Eurochess 2025 mit Polgar-Teamsimultan

von Gerd Densing
14.05.2025 – Beim Eurochess-Turnier treffen sich die Schachfreunde unter den Bankern Europas in einer europäischen Metropole zum Schachturnier - in diesem Jahr in Budapest. Das Team der Nationalbank von Belgien verteidigte seinen Titel in der Teamwertung. Höhepunkt des Events war aber das Team-Simultan mit Judit Polgar.

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Eurochess 2025 in Budapest – Starke Belgier verteidigen ihren Titel aus dem Vorjahr

Team-Simultan mit Judit Polgar als Höhepunkt des Wochenendes

Am vergangenen verlängerten Wochenende fand die diesjährige Ausgabe des Eurochess-Events statt. Ein jährliches, seit nunmehr 30 Jahren bestehendes sehr beliebtes Turnier im Kalender der Schachspielenden Zentralbanker. Nach erstmaliger Ausrichtung im Jahr 1995 in Belgien mit Marc Ghysels als einer der Schachbegeisterten Ideengeber fand das Euroschachturnier – mit kurzer Unterbrechung während der Corona-Pandemie – jedes Jahr in einem anderen europäischen Land statt. Einzelne Länder waren bereits mehrfach Gastgeber.

Nach der sehr schönen sonnigen Ausgabe in Griechenland in der Nähe in Athen im Vorjahr, richteten die Freunde des Sportclubs der Zentralbank von Ungarn (Magyar Nemzeti Bank Spofrkör) das diesjährige Event aus. Untergebracht waren die 95 Spielerinnen und Spieler (Teilnehmerrekord!) sowie ca. 10 nicht Schach spielender Begleitpersonen im 4-Sterne Hotel Mercure Budapest Castle Hill. Das Hotel war auch gleichzeitig Ausrichtungsort für alle Schachaktivitäten und alle Mahlzeiten wurden dort gemeinsam eingenommen.

Blick auf das Donauufer

Der Regierungspalast

Am Anreisetrag, Donnerstag 8. Mai 2025, bestand für alle Teilnehmer die Möglichkeit, den nahegelegenen Park und die sehr schöne Schloss/Burganlage oberhalb in Eigenregie zu erkunden – mit wunderbarem Ausblick auf die Donau und die Stadt Budapest. Auf dem Hotelzimmer erwartete uns eine kleine Überraschung. Als Gastgeschenk erhielt jeder Teilnehmer ein handsigniertes Buch von Judit Polgar („Wie ich Fischers Rekord brach“). Das Buch wurde offenbar in mehreren Sprachen veröffentlicht. Das Team Bundesbank erhielt die deutschsprachige Ausgabe. Andere Teams die englischsprachige Ausgabe bzw. in ihrer jeweiligen Landessprache.

Freitags fand das 8-rundige Schnellschachturnier (15+5) im Konferenzbereich des Hotels statt. Angetreten waren 95 Spieler aus 18 Teams. Darunter zwei Teams des Gastgebers aus Ungarn. Ein neu formiertes Kombinationsteam der Europäischen Investitionsbank in Luxemburg (EIB) und erstmals der Bank of England (BoE) zählte zu den Favoriten. Ebenso die bei Eurochess Events immer stark spielenden Teams aus den Niederlanden, Frankreich und Belgien. Stärkster Spieler der Setzliste war Harry Li von der Bank of England mit einer ELO von ca. 2250, dahinter weitere 12 Spieler mit ELO über 2000.

Zunächst spielte Harry Li auch immer an Brett 1 und gewann bis zur 5. Runde alle seine Partien. In der 5. Runde verlor er hingegen dem starken belgischen Spieler Dirk Michiels, der im weiteren Verlauf weiter gut punktete und mit 6,5 Punkten das Schnellschachturnier gewann vor den punktgleichen Fabien Renault der Banque de France und dem Vorjahressieger Radu-Liviu Muntean von der Europäischen Zentralbank.

Harri Li verliert

Neben den drei Hauptpreisen gewann der sehr erfahrene Luis Manuel Baptista Rebe Sousa aus Portugal den Sonderpreis für den besten Spieler ohne ELO-Zahl. Er erreichte gute 5 Punkte, eine Elo-Performance von fast 2000 und erreichte Rang 24 im Schlussranking. Einen sehr guten Turnierstart mit 3 aus 3 hatte auch Berichterstatter Gerd Densing. Nach einer erwartbaren Niederlage an Brett 3 in Runde 4 war am Nachmittag die Luft raus und mit ein wenig Pech sprang leider nur noch ein weiterer Punkt heraus mit am Schluss 4 aus 8 aber einer ELO-Performance von 1919 dennoch ein gutes Turnier.

Wie bereits im Vorjahr in Athen, traten die belgischen Spieler sehr stark auf und gewannen die Mannschaftswertung und verteidigten ihren Titel aus dem Vorjahr.

Belgien gewinnt Mannschaftswertung

Die vier besten belgischen Spieler erreichten insgesamt 22 Punkte und lagen dank besserer Zweitwertung (Buchholz) nur knapp vor dem Team aus Frankreich mit ebenso 22 Punkten und den Spielern aus den Niederlanden mit 21 Punkten.

Für Samstags vormittags wurde für die nicht Schachspielenden Begleitpersonen ein Stadtrundgang mit Führung organisiert. Für die Schachspieler stand – optional – ein 11-rundiges Blitzschachturnier statt. Hieran nahmen 57 Spieler teil. Die weiteren Schachspieler – darunter auch Schachfreund Stefan Kipp von der Bundesbank-Hauptverwaltung München und ich nutzen die Gelegenheit, die Stadt Budapest an einem sonnigen Tag zu erkunden. Neben der St. Stephans Basilika stand auch die große Markthalle auf dem Programm.

Die große Markthalle

Das Blitzturnier gewann schließlich Harry Li nach einem Sieg in der Schlussrunde gegen die einzige Titelträgerin im Feld, WCM Sara Cristina Da Silva Monteiro aus Portugal mit 8,5 Punkten mit besserer Zweitwertung vor Kornel Frindt. Der Spieler aus der Slovakei, der bis dahin das Blitzturnier lange Zeit mit einem halben Punkt alleine geführt hat, kam in der Schlussrunde gegen Zoran Stanic von der EIB nicht über ein Remis hinaus. Dritter wurde Fabien Renault aus Frankreich als einzigem Spieler mit 8 Punkten vor 4 Spielern mit 7,5 Punkten.

Nach zwischenzeitlichen Rundenpausen bei leckerem Gebäck und Getränken vor dem Turniersaal und einem gemeinsamem Mittagessen stand nachmittags um 15 Uhr der im Nachhinein eigentliche Höhepunkt des diesjährigen Eurochess-Events auf dem Programm. Mit der Ungarin Judit Polgar war eine lebende Schach-Legende zu Gast. Sie war super gelaunt und stellte zunächst eine ihrer Lieblingspartien sehr intensiv und mit tollen Insights vor. Es war ihre spannende Remispartie mit Weiß gegen Garry Kasparov in Lineares im Jahr 2001.

Anschließend gab sie ein Simultan an 18 Brettern. Allerdings nicht gegen 18 Spieler sondern 18 Teams! Im Stile der Beratungspartien aus den Zeiten des romantischen Schachs konnten sich die Spieler untereinander abstimmen, welcher Zug bei Erscheinen von Judit Polgar auszuführen sei.

Anhand der steigenden Lautstärke – und mehreren Aufforderungen der Veranstalter, Turnier-Ruhe zu bewahren – war immer wieder erkennbar, dass an allen Brettern wirkliche Teamleistungen entstanden und eine große Herausforderung für die Simultanspielerin darstellten. Das Team Deutsche Bundesbank spielte einen scharfen Winawer-Franzosen, der zunächst sehr aussichtsreich aussah und dazu führte, dass Judit Polgar bei einzelnen Zügen fast eine Minute lang am Brett stand. Die nachträgliche Hausanalyse zeigte, dass wir eine Uhlmann-Variante verbessert hatten und Judit Polgar nach schwarzem Dxe5 ganz schön zu knabbern hatte. Funfact: Eine ähnliche Partie wurde bereits im Jahr 1987 in Budapest gespielt.

In diesem Videokurs untersuchen Experten die Partien von Judit Polgar. Lassen Sie sich von ihnen zeigen, welche Eröffnungen Polgar wählte, wo ihre Stärken im Mittelspiel lagen oder wie sie ihre Gegner im Endspiel überspielte.

Letztendlich übernahm GM Polgar aber die Initiative und gewann im Mittelspiel Material. Sie wickelte in ein eigentlich gewonnenes Endspiel ab, aber dank zäher Verteidigung entstand im Springerendspiel mit zwei Minusbauern aber eine Tablebase-Remisstellung, weil der weiße König zu weit weg von seinen Bauern auf g3 und h3 war. Sie spielte zu diesem Zeitpunkt allerdings nur noch an wenigen Brettern und kam binnen weniger Sekunden zurück und setzte die Bundesbanker unter Druck, sodass nach einer Ungenauigkeit das Endspiel plötzlich doch wieder verloren war.

Besser machten es die Teams Ungarn 1, Slovakei, EZB und EIB/Bank of England, denn sie fuhren den vollen Punkt ein. Daneben gab es noch mehrere Teams, die ein Remis erreichten (darunter Frankreich, Belgien, Niederlande, Portugal und Tschechien). Das Gesamtergebnis des Simultan lautete 10,5 zu 7,5 für Judit Polgar. Eine tolle Leistung gegen das gebündelte Eurochess-Schachwissen.

Einige Notationszettel (zum Vergrößern klicken):

Nach dem Simultan wurden jeweils mit Judit Polgar zur Erinnerung Team-Fotos gemacht und Autogramme gesammelt. Danach ging es zum gemeinsamen Abendessen. Mit der anschließenden Siegerehrung des Schnellschach- und Blitzschachturniers endete die diesjährige Eurochess-Ausgabe. 

Die Sieger im Rapidturnier

Anlässlich des 30-jährigen Jubiläums gab es als „Special Surprise“ noch einen schönen großen Schoko-Kuchen zum Nachtisch.

Je nach Abreise mit Zug, Auto oder Flugzeug und Abreisezeit nutzen viele Spielerinnen und Spieler den Sonntag noch für eine ausgiebige Sightseeing-Tour in Budapest. Das Bundesbank-Team nutzte dafür einen Hop-On und Hop-Off-Bus für mehrere Budapest-Rundfahrten mit einigen Zwischenstopps und auch eine 45minütige Schiffsfahrt war mit dem Ticket auch noch möglich. Nach einem herrlichen Sonntag endete dieses sehr schöne verlängerte intensive Schach-Wochenende.

Im kommenden Jahr wird die Schachgruppe des Sport- und Kulturklubs der Deutsche Bundesbank – nach 2007 – das Eurochess-Event zum zweiten Mal ausrichten. Erstmals dabei als Mitausrichter sind die Schachfreunde der Europäischen Zentralbank. Das Eurochess-Event 2026 findet vom 14.-17.05.2026 im Bundesbank-Schulungszentrum in Eltville statt. Die Planungen laufen bereits.     

Links:

Chess-Results (Rapid)...

Chess-Results (Blitz)... 

Bericht aus dem Vorjahr auf Chessbase... 

Accor Hotel...


Gerd Densing ist ein begeisterter Vereins- und Turnierspieler. Seine Eindrücke hat er in vielen Berichten auf der ChessBase-Nachrichtenseite festgehalten.
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