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Die Freestyle G.O.A.T. Chess Challenge geht im Schach neue Wege, aber setzt auch auf Bewährtes, um Schach möglichst interessant zu präsentieren. So können die Spieler wie beim Norway Chess Turnier in einem "Confessional", einer Art "Beichtstuhl", dem Publikum während der Partien verraten, wie sie sich fühlen, was sie planen und wie sie ihre jeweiligen Stellungen einschätzen. Außerdem wird in Weissenhaus wie bei der World Chess Armageddon Serie der Herzschlag der Spieler gemessen und das Publikum kann sehen, wie aufgeregt oder ruhig die Spieler in entscheidenden Momenten sind.
Am ersten Tag des Viertelfinales dominierte Weiß: Drei Partien endeten mit einer Entscheidung, in allen dreien setzte sich Weiß durch: Nodirbek Abdusattorov, der Sieger des Vorrundenturniers, überspielte Ding Liren in einem Endspiel mit Türmen und ungleichfarbigen Läufern, Alireza Firouzja kam zu einem wichtigen Sieg gegen Magnus Carlsen und Fabiano Caruana gewann mit Hilfe eines zweischneidigen Bauernopfers gegen Gukesh D. Das einzige Remis der Runde spielten Vincent Keymer und Levon Aronian.
Interessanterweise reagierten Abdusattorov und Firouzja sehr unterschiedlich, als sie eine Gewinnstellung auf dem Brett hatten. Während Abdusattorov mit einer Herzfrequenz von 72 Schlägen pro Minute erstaunlich ruhig blieb, stieg Firouzjas Herzschlag auf 139 Schläge pro Minute, als er gegen die Nummer 1 der Welt auf Gewinn stand.
Ob Abdusattorov auch in der zweiten Partie des Wettkampfs weiter so ruhig bleibt, wird sich zeigen. Fest steht, dass Carlsen, Ding und Gukesh ihre Weißpartien gewinnen müssen, um sich in den Tiebreak zu retten.
Die Verlierer des Viertelfinales scheiden allerdings nicht gleich aus dem Turnier aus, sondern spielen in einer "Verlierergruppe" um die Plätze 5 bis 8.
Abdusattorov, Caruana und Keymer schauen sich die Eröffnungsvorstellung vor Partiebeginn gemeinsam an | Foto: Amruta Mokal
Die Ausgangsstellung der ersten Partie stellte die Spieler gleich zu Beginn vor Probleme. Ding bezeichnete seinen zweiten Zug nach der Partie bereits als ernsten Fehler und Carlsen dachte über seinen dritten Zug ganze 20 Minuten lang nach.
Offensichtlich ist der Vorstoß b2-b4 in dieser Stellung eine gute Idee, denn der Bauer wird von dem Turm auf b1 gestützt und man öffnet dem schwarzfeldrigen Läufer die lange Diagonale — die Schwächung des "Damenflügels" fällt weniger ins Gewicht, da es eine gute Strategie zu sein scheint, kurz zu rochieren oder den König im Zentrum zu belassen.
Tatsächlich zogen alle vier Weißspieler im zweiten Zug 2.b4, nachdem sie die Partie mit 1.e4 (Firouzja, Abdusattorov) oder 1.c4 (Caruana, Keymer) begonnen hatten.
Carlsen lobte Firouzjas Vorgehen in der Eröffnung: schnelle Entwicklung des Königsflügels mit 3.Sh3, 4.f4 und 5.0.0
Auch Abdusattorov vertraute dem Randspringer und spielte früh Sg1-h3 und konnte sich wie Firouzja nach frühem Damentausch strategische Vorteile sichern.
In den beiden anderen Partien blieben die Damen auf dem Brett und sorgten für Spannung. Keymer opferte in der Eröffnung einen Bauern und konnte Aronian so unter Druck setzen - wie Aronian im "Confessional" während der Partie einräumte.
Schwarz hat einen Bauern mehr, aber seine Figuren stehen schlecht. Allerdings hatte Aronian Vorteile auf der Uhr, da Keymer viel Zeit verbraucht hatte, um ein überzeugendes Konzept in der Eröffnung zu finden.
In dieser Stellung spielte Keymer den naheliegenden Zug 21.e7, aber wie sich im Nachhinein zeigen sollte, waren 21.Txg4 oder auch 21.h4 bessere Alternativen.
Im weiteren Verlauf der Partie verteidigte sich Aronian zäh und einfallsreich und konnte sich sogar seinerseits einen leichten Vorteil sichern. Aber auch Keymer verteidigte sich umsichtig und so endete die Partie nach Erreichen der Zeitkontrolle im 41. Zug mit Remis.
Levon Aronian | Foto: Amruta Mokal
In der Partie Caruana gegen Gukesh opferte Weiß ebenfalls einen Bauern, aber dieses Mal wohl für objektiv dünne Kompensation.
Aber die Stellung war kompliziert und Gukesh fand nicht immer die beste Verteidigung und geriet zunehmend unter Druck.
Die Engines schlagen hier 26...a6 als beste Fortsetzung vor, aber einen solch verpflichtenden Zug mit nur 12 Minuten für 14 Züge (Zeitzuschlag gibt es in Weissenhaus erst ab dem 40. Zug) zu spielen, fällt nicht leicht. Das Qualitätsopfer 26...Txc6, mit dem sich Schwarz zwei verbundene Freibauern am "Damenflügel" sichert, war ebenfalls eine gute Alternative, aber auch dazu konnte sich Gukesh nicht durchringen.
Stattdessen versuchte Gukesh, die weißen Drohungen mit dem Manöver 26...Df5, 27...Te6, 28...Dg6 und 29...Dh6 zu neutralisieren, aber dieses Vorgehen erwies sich als zu umständlich. Caruana kam in Vorteil und mit nur noch wenig Zeit auf der Uhr fand Gukesh keine Verteidigung mehr. Daniel King hat die Partie analysiert.
Carlsen war gegen Firouzja schon in der Eröffnung in Schwierigkeiten geraten und landete schließlich in einem Doppelturmendspiel mit Minusbauern.
Im weiteren Verlauf der Partie kam Schwarz zwar zu Gegenchancen, aber am Ende konnte Firouzja seinen Vorteil verwerten und ging im Wettkampf mit 1-0 in Führung.
Abdusattorov, der Sieger des Vorrundenturniers, überzeugte auch im K.O.-Turnier durch gute Nerven und starkes Spiel.
In diesem Doppelturmendspiel mit ungleichfarbigen Läufern hat Weiß einen Bauern mehr, aber mit 27.f6 zeigte Abdusattorov, dass in solchen Endspielen die Initiative oft wichtiger ist als Material. Mit 27.f6 schwächt Weiß die schwarze Königstellung, um dem schwarzen König mit seinem Läufer und seinen beiden Türmen zu Leibe rücken zu können.
Ding verteidigte sich einfallsreich, aber konnte nicht verhindern, dass Weiß schließlich in ein klar und einfach gewonnenes Endspiel abwickelte.
Alireza Firouzja | Foto: Amruta Mokal
Jan Henric Buettner: Der Mann hinter dem Freestyle Chess in Weissenhaus
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