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Rezension von Christian Höthe, Braunschweig
Über Viktor Kortschnoi ist eine Menge geschrieben worden und nichts liegt mir ferner als dies hier in aller Ausführlichkeit zu wiederholen.
Daher nur ganz kurz zusammengefasst: Kortschnoi wurde 1931 geboren und ist somit heute stattliche 84 Jahre alt. Seine ersten bekannten Partien datieren von 1945, das bedeutet, dass er seit fast 70 Jahren Schach auf allerhöchstem Niveau spielt. Das ist beeindruckend: Vermutlich hat er heute mehr über Schach vergessen als ich je lernen werde!
Er emigrierte 1976 aus der Sowjetunion, war vierfacher Meister der UdSSR, spielte 1978 sowie 1981 um die Weltmeisterschaft und wurde 2006 Senioren-Weltmeister. Allein das sind schon beeindruckende Eckpfeiler einer langen und spannenden Profi-Schachspielerkarriere!
Zwischen 1955 und heute nahm er an nahezu allen großen und wichtigen Turnieren teil. Viele davon kenne ich nur aus Büchern, während Kortschnoi diese alle miterlebt hat und vor Ort war! Insofern war und ist Schach in der Tat sein Leben!
Selbstverständlich hat er sich in diesem Zeitraum mit allen Generationen von Schachgrößen gemessen und so ziemlich jeden Spitzenspieler von Rang und Namen geschlagen, viele darunter sogar mehrfach. Hier die bekanntesten Verfechter: Botwinnik, Smyslov, Polugajewsky, Geller, Tal, Petrosian, Fischer, Karpov, Kasparov und auch Carlsen! Interessant finde ich, dass ein Meister des Angriffs wie Tal mit der komplizierten strategischen Spielweise Kortschnois so ganz und gar nicht zurecht kam und ihm 13 zu 4 unterlegen war, Remisen nicht mitgerechnet!
Kortschnoi ist für mich in mehrerer Hinsicht eine absolute Ausnahmeerscheinung und wer sich ein wahrhaftiges Bild von ihm machen möchte, dem möchte ich ganz dringend seine Biographien "Meine besten Kämpfe 1+2" sowie "Mein Leben für das Schach" ans Herz legen. Besonders letztere liest sich teilweise wie ein Krimi und zeichnet das Bild eines Mannes, der viel erlebt und leider auch erlitten hat.
Kortschnoi ist bekanntlich niemand, der ein Blatt vor dem Mund nimmt und traut sich auszusprechen, was sich kaum ein anderer traut. Das macht ihn mir überaus sympathisch und erinnert direkt ein wenig an Clint Eastwood und Oliver Kahn´s Spruch "Eier. Wir brauchen Eier!"
Viktor Kortschnoj spricht
In insgesamt 7 Stunden Spielzeit beschreibt Kortschnoi auf unterhaltsam-instruktive Weise eine Auswahl seiner besten Partien, die Turnieratmosphäre und häufig auch sein Verhältnis zum jeweiligen Gegner. Er spart dabei weder mit Lob, noch Kritik für das eigene Spiel oder das des Gegenübers. Was mir besonders gefallen hat, ist sein spitzbübisches Lächeln, wenn er in der vorgestellten Partie einen extrem starken Zug gespielt hat. ;-)
Den Beinamen "Viktor der Schreckliche" erhielt Kortschnoi aufgrund seines kompromisslosen Spielstils, der Art und Weise, wie er es versteht, jeweils mit Weiß als auch Schwarz auf Gewinn zu spielen. Kortschnoi brilliert in komplizierten strategischen Stellungen. Mit Weiss bevorzugt er geschlossene Spielweisen wie das Damengambit, Englisch und besonders das Spiel gegen Königsindisch; als Nachziehender war er stets Experte für Französisch, Nimzo- und Damenindisch. In Kortschnois Partien dominiert der Kampf, strategische Mittelspiele, die oft in komplizierte Endspiele münden - den Spielabschnitt, in welchem Kortschnoi extrem stark war.
Hier ein paar Eindrücke seiner Spielkunst:
Kortschnoi - Karpow
Kandidatenfinale 1974
Die folgende fast 40 Jahre alte Partie mutet insbesondere heute noch überraschend modern an - besonders das für diese Variante typische Bauernopfer 13. ...d5-d4!
Spassky - Kortschnoi
Kandidatenfinale 1977
Hier wohl Kortschnoi´s bekanntester Sieg über Kasparov, der damals auf dem Weg zum Weltmeistertitel allerdings nur temporär aufzuhalten war:
Kasparov - Kortschnoi
London 1983
Hier ein typisch französisches Mittelspiel ohne Damen - in "Meine besten Kämpfe - Partien mit schwarz" beschreibt Kortschnoi seinen Respekt vor den Angriffskünsten Nunns, weshalb er sich für die folgende Variante entschied, die mit einem frühen Damentausch verbunden war:
Nunn - Kortschnoi
Luzern 1985
Und zu guter Letzt das Aufeinandertreffen mit einem weiteren zukünftigen Weltmeister. Kortschnoi war zu diesem Zeitpunkt 73 Jahre alt, mit einer beeindruckenden Elo von noch immer 2600, während Carlsen, zarte 14 Jahre, in diesem Jahr seinen Großmeister-Titel erreichte, aber dennoch schon bei 2581 Elo lag: die beiden trennten unglaubliche 59 Jahre und doch konnte Kortschnoi dem aufstrebenden Wunderkind noch eine Lektion erteilen:
Kortschnoi - Carlsen
Drammen 2004
Fazit: Nach Meinung vieler Experten ist Kortschnoi neben Paul Keres, den Kortschnoi für seine Persönlichkeit und Spielstärke überaus schätzte und dies auch in seinen Biographien anerkennend zum Ausdruck bringt, der stärkste Spieler, der leider nie den Weltmeister-Titel erreichte. Auf diesen beiden DVDs können Sie die Legende Kortschnoi live erleben - ein Erlebnis, das Sie sich keinesfalls entgehen lassen sollten!
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Pressemitteilung 10/2015
vom 10. November 2015 – bis 30. März 2016 im Schachmuseum Kriens/Luzern
Vernissage: Dienstag, 10. November, 16:00 Uhr mit Apèro
Matchplay: Kortschnoi vs. Taimanov
Mittwoch und Donnerstag, 11./12. November jeweils 14:00 Uhr
Mark Tajmonov und Viktor Kortschnoj zu Kortschnojs 80stem Geburtstag
Viktor Kortschnoi (Ehrenbürger der Gemeinde Wohlen AG und Ehrenmitglied des Schweizerischen Schachbundes) gehört zweifellos zu den schillerndsten Schachspieler der letzten 40 Jahre, wenn man seine Erfolge, Partien und sein Wirken für die Schachwelt betrachtet. Der zweifache Vize-Weltmeister wird im kommenden März 85 Jahre alt und ersuchte 1976 um politisches Asyl in der Schweiz, wo er seine internationale Karriere fortsetzte und für die Schweiz 11x an olympischen Spielen teilnahm, darunter die Schacholympiade 1982 in Luzern. Viktor Kortschnoi war zeitlebens ein Kämpfer – am und neben dem Brett.
Während seiner Karriere war er an unzähligen Schachbüchern aus alter und neuer Zeit (Tschaturanga aus dem Olms Verlag) und seinen eigenen Publikationen beteiligt. Ihm widmen wir die erste offizielle Ausstellung im Schachmuseum: Viktor Kortschnoi – Ein Leben für das Schach. Wir zeigen seine Trophäen, Bücher, offizielle Partieformulare der Mannschafts-Weltmeisterschaften 1989/1993/1997 sowie Fotos seiner langjährigen Karriere in der UdSSR und in der Schweiz.
Kurz nach seiner Fluch 1976
Werden Sie Zeuge seines Schaffens und seiner aussergewöhnlichen Fähigkeit, die Menschen in den Bann der 64 Felder zu ziehen. Unterstützt wird die Ausstellung von der Stiftung ACCENTUS, Sport+Kultur Luzern, Kanton Luzern, Swisslos, den Gemeinden Luzern Stadt, Kriens, Horw und Wohlen sowie zahlreichen weiteren Institutionen und Privatpersonen aus der ganzen Schweiz.