Der WM-Kampf rückt näher
13-0, das ist die Bilanz Magnus Carlsens am 8. Oktober. Am Abend gewann der sichtlich erkältete Weltmeister die "Play Live Challenge" in Hamburg beim Spiegel mit 12-0, am Morgen hatte Carlsen den englischen Fußballer Trent Alexander-Arnold in 17 Zügen Matt gesetzt und dabei ein ungewöhnliches Matt mit zwei Springern und einem Läufer aufs Brett gezaubert.
Doch trotz Erkältung und straffem Tagesprogramm nahm sich Carlsen Zeit für ein kurzes Interview mit ChessBase.
Macauley Peterson: Heute morgen warst du in Manchester, aber warst du in den letzten Tagen auch in London?
Magnus Carlsen: Ja, ich konnte mir in London ein paar Hotels und so angucken, das hat gepasst.
MP: Welchen Eindruck hast du vom Spielort, der Umgebung, den Vorbereitungen auf den Wettkampf?
MC: Ich hatte leider keine Gelegenheit, mir den Spielort anzuschauen, aber ich habe gehört, dass er nicht schlecht sein soll. Was die Umgebung betrifft, so ist das ein ziemlich hektischer Teil von London, und damit nicht die ideale Umgebung, um sich zwischen den Partien zu entspannen, aber zumindest herrscht an Restaurants etc. kein Mangel. Das ist gut. Aber ich muss sehen, dass ich mitten in der Stadt Frieden und Ruhe finden kann.
Und einen Basketballplatz?
Ja, den suchen und finden wir sicher auch.
Deine Gegner bei der "Play Live Challenge" sollten heute eigentlich mit Musik aus den Avengers-Filmen auf die Bühne kommen, aber die GEMA, die Gesellschaft, die in Deutschland die Nutzungsrechte für Musik verwaltet, hatte kein Erbarmen und so fiel dieser Plan ins Wasser. Aber ich nehme an, du bist Marvel-Fan.
Nein, nicht wirklich. Ich bin einer der wenigen, der kein Fan ist.
Okay…dennoch die Frage: der Schachhistoriker Olimpiu Urcan hat in einem Tweet vor kurzem gesagt: "Als Magnus Carlsen Fan macht man sich ein wenig Sorgen, dass Fabiano Caruanas Gewinnpartien stilistisch immer carlsenesker werden. Dessen ungeachtet bleibt der Norweger ein Thanos in einer Welt tüchtiger Avengers."
Aber werden sie das wirklich? Ich meine, er spielt extrem gut, aber ich habe den Eindruck, dass er seine Siege im Caruana-Stil erzielt. Er spielt sehr gut. Das muss man ihm lassen. Und er hat bei der Olympiade eine Reihe riesiger Partien gespielt. Aber ich hoffe, dass er bei unserem Wettkampf mehr Schwierigkeiten haben wird. Aber bei der Olympiade und auch das ganze Jahr über hat er sehr gut gespielt.
Carlsen auf seinem Weg zu einem 12-0 Sieg im Simultan | Foto: Lisa Meinen
Deine Bilanz gegen Caruana vor dem Wettkampf ist fast so ähnlich wie deine Bilanz gegen Karjakin vor dem WM-Kampf 2016 - etwa 2-1 nach entschiedenen Partien.
Aber da gibt es Unterschiede, denn gegen Karjakin habe ich fast nie verloren, während ich gegen Caruana ein paar Niederlagen auf dem Konto habe und er auch sonst gut spielt. So gesehen ist die Bilanz sehr unterschiedlich, vor allem, weil viele meiner Partien gegen Caruana entschieden wurden. Und ich habe etwa zehn Partien mit klassischer Bedenkzeit gegen ihn gewonnen, mehr als fast gegen jeden anderen Gegner. Das sagt einem, dass dieser Wettkampf wahrscheinlich ganz anders verlaufen wird als meine vorherigen Wettkämpfe. Ich wäre nicht überrascht, wenn vier oder sogar fünf Partien im Wettkampf mit einer Entscheidung enden.
Der Match in London gegen Caruana ist dein vierter WM-Kampf. Das erste Match gegen Anand in Chennai 2013 war etwas Besonderes, das zweite Match gegen Anand 2014 war eine Art Rückkampf. Aber worin siehst du den größten Unterschied zum WM-Kampf vor zwei Jahren, dem Match gegen Karjakin in New York 2016?
Der größte Unterschied besteht darin, dass sich dieses Mal alle einig sind, dass hier die zwei stärksten Spieler der Welt gegeneinander antreten. Es gibt niemanden, der das ernsthaft bezweifelt, und das macht diesen Wettkampf noch aufregender, und das macht es mir auch irgendwie leichter, denn ich weiß, dass dieser WM-Kampf zu 100 Prozent gerechtfertigt ist, während man bei den vorherigen Wettkämpfen immer hätte fragen können "und was wäre passiert, wenn sich jemand anderes qualifiziert hätte" — wie beim letzten Mal: "Was wäre passiert, wenn Caruana die letzte Runde des Kandidatenturniers gegen Karjakin gewonnen hätte", wäre das nicht ein härterer Wettkampf geworden? Dieses Jahr kämpfen wirklich die Besten.
Übersetzung aus dem Englischen: Johannes Fischer
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Play Magnus Challenge beim Spiegel