amsterdam von der Seeseite bzw. vom Wasser aus zu sehen.

Der in Boot B humorvolle und unterhaltsame Kapitän sorgte mit vielen Ansagen und Geschichten für reichlich Abwechslung zum Schach. Die ein oder andere Fahrt unter einer Brücke sorgte vorübergehend für 5 – 10 Sekunden „Dunkelheit“ in den Booten, was bei hochgradiger Zeitnot wohl in einzelnen Partien mit entscheidend gewesen sein könnte. Der Veranstalter hob hervor, dass es wohl das erste Schachturnier auf diesem UNESCO-Weltkulturerbe sei. Seit August 2020 trägt der Grachtengürtel, dessen drei Hauptkanäle die Amsterdamer Altstadt im Süden und Westen als Halbkreis umschließen, diesen Titel.

An einer zentral gelegenen Anlegestelle wurde die gesamte Gruppe in zwei etwa gleich große Gruppen aufgeteilt. In zwei etwa gleich langen Nachmittags-Zeitslots bestand die Möglichkeit, das Max-Euwe-Zentrum und das Rijksmuseum zu besuchen. Im Max-Euwe-Zentrum drehte sich alles um Schach. Auch wenn das Freiluftschach vor dem Eingangsbereich leider vor einiger Zeit entfernt wurde, bot die Max-Euwe-Statue am Eingangsbereich eine gute Gelegenheit für Selfies. Im Max-Euwe-Zentrum fand ein interessanter Vortrag statt, in welchem die beiden Schachgroßmeister Paul van der Sterren und Erwin L’Ami („aus zwei Generationen“) die legendäre 26. Partie des WM-Kampfs zwischen Max Euwe und Alexander Aljechin 1935, auch bekannt als „Die Perle von Zandvoort“, in aller Ausführlichkeit analysierten und zeigten. Dabei wurden zahlreiche Fragen aus dem Publikum beantwortet und Paul van der Sterren schilderte seine persönlichen Eindrücke von Max Euwe, da er ihn gut kannte und ihn noch zu Lebzeiten erleben durfte.

Angekommen im Rijksmuseum wurden dort in Kleingruppen Führungen organisiert. Neben Informationen zur Architektur des Museums wurden einige Werke von Rembrandt gezeigt und erklärt, darunter auch das wohl bekannteste Werk, „die Nachtwache“.

Anschließend ging es zu Fuß oder per Straßenbahn zurück zum Hotel und von dort nach kurzer Pause im Hotelzimmer zum Frischmachen und Umziehen in ein nahe gelegenes Restaurant zu einem gemeinsamen langen Abendessen. Wegen des sehr schönen warmen Wetters saßen wir draußen unter großen Sonnenschirmen und es war eine nette Biergartenatmosphäre.

Der Höhepunkte des Eurochess 2023 war das Schnellschachturnier mit Einzel- und Team- bzw. Länderwertung. Nach dem gemeinsamen Frühstück ging es Samstags morgens zu Fuß zum Sitz der DNB. Im dortigen großen Kantinenbereich fand das Schnellschachturnier (15 + 10) statt, welches durch den sehr erfahrenen und ruhigen internationalen Schiedsrichter Marc Jongerius geleitet wurde.

Nennenswerte Streitfälle gab es keine. Insgesamt war die Stimmung sehr offen und freundschaftlich, wie man es seit vielen Jahren von Eurochess-Events kennt und schätzt. Angetreten sind 66 Spielerinnen und Spieler von Zentralbanken, kommend aus 13 Ländern wie Niederlande, Italien, Estland, Frankreich, Portugal, Belgien, Deutschland, Slowenien, Spanien, Griechenland und Ungarn. Dazu ein neu formiertes junges Team der Europäischen Zentralbank sowie ein kombiniertes Team aus Luxemburg (Banque centrale du Luxembourg und Europäische Investmentbank).

Zwischen Runde 3 und 4 gab es eine lange Mittagspause und im Kantinenbereich wurden Suppen und Snacks angeboten.

Nach 7 spannenden Runden gewann der Setzlistenerste FM Razvan-Alexandru Sebe Vodislav die Einzelwertung mit 6 Punkten punktgleich vor Albert Termeulen und Colin Stolwijk aus den Niederlanden dank deutlich besserer Zweitwertung. Die Gastgeber aus den Niederlanden zeigten sich in ihren neuen orangefarbenen Trikots (in den vergangenen Jahren blau) in sehr guter Form, denn auf Platz 4 lag mit Enrico Vroombout ein weiterer Spieler des Gastgeber- und Organisationsteams weit vorne. Für die Teamwertung wurden die 4 besten Ergebnisse gezählt. Einige Teams traten mit 5 oder 6 Spielerinnen oder Spielern an und hatten dementsprechend Streichergebnisse. Die Mannschaftswertung wurde dann auch vom Team Niederlande recht souverän mit 22 Punkten gewonnen vor den sonst auch immer starken und favorisierten Franzosen mit 20,5 Punkten, die im Vorjahr in Spanien das Eurochess-Turnier gewannen. Dritter wurde das Kombinations-Team aus Luxemburg (EIB/BCL) mit 19,5 Punkten.

Das Siegerteam der Bank der Niederlande, dazu Jan Timman

Anschließend ging es in das Auditorium der DNB. Dort wartete bereits der Schachgroßmeister und ehemalige Weltklassespieler und Weltranglistenzweite Jan Timman.

Er hat einige sehr schöne – auch selbst komponierte – Schachstudien zusammengestellt und in einem einstündigen Vortrag vorgestellt. Bei der Siegerehrung war er Ehrengast und stand mit auf der Bühne. Vor Beginn der Siegerehrung gab es eine Gedenkminute für den wenige Tage vor Turnierbeginn im Alter von 58 Jahre nach kurzer schwerer Krankheit verstorbenen Gerhard Lutz, der für das Schachteam der Deutschen Bundesbank bei vielen Eurochess-Events mit am Start war und den viele der Spielerinnen und Spieler im Auditorium sicherlich kannten und als sehr netten und immer gut gelaunten aufgeschlossenen Spieler geschätzt haben.

Im Anschluss an die Siegerehrung trat ein griechischer Spieler ans Mikrofon und teilte mit dass die Schachgruppe der Bank of Greece im kommenden Jahr das Eurochess-Event organisieren wird, sodass diese langjährige Tradition fortgeführt werden wird.

Ausklang fand das Eurochess-Event 2023 bei einem gemeinsamen Abendessen in der DNB mit Möglichkeit eines kurzen Gesprächs oder Selfies mit der Schachlegende Timman. Beim Verlassen des Gebäudes erhielt jeder Teilnehmer ein (Abschieds-/Erinnerungs-)Geschenk. Dabei handelte es sich um ein Schachbrett und ein Figurensatz, gefertigt bzw. gegossen aus hochwertiger Schokolade.

Sonntags vormittags traten nach einem letzten gemeinsamen Frühstück die einzelnen Teams ihre Heimreise an, teilweise über vom Organisationsteam bereitgestellte Shuttle-/Taxiservice zum Flughafen oder Hauptbahnhof. Einzelne Teilnehmer nutzten noch die Gelegenheit, ein paar Stunden länger in Amsterdam zu bleiben und die Innenstadt auf eigene Faust zu erkunden und das ein oder andere Museum zu besuchen.

Insgesamt war es wieder ein sehr schönes verlängertes Eurochess-Wochenende, welche hervorragend organisier wurde. Das Wetter spielte mit, denn es war immer sonnig und warm. Das Rahmenprogramm war sehr abwechslungsreich und bot eine große Menge Schach, über das eigentliche Spielen hinaus. Vielen Dank an dieser Stelle nochmals an Taras und Claudia für die tolle Organisation.

Endstand Einzel

Rg. Name Pkt.  Wtg1 
1 Sebe-Vodislav, Razvan-Alexandru 6 31
2 Termeulen, Albert 6 27
3 Stolwijk, Colin 6 26
4 Vroombout, Enrico 5,5 30,5
5 Croizier, Valery 5,5 24,5
6 Rodeghiero, Andrea 5 27,5
7 Hawia, Thierry 5 27
8 Wagner, Steven 5 25
9 Cogan, Nicolas 5 25
10 Charbit, Florent 5 24,5
11 Renault, Fabien 5 24
12 Veenstra, Sander 4,5 27
13 Schelhaas, David 4,5 26
14 Stanic, Zoran 4,5 23,5
15 Densing, Gerd 4,5 21,5

66 Teilnehmer

Endstand Mannschaftswertung

1 De Nederlandsche Bank 22 109,5 89,50 8214
1 Termeulen, Albert 6 27 23,00 2077
2 Stolwijk, Colin 6 26 23,50 2147
3 Vroombout, Enrico 5,5 30,5 26,00 2158
4 Schelhaas, David 4,5 26 17,00 1832
2 Banque de France 20,5 98 73,50 7603
1 Croizier, Valery 5,5 24,5 21,50 1976
2 Cogan, Nicolas 5 25 18,50 1926
3 Charbit, Florent 5 24,5 16,00 1822
4 Renault, Fabien 5 24 17,50 1879
3 EIB-BCL 19,5 101,5 76,00 7547
1 FM Sebe-Vodislav, Razvan-Alexandru 6 31 28,25 2234
2 Wagner, Steven 5 25 19,50 1877
3 Stanic, Zoran 4,5 23,5 15,00 1774
4 Meyer, Henri 4 22 13,25 1662
4 CASC - Bank of Italy 17 109 57,00 7128
1 Rodeghiero, Andrea 5 27,5 17,75 1870
2 Marino, Danilo 4 28,5 14,50 1804
3 Del Vecchio, Leonardo 4 28 13,75 1753
4 Silici, Renato 4 25 11,00 1701
5 National Bank of Hungary 15,5 106 56,50 7062
1 Horvath, Laszlo 4 30 17,50 1908
2 Balsai, Nikolett 4 30 14,00 1878
3 Lovas, Zsolt 4 23,5 13,25 1670
4 Nikowitz, Geza 3,5 22,5 11,75 1606
6 Bank of Greece 14 85,5 37,00 6206
1 Nikolaidis, Georgios 4 22 10,00 1625
2 Pramateftakis, Nikolaos 4 19 9,00 1549
3 Feidakis, Andreas 3 24,5 11,50 1626
4 Ikonomou, Anastasios 3 20 6,50 1406
7 Banco de Portugal 13,5 93 37,75 6337
1 Sousa, Luis Manuel Baptista Rebe 4 22,5 12,00 1657
2 WCM Monteiro, Sara Cristina Da Silva 3,5 25,5 11,75 1695
3 Andre, Tiago 3 23,5 6,50 1491
4 Rebelo, Pracas Antonio Fernande 3 21,5 7,50 1494
8 Banco de España 13,5 86,5 31,00 6156
1 Garcia Ruiz, Juan Benjamin 4 23,5 10,75 1688
2 Ferreruela Canero, Miguel 3,5 22 7,00 1539
3 Cabrera Jimenez, Julio 3 22,5 8,75 1537
4 Jimenez Jimenez, Jose Luis 3 18,5 4,50 1392
9 Deutsche Bundesbank 13,5 86 41,25 6279
1 Densing, Gerd 4,5 21,5 15,00 1694
2 Assmann, Hendrik 3,5 23,5 12,50 1664
3 Kipp, Stephan 3 17,5 6,25 1397
4 Müller-Schlenke, Christoph 2,5 23,5 7,50 1524
10 National Bank of Belgium 13 85 41,00 6095
1 Hawia, Thierry 5 27 17,50 1945
2 Ghysels, Marc 4 24 15,00 1734
3 Morren, Vincent 3 18,5 7,25 1430
4 Le Beau de Hemricourt, Charlotte 1 15,5 1,25 986
11 European Central Bank 12,5 88 36,50 5994
1 Veenstra, Sander 4,5 27 15,50 1878
2 Rodrigues, Guilherme Luis 4 18 11,00 1482
3 Vergnano, Ricardo 2 23,5 7,50 1376
4 Lanciani, Marcello 2 19,5 2,50 1258
12 Banka Slovenije 12 81,5 28,00 5663
1 Kastelic, Helena 4 22,5 11,00 1644
2 Klanjscek, Jaka 3 22,5 8,50 1491
3 Pevec Tomsic, Stanka 3 17 5,50 1267
4 Cesar, Miha 2 19,5 3,00 1261
13 Eesti Pank 11 85 27,50 5812
1 Metsalu, Mart 3 22 9,25 1518
2 Vaga, Marko 3 20,5 7,00 1459
3 Jürgenson, Väino 2,5 22 6,25 1431
4 Vainre, Innar 2,5 20,5 5,00 1404

Ergebnisse bei Chess-results...

Bericht Eurochess 2022... 

Bericht Eurochess 2019... 


Gerd Densing ist ein begeisterter Vereins- und Turnierspieler. Seine Eindrücke hat er in vielen Berichten auf der ChessBase-Nachrichtenseite festgehalten.