Das Wissen, das Du jetzt brauchst!
Die neue Version 18 bietet völlig neue Möglichkeiten für Schachtraining und Analyse: Stilanalyse von Spielern, Suche nach strategischen Themen, Zugriff auf 6 Mrd. LiChess-Partien, Download von chess.com mit eingebauter API, Spielervorbereitung durch Abgleich mit LiChess-Partien, eingebaute Cloud-Engine u.v.m..
Die vier Vorrunden der Deutschen Internetmeisterschaft sind absolviert und die Qualifikanten für die Zwischenrunde stehen fest. An den Vorrunden haben sich etwa 1100 Spieler beteiligt. Martin Fischer (Turnierleiter) und Frank Jäger (Schiedsrichter) berichten von den organisatorischen Details in ihren Aufgabenbereichen.
Braucht man viel Erfahrung, um ein solch großes Turnier ordnungsgemäß durchzuführen?
Ich denke, für größere Turniere braucht man schon etwas Erfahrung. Zumindest sollte man das Turnierleiterprogramm sicher beherrschen und in der Lage sein, Entscheidungen schnell zu treffen sowie damit leben zu können, dass man sie ein zweites Mal anders getroffen hätte. Ist zwar selten, kommt aber vor.
Erfahrung, insbesondere mit der Turnierleiter-Software, kann sich eigentlich jeder auf playchess.com/schach.de aneignen.
Seit wann leiten Sie Internet-Schachturniere?
Seit Ende 2002 leite ich für ChessBase Turniere auf dem Server unterschiedlichster Größe und mit verschiedensten Modi.
Wie viele Sysops sind mit der Durchführung beschäftigt?
Bei der Deutschen Internetmeisterschaft waren das neben mir noch Gaby Assmann und Reinhold Goldau von ChessBase sowie Frank Jäger vom DSB. Ohne deren Zuarbeit vor, während und nach dem Turnier wäre die Arbeit kaum zu schaffen und derartige reibungslose und zügige Turniere utopisch. Turniere wie diese, wo einiges an Arbeit vor und nach dem eigentlichen Turnier anfällt, sind nur mit einem guten Team, das wir haben, machbar.
Gab es Probleme? Gab es irgendwelche kuriosen Zwischenfälle oder bemerkenswerte Vorfälle?
Schwerwiegende Probleme gab es nicht. Die hohe Anzahl der Teilnehmer ergab natürlich ein hohes Chataufkommen und da kommt es schon mal vor, dass die eine oder andere Frage das erste Mal durchrutscht (Schließlich muss ich die Antwort auch im Chat tippen). Aber ich antworte auch auf zweite Anfragen und zwei andere Sysops standen zur Verfügung, die Fragen beantworten der weiterleiten konnten. Schön wäre es, wenn man Anforderungen aus der Ausschreibung (z.B. Nennung von Verein und Realnamen, Premium-Zugang) nicht noch diskutieren muss.
Was ist, wenn ich es nicht rechtzeitig zum Rundenbeginn zum Brett schaffe? Wie viel Zeit habe ich als Spieler zwischen zwei Runden?
Solange man virtuell im Spielsaal bleibt beginnt die Partie und die Uhr läuft. Verlässt man allerdings den virtuellen Spielsaal, wird man nicht ausgelost, verpasst die Runden und kann kein Punkt machen. Das ist bei Online-Turnieren notwendig, da ansonsten durch stillschweigende Rücktritte zu viele Partien kampflos sein würden. Und die meisten Teilnehmer wollen spielen und nicht nur Punkte sammeln.
Könnte ich auch als (technisch) nicht so erfahrener Spieler an solchen Turnieren teilnehmen?
Das ist sehr einfach. Im Turniersaal beim Turnierleiter anmelden (dazu gibt es einen „Mitmachen-Button). Wenn das Turnier anfängt, beginnen die Partien automatisch, das Ergebnis wird automatisch gemeldet, so dass man nichts anderes zu tun braucht als seine Partien zu spielen.
Wie und wann erfahre ich als Teilnehmer, ob ich mich für die nächste Runde qualifiziert habe?
Die Liste der Qualifikanten ist im Bericht über die 4. Vorrunde enthalten.
Bei den Tabellen steht immer „Vorbehaltlich der Cheating-Kontrolle“. Was hat es damit auf sich?
Für jedes Turnier führen wir eine Cheating-Kontrolle durch. Eine spezielle Software überprüft die Partien auf typische Eigenheiten des Enginespiels. Indizien werden dann bewertet und gewichtet, so dass am Ende eine Wahrscheinlichkeit steht. Wenn das Ergebnis der Software-Kontrolle dann vorliegt werden Spieler, genauer deren Partien, bei denen die Software anschlägt noch einmal von einem Menschen überprüft. Und erst dann fällt eine Entscheidung. Das schließt Fehler nicht aus, aber macht fehlerhafte Anschuldigungen, die besonders fatal wären, unwahrscheinlicher, da der Schiedsrichter keine begründeten Zweifel haben darf. Bei rund 1400 Partien (4. Vorrunde ) kostet die Software-Überprüfung Zeit. Aber hier ist uns Gründlichkeit wichtiger als Geschwindigkeit. Und sollte es cheating-Fälle geben, so behandeln wir das möglichst diskret.
Kann man selber auch Turniere durchführen? Zum Beispiel mit meinen Vereinskollegen.
Ja, dazu braucht man einen virtuellen Vereinsraum (siehe Tutorial https://de.chessbase.com/post/der-virtuelle-vereinsraum-und-das-onlineschach) und speziell über die Durchführung von Turnieren wird es weitere Tutorials geben.
Was könnte man bei der Deutschen Internetmeisterschaft in Zukunft noch verbessern?
Da habe ich ein paar Wünsche, die ich nach Abschluss des Turniers mit allen Beteiligten besprechen werde. Besser werden kann man (fast immer).
Kann ich bei der Zwischenrunde am Samstag auch zuschauen, wie und wo?
Ja, mit dem Windows-Client auf schach.de in der Emanuel—Lasker Arena, ab 16.00 Uhr.
Welche Aufgabe haben Sie beim Deutschen Schachbund und welche Aufgabe bei der Deutschen Internetmeisterschaft?
Ich bin für den DSB als Schiedsrichter in der Bundesliga und Oberliga tätig, Mitglied in der Schiedsrichterkommission und arbeite seit vielen Jahren im Team der Deutschen Schach-Amateurmeisterschaft mit.
Seit Mai 2019 bin ich Beauftragter für die DSIM. Hier habe ich mich hauptsächlich um die Erstellung der Ausschreibung und die Kommunikation mit den Teilnehmern gekümmert. Natürlich war ich auch bei allen vier Vorturnieren online auf dem Server und habe dort bei der Kommunikation mit den Spielern und bei der Prüfung von Spielerdaten unterstützt.
Wie sind die Internet-Turniere aus ihrer Sicht verlaufen?
Erst einmal möchte ich mich bei Martin Fischer bedanken, der mich sowohl im Vorfeld bei der Erstellung der Ausschreibung beraten als auch bei der Kommunikation mit den Spielern, insbesondere bei konkreten technischen Fragen zur Teilnahme, unterstützt hat. Er war außerdem als Turnierleiter bei drei Vorturnieren anwesend. Der Dank gilt natürlich auch den anderen am Projekt beteiligten ChessBase-Mitarbeitern, die teilweise bis nachts 3 Uhr noch die Partien und Tabellen des Vorturniers aufbereitet haben.
Den großen Ansturm, sicher auch bedingt durch die aktuelle Situation, habe ich so nicht erwartet und bin positiv überrascht. Auch gefällt mir, dass die Vorturniere sowohl für die Spitzenspieler als auch für die Amateure interessant sind. So haben ich bspw. mit Interesse den Live-Stream bei Twitch von Georg Meier verfolgt und mich haben einige positive Rückmeldungen erreicht.
Wenn Sie es mit der Deutschen-Amateurmeisterschaft vergleichen, bei der Sie auch mitwirken: Was sind die Unterschiede und gibt es auch Gemeinsamkeiten bei diesen unterschiedlichen Turnierformen?
Bei der DSAM hat man zu einigen Spielern einen guten Kontakt, unterhält sich bei der Anmeldung oder auch während der Turniertage. Das ist im Internet schon alles sehr anonym, auch wenn die Spieler die Klarnamen im Profil eintragen müssen.
Natürlich gibt es für einen Schiedsrichter bei der DSIM nicht die Entscheidungen am Brett, wie es in einem normalen Turnier der Fall ist.
Gilt hier eigentlich das gleiche Regelwerk wie beim Face-to-Face-Schach, oder gelten besondere Regeln?
Es gibt im Online-Schach besondere Regeln, aber da kennt ihr euch von ChessBase sicher viel besser aus als ich.
Natürlich spielt auch das Cheating-Thema eine wichtige Rolle und ich bin froh, dass durch die nachträgliche Analyse aller Partien der Vorturniere hier auch noch einmal großen Wert auf eine saubere Internetmeisterschaft gelegt wurde. Dazu gehört leider auch, dass zwei Spieler wegen Cheatings gesperrt wurden.
Wie sind Sie bei den Turnieren für die Teilnehmer sichtbar/erreichbar. Gibt es Reklamationen und wie werden sie eingereicht?
Ich bin vor, während und nach den Turnieren per E-Mail erreichbar und versuche viele Anfragen sehr zeitnah zu beantworten. Mich haben auch wenige Minuten vor dem Start noch Anrufe erreicht, ob man denn noch mitspielen könne und was man dafür tun muss.
Während des Turniers bin ich ebenfalls online und werde im Chat bei Problemen angesprochen, die ich dann entweder selbst beantworten oder auch an den Turnierleiter weitergeben kann.
Am Ende des Turniers habe ich auch darum gebeten, was natürlich auch weiterhin der Fall ist, Feedback an dsim@schachbund.de zu senden.
Was könnte man bei der Deutschen Internetmeisterschaft in Zukunft noch verbessern?
Eine sehr hilfreiche Unterstützung war das Anmeldetool von Frank Hoppe auf der DSB-Seite. Dadurch konnten die Daten vieler Spieler bereits im Vorfeld überprüft werden. Natürlich gibt es auch immer wieder spontane Teilnahmen, so dass man sich zu Turnierstart auf die Überprüfung dieser Spieler konzentrieren kann.
Die Überprüfung, ob jeder Spieler in seinem ChessBase-Account einen Klarnamen und Verein eingetragen hat, DSB-Mitglied ist bzw. einen Premium-Account besitzt, könnte aus meiner Sicht in Zukunft effizienter gestaltet werden.
Auch für die Veröffentlichung der Ergebnisse während der Runden und dann im Nachgang inklusive Markierung der Qualifikanten gibt es Verbesserungspotential, z.B. dass auch in den Tabellen die Klarnamen sofort sichtbar sind. Die Ermittlung der Qualifikanten ist etwas aufwendiger, da ja alle für die Zwischenrunde sowieso spielberechtigten Spieler (Titelträger GM, IM, WGM, WIM, DWZ >= 2300, Kaderspieler) sowie Qualifikanten eines vorherigen Turniers für die Vergabe der Qualifikationsplätze nicht beachtet werden.
Auch sollte man aus meiner Sicht darüber nachdenken, ob es gut ist, dass jeder neue Spieler mit der Start-ELO von 1620 gewertet wird oder ob es eine Möglichkeit gibt, dass bspw. sehr starke Spieler mit ihrer FIDE-ELO als Startwertzahl aufgenommen werden können.
Sicher muss man auch noch die Zwischen- und Endrunde abwarten, um ein abschließendes Fazit zur DSIM ziehen zu können.
Die Fragen stellte André Schulz