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Lorin D'Costa: ABC of the English Opening
Schach ist ein verflixtes Spiel. Gerade glaubt man es verstanden zu haben, und spielt im Rausche dieses Bewusstseins den nächsten Mannschaftkampf, verliert man in der Variante, die man so lange Zeit studierte, in 20 Zügen chancenlos gegen einen 100 ELO schwächeren Spieler. Im Versuch dieses zu ändern studierte ich einst Buch um Buch, pflügte mich durch Berge an Varianten, und verlor dann doch erneut in derselben Variante. Es musste doch einen bequemeren Weg geben, mehr über das Spiel zu erfahren? Schließlich fand ich diesen: das Studium von Fritz-Trainings-DVDs.
Mein ganzes Regal ist voll mit diesen DVDs, und 75% habe ich schon ganz durchgearbeitet. Das Gefährliche ist bloß, dass man sie meist zur puren Unterhaltung ansieht - meist hat man nach 4 Wochen wieder alles vergessen. Wenn man sie wirklich nutzen möchte, kommt man wohl nicht umhin, sie sich mehrfach anzusehen.
Einige der DVDs mag ich weniger als andere - insbesondere die, wo ein an sich großartiger Spieler oder Trainer aus fernem Land mir die Varianten in einem piepsigen Englisch vorträgt, das man kaum aushalten kann. Oder die DVDs, wo irgendjemand, dem man wohl gesagt hat, beim Schach dürfe man keine Gefühle und nur ein Poker-Face zeigen, mit unbeweglicher Miene die Züge runterspult. Oder diejenigen DVDs, wo ein Supergroßmeister die Varianten in einem solchen Affenzahn herunterspult, dass niemand unter IM-Niveau den Zügen folgen kann.
Dafür finde ich andere DVDs wiederum brillant: am liebsten mag ich die von Yasser Seirawan. Er erklärt Varianten langsam und verständlich, hat selber eine Menge Spass dabei, lacht auch mal, schlägt die Hände vor den Kopf ob seiner eigenen Fehlzüge und verbindet alles mit interessanten Anekdoten aus seinem langen Schachleben. Auch die von Nigel Short sind großartig. Immer wenn sich die Schachlehrer auch etwas von sich preisgeben, Gefühl zeigen und zusätzlich kenntnisreich referieren, dann stimmt die Mischung und der Lernerfolg ist gegeben. Merke - und hier spreche ich als Psychiater - das Gehirn behält nur das, wo gleichzeitig eine affektive bzw. gefühlsmäßige Beteiligung gegeben ist.
Schön sind auch die DVDs in Doppelbesetzung - z.B. Helmut Pfleger und Vlastimil Hort; weil sie lebendiger sind, weil darin beide sich gegenseitig an schöne oder charakteristische Begebenheiten aus ihrem Schachleben erinnern und dabei eine Menge Spaß haben. Auch wenn Helmut Pfleger in die Tiefen der griechischen Mythologie hinabsteigt, um das trockene Hin- und Herschieben von Figuren aufzulockern, dann wird die Angelegenheit sofort lebendig und gewinnt an Farbe.
Nun habe ich mir eine DVD über meine Lieblingseröffnung Englisch zur Besprechung ausgesucht. Besonders gern mag ich den Botwinnikaufbau. Ich habe einige Bücher darüber gelesen und schon ein paar nette Erfolge damit gesammelt, z.B. ein Unentschieden gegen Kosteniuk vor langer Zeit beim Genf Open.
Ich war also gespannt auf den Inhalt - allerdings hatte ich vom Autor, einem gewissen IM Lorin D'Costa, in meinem Leben noch nichts gehört. Hört sich portugiesisch an, dachte ich - also wieder schwierig zu verstehendes Hybrid-English? Nein, vielmehr kommt Lorin D'Costa aus England und spricht auf der DVD ein ruhig vorgetragenes, vergleichsweise sauberes Englisch, was man gut verstehen kann.
Er behandelt auf der DVD folgende Themenkomplexe:
1) 1.c4 e5
2) 1.c4 c5 Symmetrievariante
3) 1.c4-Systeme gegen Slawisch, Königsindisch, Grünfeld
4) 1.c4 b6 und andere Nebenvarianten
Als Erstes prüfe ich immer, wieviel Stunden an Videos die DVD hat. Denn einige Weltklasseleute sind da faul und zeigen nur 3-4 h lang etwas. Hier aber war ich positiv überrascht: 7 Stunden Schach (!) und das zum Preis von unter 30 Euro. Da kann man wohl nicht meckern, dachte ich mir. Dazu noch die üblichen Gimmicks inklusive einer Datenbank mit den wichtigsten Partien.
Das Schöne ist, dass der Autor die verschiedenen Züge logisch miteinander verbindet und z.B. die Vor- und Nachteile und Unterschiede zwischen einzelnen Variantenkomplexen genau herleitet, welchen Unterschied es z.B. wohl macht, wenn in einer Variante der Springer nach f6 oder nach e7 wandert, so dass man nicht nur sinnlos Varianten paukt, die der Gegner dann mit einer einzige unorthodoxen Erwiderung sofort zunichte macht.
Was sind die typischen Bauernhebel? Wo sollte man die Figuren plazieren?
Er gibt dem Ganzen eine Struktur und es macht wirklich Spaß, sich dies alles en detail zeigen zu lassen. Lorin D'Costa erklärt transparent auch einfachere Drohungen. Das finde ich gut, denn die Mehrzahl der Spieler sind nunmal im Vergleich zu Meisterspielern schwach und sehen selbst einfache Kombinationen oft nicht. Da kann man nicht einfach voraussetzen, dass sie sofort erkennen, dass dieser oder jener Zug zu einem 5-zügigen erstickten Matt führt.
Der Autor baut schrittweise ein umfassendes Englisch-Repertoire auf, das einen sicheren Kompass im Dickicht der Varianten bedeutet. Ich kann nur jedem raten, der ein paar englischsprachige Grundkenntnisse besitzt, sich die DVD zu kaufen, wenn er beim nächsten Mannschaftskampf nicht nach z.B. 1. c4 e5 schon am Ende sein möchte. Aber - pssst! - vor meinem nächsten Mannschaftskampf mit der SG Porz bitte die CD nicht kaufen, sondern erst hinterher...
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