Daniel King: "Power Play 13 - Der Würgegriff"
Im Schwitzkasten fernöstlicher Kampfkünste - Rezension von Sebastian Vigl (Berlin)
Am Schachbrett ohne Gegenwehr unterzugehen, ist grauenhaft. Umso schöner ist ein Sieg, bei dem es zu keinem offenem Schlagabtausch kam und es dem Gegner zu keiner Zeit vergönnt war, Gegenspiel aufzubauen. Das dafür notwendige Handwerkszeug will GM Daniel King mit „The Squeeze/ Der Würgegriff“ in seiner 13. Folge der PowerPlay Serie vermitteln.
Wie der Begründer der friedfertigen Kampfkunst Aikido, der Japaner Ueshiba Morihei, lehrte, „ dient die wahre Kampfkunst nicht einfach dazu, den Gegner zu zerstören; es ist viel besser, einen Angreifer geistig zu besiegen, so dass er seinen Angriff gerne aufgibt.“ Ein Aikido-Meister konzentriert seine Energien also nicht auf den Angriff, sondern auf die Vorwegnahme und die Entkräftigung der gegnerischen Aktionen. Auf diese Weise will er die Kontrolle über seinen Kontrahenten erlangen. Ganz ähnlich sollte sich – laut King – ein Schachspieler verhalten, wenn er seinen Gegner in den Würgegriff nehmen will:
1. Gegnerisches Gegenspiel verhindern.
2. Kontrolle über das Schachspiel erlangen.
3. Die eigene Position verstärken mit Blick auf den möglichen Gewinnweg.
4. Die Umsetzung des Gewinnweges mit dem finalen Schlag. Hierfür sind, wie King mehrmals demonstrieren kann, meist genaue Berechnungen notwendig.
Wer mit dem Lehrstil von Daniel King bereits vertraut ist, der weiß: Mit Daniel King wird gearbeitet. Dafür sorgen 54 (!) Übungsstellungen in insgesamt 50 Videos, bei denen der Rezipient aufgefordert wird, oder besser gesagt - dank Kings begeisternder Art, Schachinhalte zu teilen – motiviert wird, die beste Lösung zu finden. Ich habe die englische Version des Fritztrainers genossen, hatte aber auch Gelegenheit, in die deutsche Ausgabe zu schnuppern und bin von beiden, was Präsentation und Verständlichkeit betrifft, sehr überzeugt. Doch nun zum Inhalt.
Der Weg zu besserem Schachverständnis: Ehrliche Selbsteinschätzung und messbarer Lernerfolg
Bevor King in die Thematik einsteigt, stellt er zu Beginn 15 Trainingsaufgaben, deren Auflösung er erst am Ende des Fritztrainers bekannt gibt. Das ist, wie ich finde, eine sehr treffliche Methode, mit Hilfe derer der Übende sich an der Thematik versuchen darf und somit sofort weiß, wie weit sein positionelles Schachverständnis schon gereift ist. Zusätzlich erlaubt diese Methode, den Erkenntnisgewinn zu messen, den das Studium von PowerPlay 13 einem beschert: Jedenfalls ging es mir so: Eine knifflige Aufgabe, der ich zunächst ratlos gegenüberstand, löste sich bei erneutem Anblick und nach Studium des Fritztrainers sofort und praktisch wie von allein.
Der Hauptteil des Fritztrainer widmet sich Stellungen mit Raumvorteil und mit offener Line.
Leiden und Siegen im Königsinder und Spanier
Eine wichtige Grundvoraussetzung, um den Gegner in den Würgegriff zu nehmen, ist gegeben, wenn der Spieler über Raumvorteil verfügt. Dies ist vor allem, wie King anhand von mehreren Partien aufzeigt, in der spanischen und der königsindischen Partie, jeweils nach dem raumgreifenden Zug d4-d5 gegeben. Natürlich darf neben Petrosian ein gewisser Karpov („He enjoyed a good squezze sometimes“) als Meister des Positionsspiels nicht fehlen. In seinem Spiel gegen Unzicker führte er einen – laut Nigel Short den schönsten Zug der Schachgeschichte - aus.
Weiß am Zug möchte schwarzes Gegenspiel auf der a-Linie und den Turmtausch verhindern.
Wie gelingt ihm das?
Anhand dieser Stellung demonstriert King auch ein wichtiges Prinzip des Würgegriffs: Die Partei mit dem Raumvorteil versucht so viele Figuren wie möglich auf dem Brett zu halten, denn je mehr Figuren die Partei, die über weniger Raum verfügt, führen muss, desto stärker wird sie den Raumnachteil spüren. Es spielen sich dann Szenarien ab, wie zu Ferienbeginn auf manchen Autobahnen: Nichts geht mehr, die Autos scheinen ineinander verkeilt. So auch auf dem Schachbrett: Einzelne Figuren sind vollkommen manövrierunfähig oder nehmen anderen wichtige Felder weg. Leitet der Gegner dann geschickt seine Angriffstruppen von einem Flügel zum anderen, können viele Figuren das Geschehen am neuen Kampfplatz nur aus der Ferne betrachten anstatt entscheidenden Beitrag zur Verteidigung zu leisten.
Ein Fritztrainer also nur für Leute, die spanische oder königsindische Partien auf dem Brett haben? Weit gefehlt: In vielen Mittelspiel- und Endspielstellungen kann es hilfreich sein, mit den Prinzipien des Würgegriffes vertraut zu sein.
Alles unter Kontrolle: Dominanz der offenen Linie
Die offene Linie stellt eine direkte Verbindungslinie zwischen den beiden Festungen dar. Wer diese dominiert, erklärt unmissverständlich die Absicht, früher oder später hinter die feindlichen Linien zu stoßen. Die Kontrolle der offenen Linie ist meist jedoch nicht ausreichend, um den Gewinn zu garantieren, wie das folgende, einfache Beispiel aus einer Partie von Daniel King veranschaulicht:
Schwarz am Zug: Welches Manöver bringt Schwarz den Sieg?
Fazit
Mit Lehrvideos von GM Daniel King läuft der Schachfreund kaum Gefahr, von Lehrinhalten berieselt zu werden, ohne merklich Fortschritte in seinem Spielverständnis zu machen. Zu stark tritt der englische Großmeister mit dem Rezipienten in Dialog, stellt ihm Fragen und fordert ihn auf, sich vor ein richtiges Schachbrett zu setzen und den eigenen Kopf zu bemühen.
Wer schon einmal bewundert hat, wie Spitzenspieler technische vorteilhafte Stellungen mit Geduld und voller Kontrolle zu Ende spielen, und diese Gaben seinem eigenem Spiel einverleiben möchte, der hat mit dem Studium von Power Play 13 einen ersten, wichtigen Schritt gemacht. Empfehlenswert für: Fortgeschrittene Vereins- oder Turnierspieler.
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Daniel King: Powerplay 13 - Der Würgegriff
• Videospielzeit: 5 Stunden (Deutsch und Englisch)
€29,99
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