Man muss schon etwas tiefer in der Materie stecken, um den Turniertitel "Grand Swiss", also "Große Schweiz", zu verstehen. Gemeint ist "natürlich" ein bedeutendes Turnier, das nach Schweizer System gespielt wird. Das Schweizer System wird bei Turnieren mit sehr vielen Teilnehmern angewendet. Spieler mit gleich vielen Punkten werden bei diesem System gegeneinander gelost. Jeder Spieler spielt im Prinzip ein eigenes Turnier. In der Regel wird das Schweizer System bei so genannten Offenen Turnieren, den "Open", angewendet. Jeder der will, kann hier mitspielen, sofern er die Teilnahmebedingungen erfüllt. Meist wird ein Startgeld erhoben. "Open" ist das Grand Swiss aber nicht. Hier spielen nur die Besten mit und einige viel versprechende Talente, die eingeladen wurden, obwohl ihre aktuelle Elozahl für die Teilnahme eigentlich nicht ausgereicht hätte.
Wenn man sich nicht so gut in der Schachszene auskennt, oder vielleicht gar nicht, könnte man vielleicht auf die Idee kommen, "Grand Swiss" verweise auf die Schweiz als Banken- und Finanzplatz. Ganz falsch ist die Idee nicht, denn mit 425.000 USD Preisfonds, 70.000 USD für den Sieger, beziehungsweise 125.000 USD (20.000 USD) für die Siegerin des Grand Swiss der Frauen, ist auch einiges an Geld im Spiel. Und die offizielle Adresse der FIDE ist ja auch in der Schweiz, in Lausanne, im Haus des Sports.
In Wirklichkeit wurde der Name aber sicher auch gewählt, um "Grand Swiss" neben den "Grand Prix" zu stellen - die zwei Turnierwege, mit denen man sich für das Kandidatenturnier qualifizieren kann.
Hervorgegangen ist das "Grand Swiss" aus dem Isle of Man Open. Das Turnier gibt es schon länger und wurde mit Hilfe der Familie Scheinberg, die auf der Isle of Man wohnt, im Laufe der Jahre immer größer. 2018 wurde ein neues FIDE-Präsidium gewählt und in der Folge der WM-Zyklus etwas renoviert: Das Isle of Man Open wurde 2019 zum "Grand Swiss" aufgewertet und damit geadelt. Bei der ersten Auflage 2019 qualifizierten sich Wang Hao und Kirill Alexeenko für das Kandidatenturnier.
Da die FIDE den WM-Zyklus der Frauen dem offenen WM-Zyklus angleichen möchte, wurde auch ein Grand Swiss der Frauen ins Leben gerufen. Beide Turniere sollten eigentlich am ursprünglichen Platz stattfinden, doch auf der Isle of Man herrschen strenge Einreisevorschriften aufgrund der Corona-Pandemie und so verlegte die FIDE die Turniere schon im August nach Riga. In Lettland stiegen zuletzt allerdings die Corona-Fälle so stark an, dass die Regierung einen harten Lockdown beschloss, der am 19. Oktober begann. Für ihre Grand Swiss Turniere erhielt die FIDE jedoch eine Ausnahmegenehmigung. Die Turniere können stattfinden. Einige Spieler war die Anreise aber zu heikel. So sagte unter anderem Hikaru Nakamura ab.
Das offene Turnier wird mit 114 Spielern ausgetragen. Die Weltelite ist nicht vollständig am Start, aber 13 Spieler über 2700 Elo nehmen am Rennen um die zwei ausgelobten Qualifikationsplätze teil. Die Setzliste wird von Fabiano Caruana, Maxim Vachier-Lagrave und Alireza Firouzja angeführt. Der Deutsche Schachbund ist mit vier Spielern vertreten: Alexander Donchenko, Matthias Blübaum, Vincent Keymer und Dmitrij Kollars.
Alireza Firouja war dann der erste Spieler im offenen Turnier, der sich in Runde 1 in die Siegerliste eintrug. Der weltbeste Jugendliche hat sich offenbar vorgenommen, beim nächsten Kandidatenturnier dabei zu sein.
In der Partie gegen Nihat Abasov erwies sich die Russische Verteidigung des Aseris alles andere als sicher.
Firouzja,Alireza (2770) - Abasov,Nijat (2638) [C43]
FIDE Chesscom Grand Swiss 2021 Riga (1.3), 27.10.2021 [as]
1.e4 e5 2.Sf3 Sf6 3.d4 Sxe4 4.dxe5 [Die Hauptvariante in diesem Abspiel der Russischen Verteidigung entsteht nach 4.Ld3 d5 5.Sxe5]
4...d5 5.Sbd2 Le7 [Alternativen sind z.B.: 5...Sxd2 6.Dxd2 Le7 7.Df4 0–0; oder 5...Dd7 6.De2 Sc5 ½– (58) ½ (58) Vachier Lagrave,M (2763)-Giri,A (2777) chess24.com INT 2021]
6.Sxe4 dxe4 7.Dxd8+ Lxd8 8.Sd4 Sd7 9.Lf4 [Welcher Bauer ist schwächer: e5 oder e4?]
9...Sc5 10.0–0–0 c6 11.Lc4 Le7 12.The1 [Weiß hat etwas Entwicklungsvorsprung.]
12...a5 13.h3 h5 14.a3
[Modernes Schach? Zwei "Garagen" für die Läufer, mit Rückzugsmöglichkeiten nach h2 und a2.]
14...Ld7 15.Kb1 b5 16.La2 0–0 17.g4 hxg4?! [Man muss nicht auf g4 nehmen. In Betracht kam 17...b4]
18.hxg4 Lxg4 19.Sxc6 [Ein bisschen Taktik.]
19...Tfe8 [19...Lxd1? 20.Sxe7+ Kh7 21.Th1+ und Matt.]
20.Td5 [Noch ein starker Zug, mit viel Wirkung auf der 5. Reihe. Konkret droht Sxe7 und Txc5. Die schwarze Stellung wird in nächsten Zügen überraschend schnell zerlegt.]
20...Tac8 [Besser war noch 20...Se6 21.Le3 Weiß liegt aber auch hier vorne.]
21.Sa7 [Materialverlust ist schon nicht mehr zu vermeiden.]
21...Ta8 22.Sxb5 Teb8 23.Sc7 Ta7 24.e6 [Röntgenangriff auf Tb8.]
24...Tab7 25.exf7+ Kf8 [25...Kxf7 26.Td8+ (Oder 26.Le5 mit der Absicht Tg1.) 26...Kg6 27.Txb8 Txb8 28.Sd5 Te8 29.Sxe7+ Txe7 30.Ld6+–]
26.Le5 Sd7 27.Txd7 Lxd7 28.Th1 [28.Th1 Lc5 29.Sa6+–] 1–0
Zufrieden: Alireza Firouzja
Auch der top gesetzte Fabiano Caruana startete mit einem Sieg, gegen Maksim Chigaev. Viele der Partien an den ersten Tischen endeten allerdings remis.
Blick in den Spielsaal
Vincent Keymer, auf der Setzliste die Nummer 65, zog mit Yu Yangyi einen der 2700 als Gegner für die 1. Runde. Keymer führte die schwarzen Steine und wählte die Caro-Kann Verteidigung. In der Vorstoßvariante entstand eine sehr verschachtelte Stellung und im 40. Zug wurde der Punkt geteilt. Kurioserweise waren zum Ende der Partie noch alle Steine auf dem Brett.
Caro-Kann - Berliner Geheimvarianten Band 1 und 2
Auf den DVDs legt Baldauf ein vollständiges Schwarzrepertoire gegen den Zug 1.e4 vor. Baldauf legz besonderen Wert darauf, die Varianten nicht nur auf Vereinfachung und Remis auszulegen, sondern eine Gewinnwaffe an die Hand zu geben.
Mehr...
Eine echte Schachlegende als Gegner erhielt Dmitrij Kollars. Er durfte gegen Boris Gelfand spielen, vielfacher WM-Kandidat und Vizeweltmeister von 2012.
Alexander Donchenko und Matthias Blübaum hatten nominell etwas leichtere Gegner. Blübaum konnte gegen Luka Budisavljevic voll punkten.
Bei Redaktionsschluss waren noch nicht alle Partien beendet. Kollars stand gegen Gelfand im Turmendspiel auf Gewinn. Alexander Donchenko hatte gegen Jonas Bjerre eine ausgeglichene Stellung.
Partien
Grand Swiss der Frauen
Im Grand Swiss der Frauen spielen 50 Top-Spielerinnen um einen Qualifikationsplatz für das Frauen-Kandidatenturnier. Die Setzliste wird von der früheren Weltmeisterin Mariya Muzychuk angeführt. Elisabeth Pähtz ist die einzige deutsche Teilnehmerin und hatte es in der ersten Runde mit der peruanischen Spitzenspielerin Deysi Cori zu tun und konnte die Partie für sich entscheiden.
Partien
Ergebnisse bei Chess-results...
Turnierseite...