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Ernst Bönsch zum 80sten
Von Frank Hoppe
Der Name Bönsch ist seit Jahrzehnten im deutschen Schach ein Begriff. Großmeister Uwe Bönsch gehörte zum Nationalkader der DDR und ist seit nunmehr 14 Jahren Bundestrainer. Sein Vater Ernst Bönsch gehörte in der DDR und jetzt im vereinigten Deutschland zu den herausragenden Trainerpersönlichkeiten. Einen Namen machte er sich nicht nur in Fachkreisen mit seinem 1985 erschienenen Werk "Schachlehre". Für die einen war das 447 Seiten dicke Buch ein unerläßlicher Helfer bei der schachlichen Ausbildung, für die anderen die Kapitel über Klassifizierung und Wertungszahlen eine wahre Fundgrube. Heute wird Ernst Bönsch 80 Jahre alt und Frank Hoppe stellte ihm einige kurze Fragen.
Du feierst heute Deinen 80. Geburtstag. Wie fit fühlst Du Dich noch?
Sicher werden das die Mitstreiter der Altersklasse Ü80 persönlich sehr
unterschiedlich sehen. Gesundheit, Lebenswille und sportliche Aktivitäten sind
dabei eine starke Kraft und sollen Vielen in den unteren Altersklassen Mut
machen, gesund zu altern. Aber wenn man an den rüstigen Berliner Vorsitzenden
des Vereins SV Berolina Mitte, Werner Windmüller oder den kampfstarken GM Viktor
Kortschnoi denkt, so gibt es auch im Schach eine Reihe von Vorbildern des
lebenswerten Alterns.
Ich will versuchen, auch weiterhin in der DSB-Lehrkommission meine Kenntnisse
und Erfahrungen einzubringen. Das trifft ebenfalls auf das Mitwirken in der
"Deutschen Schachstiftung" zu. Körperlich sollen mir Yoga, Tischtennis und
Schwimmen über die Runden helfen. Psychisch dürften Blitzpartien auf dem
ChessBase-Server die beste Medizin sein!
Dr. Ernst Bönsch und der damalige DSB-Seniorenreferent Dr. Georg Hamm
In diesem Alter blickt man auch gern mal zurück, denn in über 60jähriger
Übungsleiter- und Trainertätigkeit liegen oft Freud und Leid dicht beieinander.
So erinnere ich mich gern an meine Freundschaften mit Edith Keller-Herrmann und
Michael Tal. Edith wurde m.E. deshalb die stärkste deutsche Frau im Schach, weil
sie das Schach über alles liebte, mit einem unbändigen Fleiß (möglichst) täglich
trainierte und für jeden gutgemeinten Rat von mir als Trainer dankbar war.
In den 80er Jahren hatte ich die Ehre und das Vergnügen, Mischa Tal (und
Weltmeister Anatoli Karpow) zehn Tage in Berlin zu betreuen. Dabei gab es eine
Menge Empfänge, Pressekonferenzen und auch Fahrten nach Halle, Magdeburg und
Ströbeck. Überall wo er als damaliger Ex-Weltmeister auftrat, sammelte er durch
seine bescheidene, witzige und warmherzige Art viele Sympathien und Anerkennung
für das Schachspiel. Gern denke ich an die gegenseitigen Besuche in Moskau und
Halle.
Dr. Gerhard Köhler, Vorstandsvorsitzender der ORWO Net AG, und Dr. Ernst Bönsch
Wie steht es mit Deiner Liebe zum Schach?
Ohne Schach kann ich mir ein Leben nicht vorstellen, zumal sich in meinem Leben
alles um Schach drehte. Ich hatte ja das Glück, mein Hobby nach dem Sportstudium
zum Beruf machen zu können. So nutzte ich die Möglichkeit, in Sachsen-Anhalt,
speziell in Halle/Saale ab 1957 mit dem SC Wissenschaft Halle ein
Leistungszentrum für Schach aufzubauen, dem ähnliche Schwerpunkte in Berlin,
Dresden und Leipzig folgten.
Vielleicht einige Worte und ein kleiner Exkurs zur früheren Trainertätigkeit.
Alles Gute hatte auch seine Schattenseiten. So brachte der hauptamtliche
Trainerberuf den Nachteil mit sich, dass man als Trainer selbst nicht mehr aktiv
sein durfte, also an keinen Turnieren teilnehmen konnte. Das galt generell für
alle Sportarten. Dadurch wurden u.a. gute Spieler abgeschreckt, die
Trainerlaufbahn anzustreben. Die in den Clubs tätigen Trainer durften auch nicht
als Stammspieler (Sonderliga, Oberliga) aufgestellt werden. Wir nutzten unsere
Chance als Ersatzspieler, recht viele offizielle Partien zu spielen und freuten
uns auf jede Möglichkeit dazu. Um die Leistungssubstanz zu erhalten, wich ich
auf Fernschach aus - spielstarke Computer gab es damals noch nicht. Unter diesen
Voraussetzungen erreichte ich eine Wertungszahl von 2280. Mit meiner Mannschaft
SC Chemie Halle (1957-1977) wurde ich fünfmal DDR-Mannschaftsmeister.
Dr. Ernst Bönsch, seine Frau Marion und Paul Werner Wagner, Vorsitzender der
Emanuel Lasker Gesellschaft
Was machst Du aktuell in Deinem Verein in Rüdersdorf und in der
FIDE-Trainerakademie in Berlin?
Meine Aktivitäten im Landesleistungsstützpunkt Rüdersdorf gab ich zugunsten des
Aufbaus der FIDE-Trainerakademie auf. In der ehrenamtlich geführten Einrichtung
fanden inzwischen 70 nationale und internationale Veranstaltungen statt, davon
zehn internationale Kurse, wobei 90 FIDE-Trainer und FIDE-Schachlehrer/Instructoren
aus 25 Ländern ausgebildet wurden.
Inzwischen erwies sich jedoch das Veranstalten von internationalen Trainerkursen
als immer problematischer. So entstanden in den letzten Jahren (oder sind im
Entstehen) ähnliche Ausbildungsstätten in Singapur (ASEAN Chess Academy), New
York (American Chess University), New Jersey (USA), Chennai/Indien (FIDE India
Chess Academy), Barcelona/Spanien, Dubai, Moskau, Iran, Trinidad & Tobago,
Türkei, Georgien und Libyen. Allein im Irak nahmen beispielsweise 47 nationale
Trainer an der finanziell günstig gebotenen Ausbildung teil. Staatliche,
städtische und sportorganisatorische Sponsoren unterstützten diese Vorhaben,
meist aus den Fonds von Entwicklungsprojekten.
Carsten Schmidt, Präsident des Berliner Schachverbandes, und Dr. Ernst Bönsch
Mehrere Absolventen der FIDE-Trainerakademie Berlin waren inzwischen Initiatoren
bzw. Ausbilder in ihren Ländern. Für das Weltschach sicher eine positive
Entwicklung. Für die Berliner Trainerakademie entstand zunehmend eine große
Konkurrenz, zumal Einreiseprobleme für afrikanische und asiatische Länder nach
Deutschland in den letzten Jahren enorm zunahmen und immer mehr interessierte
Teilnehmer kein Einreisevisum bekamen. Zum anderen gab es nach der
Anschubfinanzierung keinerlei Unterstützung durch die FIDE mehr.
Hinzu kommt noch, dass die FIDE-Trainerkommission den Beschluss fasste,
FIDE-Trainer- und Instructorkurse regelmäßig während Schacholympiaden, Welt- und
Kontinental-Meisterschaften, Asien-Cup, Jugendweltmeisterschaften, Europäischen
Jugendmeisterschaften u.a. durchzuführen. Gewöhnlich sind dann zahlreiche
nationale Trainer und Betreuer als auch Kursausbilder anwesend, was Reise- und
Aufenthaltskosten einspart.
Für die Trainerakademie in Berlin heißt das, sich auf die neue Situation
einzustellen und zukünftig verstärkt Aus- und Weiterbildungslehrgänge für den
Deutschen Schachbund, der Deutschen Schachjugend und Veranstaltern aus dem
Berliner Raum zu nutzen, die von Guido Feldmann, DSB-Geschäftsstelle,
organisiert werden.
Wer außer Dir, Deiner Frau und Uwe spielt in Deiner Familie noch Schach?
Dr. Ernst Bönsch und Marion Bönsch-Kauke
In meiner Familie spielte in jungen Jahren Sohn Ulrich ebenfalls schon ganz
passabel Schach. Als kleiner Junge erhielt er sogar mal eine Einladung zu einem
Prager Kinderschachfestival, wurde Dritter und gewann einen Füllfederhalter.
Später spielte er aktiv Hand- und Volleyball und ist jetzt Volleyballtrainer in
Hessen.
Sohn Uwe trainierte zwar mit 15 Jahren schon als Übungsleiter die weiblichen
Nationalkader des DSV in Halle, wurde aber nach der Wende Profi bei Bayern
München, später Landestrainer von Sachsen-Anhalt und ab 1997 Bundestrainer.
Eigentlich eine typische Trainerkarriere.
Links:
75 Jahre Ernst
Bönsch (Interview Kohlmeyer)...