Ding Liren: Interview in der Zeit

von André Schulz
08.02.2024 – Die chinesischen Frauen haben schon vor langer Zeit den Titel der Schachweltmeisterin erobert. Ding Liren ist der erste chinesische absolute Weltmeister. Nach dem Sieg machte er sich jedoch rar. Nun ist er wieder da, aber noch nicht in Topform. Ullrich Stock sprach mit ihm für Zeit-online über die Gründe seiner Pause, Popularität und viele private Dinge. | Foto: Lennart Ootes

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Nach seinem Sieg verschwand Ding Liren bald für Monate aus der Öffentlichkeit und spielte keine Partie. Nun ist er zurück, war beim Tata Steel Turnier aber noch nicht in der besten Verfassung und ist einer der acht Superstars beim Weissenhaus Freestyle-Chess-Challenge.

Dem Zeit-Reporter Ullrich Stock war es schon im letzten Jahr in Wijk aan Zee gelungen, mit dem bescheidenen und zurückhaltenden chinesischen Super-Großmeister ein Interview zu führen. Von Wijk aan Zee nahm Ding Liren den Weg nach Weissenhaus über Hamburg, besuchte ChessBase und die Zeit-Redaktion für ein weiters Interview, diesmal als Weltmeister.

Im neuen Interview mit Ullrich Stock verriet der stets sehr ehrliche Ding Liren, dass er unmittelbar nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft weinen musste. Nach dem Wettkampf konnte er jedoch monatelang nicht richtig schlafen und musste Medikamente nehmen. Sogar eine Klinik musste er besuchen, um sich untersuchen zu lassen. Als Ursache vermutete man Erschöpfung nach der großen Anstrengung im WM-Kampf. Inzwischen gehe es ihm aber besser, meinte Ding Liren.

Fehlende Motivation nach dem Titelgewinn sei keinesfalls der Grund für seine Abstinenz gewesen. Nach Wijk aan Zee ist er eigentlich gefahren, um dort um den Turniersieg zu kämpfe, wurde aber nur Neunter von Vierzehn, was sehr enttäuschend war.

Zeitweise hatte Ding aber tatsächlich auch über einen Rückzug vom Turnierschach nachgedacht. Diese Idee ist vom Tisch. Er will auf jeden Fall seinen Titel verteidigen und auch Turniere spielen. Und er möchte in der Ratingliste den ersten Platz erobern. 

Durch eine Änderung in seinem Training habe sich auch sein Stil verändert. Früher spielte Ding sehr solide, legte eine Serie von 100 Partien ohne Niederlag hin, jetzt agiere er aggressiver und mit mehr Risiko.

Der Titelgewinn hätte ihm in China keine besondere Popularität eingebracht. Go sei viel populärer als Schach, gab Ding Liren als Grund an. Immerhin wurde er bei seinem Wettkampfsieg in den Sportnachrichjten erwähnt.

In Hamburg nutzte Ding Liren auch die Gelegenheit und besuchte als Kulturfreund die Hamburger Kunsthalle. Im Übrigen freue er sich auf das Freestyle-Turnier.

"Das ist wie frische Luft!", meint Ding. "Keine vorbereiteten Varianten, aber deshalb auch schwieriger zu spielen. Ich freue mich, dass Magnus Carlsen dabei ist."

Im Interview mit Ulrich Stock gibt der Bob Dylan-Fan Ding Liren zudem viele persönliche Einblicke in sein Privatleben. Sehr ungewöhnlich für einen Sportstar und sehr interessant. 

Zum Interview bei Zeit-online (evtl. Bezahlschranke)...


André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.