Plovdiv – dies ist nur der Auftakt
Von Dejan Bojkov

Als letztes Jahr 237 Spieler zur 30. offenen bulgarischen Meisterschaft nach
Plovdiv kamen, haben nur wenige Leute geglaubt, dass das Turnier noch weiter
wachsen könnte. Dazu kursierten noch Gerüchte in der bulgarischen
Schachgemeinde, dass die gute Verbindung zum Novotel Plovdiv gekappt werden
könnte. Zum Glück erwiesen sich diese Gerüchte als falsch und dieses wundervolle
Hotel war wieder Gastgeber der 31. offenen bulgarischen Meisterschaft, die vom
1. bis zum 7. Februar stattfand. Der Spielsaal war ebenfalls der gleiche wie im
Vorjahr – der große und bequeme Moskau Saal. Kann man es bequemer haben, als den
Spielsaal per Fahrstuhl zu erreichen ohne im Winter vor die Tür gehen zu müssen?
Nicht, dass Plovdiv eine kalte Stadt ist, aber dennoch…
Allerdings brauchten die Organisatoren auch einfach mehr Raum, da dieses Jahr
etwas mehr als 300 Teilnehmer angereist waren! Ein Rekord, nicht nur für das
“Georgi Tringov Gedenkturnier”, sondern für alle Turniere in Bulgarien.
Wundervoll auch, dass sehr viele Teilnehmer Kinder waren.

Schiedsrichter Ruman Angelov
Manche schöne Tradition ändert sich nicht – es gab für niemanden Konditionen,
aber der Preisfonds betrug 8.000 Euro, wobei ein Viertel davon als Spezialpreise
ausgelobt wurden (Veteranen, Frauen, diverse Rating-Preise und zahlreiche Preise
für Kinder). Auch die Gastfreundschaft blieb sehr erschwinglich – acht Euro pro
Bett im Doppelzimmer und zwölf für das Einzelzimmer. Leider blieb das Turnier
aus “Tradition” auch dieses Jahr ohne Webseite.
Symbolisch war die Zahl der ausländischen Teilnehmer – 64. Kamen im Vorjahr die
meisten ausländischen Spieler noch aus Rumänien, so stellten dieses Jahr die
Griechen das größte Kontingent ausländischer Spieler – genau die Hälfte. Es
hätten sogar noch mehr sein können, wenn es in Griechenland nicht einen großen
Streik der Bauern gegeben hätte, der dafür sorgte, dass die Grenzen eine Woche
geschlossen waren, was viele potenzielle Teilnehmer abgeschreckt hat. Außer den
üblichen Verdächtigen – den Balkanländern – kamen auch Teilnehmer aus Italien
und Frankreich.

Xia Jie aus Italien
Das Turnier fand am selben Ort wie und gleich im Anschluss an die Halbfinale der
bulgarischen Frauen- und Männermeisterschaften statt, was beinahe alle Spieler,
die daran teilnehmen, in Plovdiv bleiben ließ. Ein weiterer “Trick”, der junge
Teilnehmer anlockte, war der Umstand, dass die Schachschule für junge Talente
zeitgleich zum Open stattfand.

Schiedsrichterin Veneta Petkova mit ihren Schülern

Meister von morgen

Viele Kinder

Jung und Alt

Svetlana Galunova

WIM Iva Videnova

Svetlana Yordanova
Die Idee dahinter war, dass sich die jungen Talente vor den
Partien vorbereiten und das gewonnene Wissen in der Turniersituation sofort
umsetzen können. Vortragende waren die Großmeister P. Velikov, Kr. Georgiev und
M. Voiska sowie der nationale Meister Zh. Zhekov.

Georgi Filev

IM Marian Petrov (li.)

IM Nikolay Milchev

Petar Arnaudov

Plamen Mladenov

Vasil Alexandrov gegen Marian Petrov
Bei so vielen Teilnehmern gab es keinen klaren Favoriten. Viele der zwölf
Großmeister, die mit großen Ambitionen gekommen waren, erlitten schmerzhafte
Niederlagen und zwei von ihren traten sogar zur Schlussrunde gar nicht mehr an.

GM Julian Radulski

GM Krasimir Rusev

GM Milen Vasilev

GM Milen Vasilev (li.)

GM Vasil Spasov
Andererseits war es keine große Überraschung, dass ein GM das Turnier am Ende
gewann. Im Vorjahr reichten 7,5 für den alleinigen Sieg, doch in diesem Jahr
kamen sechs Spieler auf diese Punktzahl und teilten sich den ersten Platz. Zwei
von ihnen, GM Dejan Antic aus Serbien und Vasil Spasov aus Bulgarien, hatten
exakt die gleiche Buchholz-Wertung, aber Dank seiner Tie-Break Zahl ging der
Sieg an Dejan Antic (gut, wenn man wusste, dass die Preise nicht geteilt
wurden).
Die weiteren Spieler an der Spitze waren die Großmeister Zvonko Stanojoski
(Mazedonien) und Boris Chatalbashev (Bulgarien) ...

GM Boris Chatalbashev
sowie die Internationalen Meister Milan Mrdja (Kroatien) und
Nikola Vasovski (Mazedonien). Von diesen Spielern musste nur Chatalbashev den
bitteren Geschmack einer Niederlage kosten – gegen Mrdja wich er einer
Zugwiederholung aus, nur um einige Züge später aufzugeben.
Turniersieger GM Antic aus Serbien ist eine bemerkenswerte Person.

Dejan Antic
Die Hälfte des Jahres verbringt er in Australien, wo er als
Schachtrainer arbeitet, und die andere Hälfte des Jahres lebt er in Europa, wo
er darauf spezialisiert ist, in den Balkanländern offene Meisterschaften zu
gewinnen. Ende November wurde er bei der offenen serbischen Meisterschaft in
Obrenovac geteilter Erster.
Apropos Rekorde: GM Kiril Georgiev wird demnächst versuchen, den Weltrekord im
Simultan zu brechen, wobei er gegen mindestens 322 Spieler antreten muss. Das
Interesse an diesem Versuch, ins Guiness-Buch der Rekorde zu kommen, ist
gewaltig, und mittlerweile gibt es schon mehr als 600 Freiwillige, die dabei
mitmachen wollen.

GM Kiril Georgiev trainiert for den Rekord. Foto: chess-bg.com
Dieses Simultan wird am 21. Februar 2009 in Sofia stattfinden,
genau dann, wenn ein anderes wichtiges Schachereignis, das
Weltmeisterschaftshalbfinale zwischen Veselin Topalov und Gata Kamsky in seiner
interessantesten Phase sein dürfte.
GM Dejan Bojkov
www.dejanbojkov.blogspot.com