Ernst Karl Falkbeer und sein Gegengambit

von Johannes Fischer
27.06.2019 – Mit Falkbeers Gegengambit (1.e4 e5 2.f4 d5 3.exd5 e4!?) versucht Schwarz, dem Weißen gleich von Anfang an den Spaß am Königsgambit zu verderben. Zahlreiche Spitzenspieler haben mit diesem Gegengambit experimentiert und dabei eine Reihe unterhaltsamer Partien hervorgebracht. Mittlerweile sieht man diese Variante nur noch selten, aber heute, am 27. Juni, 2019, feiert Ernst Karl Falkbeer, der Namensgeber dieser Eröffnung, 200. Geburtstag.

Königsgambit Band 1 Königsgambit Band 1

Williams analysiert zahlreiche Neuerungen und Varianten, die jedem Angriffsspieler gefallen, der nach einer interessanten Variante gegen 1...e5 sucht! 3.Lc4 führt zu ungewöhnlichen, inhaltsreichen Stellungen, in denen Schwarz unter Druck steht.

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Falkbeers Gegengambit

Früher war das Königsgambit ein häufiger und beliebter Gast bei Spitzenturnieren. Mit 1.e4 e5 2.f4!? signalisiert Weiß, dass er bereit ist, Material zu geben, um Linien zu öffnen und den gegnerischen König Matt zu setzen.

Königsgambit Band 2

Eine der interessantesten Varianten im Königsgambit ist 3.Sf3, insbesondere die ‘Widerlegung des Königsgambits’ (Fischer) 3...g5. Außerdem werden Nebenvarianten behandelt.

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Auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil dachte sich der österreichische Meister Ernst Falkbeer vermutlich, als er 1851 bei einem Wettkampf gegen Adolf Anderssen das Königsgambit mit 1.e4 e5 2.f4 d5 3.exd5 e4!? konterte. Mit 3...e4 opfert Schwarz einen Bauern, um den Weißen in die Defensive zu bringen und seinerseits Linien zu öffnen und den gegnerischen König Matt zu setzen. Bei seinem Debüt in der Partie Anderssen-Falkbeer hatte dieses Konzept keinen Erfolg, aber in den Jahren danach fand Falkbeers Idee zahlreiche Nachahmer.

 

Anderssen selbst, aber auch andere Spitzenspieler der damaligen Zeit wie Paul Morphy, Howard Staunton, Louis Paulsen, Gustav Neumann, Berthold Suhle haben Falkbeers Idee aufgegriffen und damit einige schöne Siege erzielt.

So gelang Adolf Anderssen 1862 in Breslau ein hübscher Sieg gegen Rosanes und Paul Morphy gewann 1858 mit Falkbeers Gegengambit eine bekannte und schwungvolle freie Partie gegen Schulten.

 

Adolf Anderssen | Foto: Deutscher Schachbund

 

Später haben Spieler wie Zukertort, Pillsbury, Lasker, Marshall, Nimzowitsch, Tarrasch oder Aljechin Falkbeers Gegengambit gelegentlich angewandt, genau wie Keres, Bronstein, Tal oder Unzicker. Vor allem Keres scheint eine Schwäche für diese Variante gehabt zu haben: Er spielte sie mit Weiß und mit Schwarz. Besonders eindrucksvoll ist dabei Keres' Sieg gegen Vladimir Petrovs im Finale der Sowjetischen Meisterschaft 1940.

 

Paul Keres 1936 | Quelle unbekannt

Auch Boris Spassky hatte Vergnügen am taktischen Potenzial dieser Variante:

 

Boris Spassky als 80-jähriger | Foto: Dagobert Kohlmeyer

Mittlerweile wird das Königsgambit in Topturnieren allerdings nur noch selten gespielt, Falkbeers Gegengambit noch viel weniger. Theoretisch gilt es mehr denn je als anrüchig und Schwarz hat durchaus andere gute Möglichkeiten, um das Königsgambit zu entschärfen.

Aber Ernst Falkbeer, der Initiator all dieser unterhaltsamen Partien, wäre heute, am 27. Juni 2019, 200 Jahre alt geworden.

Ernst Karl Falkbeer (27. Juni 1819 - 14. Dezember 1885)

Geboren wurde Ernst Karl Falkbeer in Brünn, doch später ging er nach Wien, um dort Jura zu studieren. Das Jurastudium brach er jedoch, um Journalist zu werden. Doch nicht alles, was er schrieb, gefiel der Obrigkeit, und im Revolutionsjahr 1848 flüchtete Falkbeer aus Wien nach Deutschland.

1853 kehrte er nach Wien zurück und gründete dort die Wiener Schachzeitung, die jedoch nach weniger Ausgaben aus finanziellen Gründen ihr Erscheinen einstellte. Falkbeer ging darauf nach England, wo er die Schachspalte der Sunday Times leitete und als Redakteur beim Chessplayers‘ Magazine arbeitete. 1872 kehrte er wieder nach Wien zurück, dieses Mal endgültig und bis zu seinem Tod am 14. Dezember 1885.

Den historischen Elo-Zahlen zufolge gehörte Falkbeer zwischen 1855 und 1858 mehrfach zu den fünf besten Spielern der Welt.


Johannes Fischer, Jahrgang 1963, ist FIDE-Meister und hat in Frankfurt am Main Literaturwissenschaft studiert. Er lebt und arbeitet in Nürnberg als Übersetzer, Redakteur und Autor. Er schreibt regelmäßig für KARL und veröffentlicht auf seinem eigenen Blog Schöner Schein "Notizen über Film, Literatur und Schach".

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