Geschichte eines Bildes

von André Schulz
11.10.2023 – Von Bobby Fischer gibt es es eine Reihe von Bildern und es tauchen auch immer mal neue auf. So gibt es ein Bild von Fischer beim Blitzen im Manhattan Chess Club, 1971. Fischer spielte ein Blitzturnier mit und stand gegen Andrew Soltis auf Verlust, verlor aber nicht. Hier ist die Geschichte zum Turnier und dem Bild.

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Das Manhattan Blitzturnier 1971

In den Jahren 1970 bis 1972 befand sich Bobby Fischer auf dem Höhepunkt seines Schaffens.  Im November-Dezember 1970 hatte er mit 18,5 Punkten aus 21 Partien das Interzonenturnier Palma de Mallorca gewonnen und dort die letzten sieben Partien für sich entschieden. Im Mai 1971 folgte in der Universität von Vancouver das Viertelfinale der Kandidatenwettkämpfe gegen Mark Tajmanov, das Fischer in sechs Partien mit 6:0 für sich entschied. Einige Wochen später beendete Fischer das Kandidatenhalbfinale gegen Bent Larsen mit dem gleichen Resultat.

Die Schachfreunde in den USA verfolgten das Geschehen mit großer Spannung und Schach wurde mit jedem Erfolg von Fischer in den USA immer populärer.

14 E. 60 St. heute

In New York hatte Fischers Schachclub, der Manhattan Chess Club, neue Räume an der 14 E. 60 St. bezogen und dachte darüber nach, wie man die neuen schönen Räume am besten einweihen könnte, um den Club und sein neues Domizil bekannt zu machen. Zu diesem Zweck wurde auch Bobby Fischer per Telefon konsultiert, der sich nach seinem Matchsieg über Larsen noch in Denver aufhielt. Fischer schlug ein doppelrundiges Blitzturnier vor, an dem er auch selber teilnehmen wollte. Ein besonders großer Liebhaber von Blitzturnieren war Fischer nicht, wenn er aber antrat, dann mit Erfolg, so wie beim berühmten Blitzturnier von Herceg Novi, wo er 1970 im Anschluss an seinem Auftritt beim Match des Jahrhunderts „UdSSR gegen den Rest der Welt“ die sowjetischen Spieler in Grund und Boden gespielt hatte.

Das Blitzturnier im Manhattan Chess Club wurde auf den 8. August terminiert, was kein besonders glücklicher Termin war, weil er mit dem Beginn des gut dotierten U.S. Opens in Ventura, Kalifornien, kollidierte. Eine Reihe von starken Spielern zogen es vor, lieber dort teilzunehmen.

Trotzdem war das Teilnehmerfeld für das Blitzturnier im Manhattan Chess Club sehr ansehnlich, mit Großmeister Robert Byrne, dem Marshall Chess Club Champion Andy Soltis, dem Manhattan Chess Club Champion Arthur Feuerstein, Edmar Mednis, Walter Shipmen, George Kramer, Louis Levy, Dr. Neil McKelvie, Alexander Kevitz, James Gore und Paul Brandts. Und Bobby Fischer natürlich als Star der Veranstaltung.

Am Sieg von Fischer bei diesem Eröffnungsturnier bestand kein Zweifel. Die Frage war nur, ob Fischer ein „Fischer-Ergebnis“ abliefern würde, also alle Partien gewinnen würde.

Vor Turnierbeginn richtete Clubpräsident Rosser Reeves ein paar Worte an die Spieler und Zuschauer und gab dann die Bretter frei. Fischer pflügte wie erwartet durch das Feld und sammelte Punkt für Punkt. Nicht immer stand Fischer dabei gut, konnte sich aber stets aus unangenehmen Positionen befreien. Manchmal half die Uhr. Gegen Soltis und später gegen Shipman stand Fischer allerdings klar auf Verlust. Die Notation der Partie gegen Soltis ist nicht überliefert. Fischer hatte seine Dame gegen Turm und Bauer verloren, entschied die Partie aber in beiderseitig höchster Zeitnot - beide Blättchen standen kurz vor dem Fall - mit Hilfe eines Freibauern für sich.

Andrew Soltis erinnerte sich später: „"Ich wurde in der ersten Runde mit Fischer gepaart. Wir spielten die 6. Bc4-Variante in der Najdorf-Verteidigung. Er wartete auf meinen 11. Zug. Um den 30. Zug verlor er seine Dame gegen Turm und Bauer. Es war eigentlich ein leichter Sieg für mich, aber ich wusste, dass ich die Partie nie würde gewinnen können. Fischers Präsenz und Ausstrahlung lähmte mich. Anstatt meinen Freibauern nach vorne zu bringen, beschäftigte ich mich damit, Fischers Freibauern zu blockieren. Und ich verlor kläglich. In der zweiten Partie leistete ich keinen Widerstand mehr.“

Von der ersten Partie sind wurde nur der Partieanfang von Soltis selber überliefert: 1. e4 c5 2. Sf3 d6 3. d4 cxd4 4. Sxd4 Sf6 5. Sc3 a6 6. Bc4 e6 7. Lb3 b5 8.o-o Be7 9. Lf3 Qd7!? 10. a4 b4 11. Na2 Bb7! mit guten Spiel für Schwarz (A.Soltis: Confessions of a Grandmaster", S.73)

Gegen Shipman hatte Fischer ein gewonnenes Turmendspiel, stellte dann aber seinen Turm ein. Die Partie war nun glatt verloren, aber irgendwie schaffte es Fischer mit seinen verbunden Freibauern noch, ein Remis zu bekommen. Wegen des hohen Spieltempos bei knapper Zeit, schafften die Zuschauer es nicht, das Ende der Partie auch noch mitzuschreiben.

Shipman, Walter½–½Fischer, Robert James
Manhattan blitz
New York1971[Schulz,A]
1.Nc3 g6 2.e4 c5 3.Nf3 Bg7 4.d4 cxd4 5.Nxd4 Nc6 6.Be3 d6 7.Bc4 Nf6 8.f3 0-0 9.0-0 Bd7 10.Qd2 a6 11.Rad1 Rc8 12.Bb3 b5 13.Nd5 Nxd5 14.exd5 Nxd4 15.Bxd4 Bxd4+ 16.Qxd4 a5 17.c3 a4 18.Bc2 Rc4 19.Qd2 b4 20.cxb4 Qb6+ 21.Kh1 Qxb4 22.Qxb4 Rxb4 23.b3 Rc8 24.Rd2 Rc3 25.Kg1 axb3 26.Bxb3 Ba4 27.Bxa4 Rxa4
Schwarz hat wegen der Schwäche der Bauern a2 und d5 Vorteil. In einem Doppelturmendspiel ist die Remisbreite jedoch immer hoch. 28.Re1 Kf8 29.Rb2 Rc7 30.Rd1 Ra5 31.Kf2 Rcc5 32.Rbd2 Kg7 33.h3 Kf6 34.Ke3 Ke5 35.f4+ Kf5 36.g4+ Kf6 37.Ke4 Ra4+ 38.Ke3 Rc3+ 39.Rd3 Rxd3+ 40.Rxd3 Rxa2 41.Kf3 Ra4 42.Re3 h6 43.h4 Ra7 44.Rb3 Ra5 45.Rd3 Rc5 46.Ke4 Rc4+ 47.Kf3 Das Turmendspiel mit Mehrbauer ist nun gewonnen. Rc1 47...h5!+- 48.Re3 Rc7?! 49.Rb3 49.g5+!? hxg5 50.fxg5+ Kf5 51.Kg3 49...Rc5 50.Ke4 Rc1 51.Kf3? 51.g5+! 51...Rf1+ 52.Kg3 Re1 52...h5! 53.Kf3 Rg1 54.Re3 e6 55.dxe6 fxe6 56.Rd3 d5 57.Ra3 h5-+
58.gxh5 gxh5 59.Ra8 Rg4 60.Rf8+ Ke7 61.Rh8 Rxh4 62.Kg3 Rh1 63.Kg2 Rh4 64.Kg3 Rh1 65.Kg2 Ra1? Die Absperrung auf der e-Linie war der richtige Weg. 65...Re1 66.Rxh5 Kd6 67.Kf2 Re4 68.Kf3 Kc5 69.Rh7 Kd4 70.Re7 Kd3-+ 66.Rxh5= Ra3 67.Kf2 Kd6 68.Rh8 d4 69.Rd8+ Kc5 70.Re8 Kd5 71.Re7? 71.Ke2= 71...Ra6?= 71...Re3! 72.Re8 Kd6 Es macht einen großen Unterschied, wo der weiße Turm steht. Mit dem Wartezug zwingt Schwarz den Turm wegen Zugzwang nach e7. 72...Kc4? 73.f5! e5 74.f6 Re4 75.f7 Rf4+ 76.Ke1 Rxf7 77.Rxe5= 73.Rd8+ Kc5 74.Re8 Kd5 75.Re7 Kc4 76.f5 e5 77.f6 Re4 78.Kg3 Rf4 79.f7 Kd5-+ 72.Kf3 Ra3+ 73.Ke2 Re3+ 74.Kf2? 74.Kd2= 74...Re4-+ 75.Kf3 Re1 76.Rd7+ 76.Kf2 Re3-+ 76...Kc4 77.Kf2 Re4 78.Kf3 Re3+ 79.Kf2 Kd3 80.Ra7 Re2+ 81.Kf3 Re3+ 82.Kf2
82...Rh3?? Stellt Turm und Partie ein. 82...Ke4-+ 82...e5-+ 83.f5 Ke4 84.f6 Rf3+ 83.Ra3+ Ke4 84.Rxh3 Kxf4 85.Rh4+ Ke5 86.Kf3 Kd5 Der Rest der Notation fehlt. Wie Fischer die Partie noch remis gehalten hat, weiß man nicht, irgendwie...
½–½

Dies war tatsächlich der einzige halbe Punkt, den Fischer bei diesem Turnier abgab und der ihm das „Fischer-Ergebnis“, nämlich 100%, verdarb – alle anderen Partien gewann der zukünftige Weltmeister. Andrew Soltis, Journalist in Festanstellung bei der New York Post, wurde mit dem ebenfalls herausragenden Ergebnis von 18:4 Zweiter. Den dritten Platz belegte Robert Byrne mit 17,5:4,5. Hinter den ersten Dreien klaffte eine große Lücke. Arthur Feuerstein benötigte nur 11 Punkte, also 50%, um Vierter zu werden.

Einige Partien von Fischer wurden mitgeschrieben und im Oktober 1971 in Chess Life veröffentlicht.

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Der Manhattan Chess Club, 1877 gegründet, war der zweitälteste Schachclub in den USA und hat unter anderem das berühmte Turnier in New York von 1924 organisiert. Einige Zeit hatte der Club seinen Sitz in einem Gebäude mit der Adresse 353 West 46th Street, das der American Chess Foundation gehörte. Nachdem das Haus im Jahr 2000 verkauft wurde, wurde dem Club gekündigt. Er residierte noch zwei Jahre in einem Hotel, löste sich dann aber aus finanziellen und organisatorischen Gründen 2002 auf.

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1.d4 g6 2.c4 Bg7 3.Nc3 Nf6 4.e4 d6 5.Be2 0-0 6.Nf3 e5 7.0-0 Nc6 8.d5 Ne7 9.Ne1 Nd7 10.Nd3 f5 11.exf5 gxf5 12.f4 Ng6 13.Be3 Nf6 14.Qc2 Re8 15.fxe5 dxe5 16.Bg5 h6 17.Bxf6 Qxf6 18.Qb3 e4 19.Nf4 Nxf4 20.Rxf4 Qg5 21.Rff1 Qe3+ 22.Kh1 Qg5 23.c5 Kh8 24.Rad1 Be5 25.g3 Rg8 26.Nb1 f4 27.Rg1 f3 28.Bc4 Qh5 29.Qe3 Rxg3 30.Qxe4 Qxh2+ 0–1
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WhiteEloWBlackEloBResYearECOEventRnd
Brandts,P-Fischer,R-0–11971E98Manhattan blitz
Byrne,R-Fischer,R-0–11971B90Manhattan blitz
Fischer,R-Brandts,P-1–01971C98Manhattan blitz
Fischer,R-Byrne,R-1–01971B57Manhattan blitz
Fischer,R-Feuerstein,A-1–01971A07Manhattan blitz
Fischer,R-Gore,J-1–01971C98Manhattan blitz
Fischer,R-Kramer,G-1–01971C68Manhattan blitz
Fischer,R-Mednis,E-1–01971C18Manhattan blitz
Fischer,R-Shipman,W-1–01971C60Manhattan blitz
Fischer,R-Soltis,A-1–01971B33Manhattan blitz
Gore,J-Fischer,R-0–11971B92Manhattan blitz
Kevitz,A-Fischer,R-0–11971D93Manhattan blitz
Mednis,E-Fischer,R-0–11971B92Manhattan blitz
Shipman,W-Fischer,R-½–½1971B77Manhattan blitz

Der legendäre Manhattan Chess Club...


André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.

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