Grenke drückt Naiditsch die Daumen
Interview mit dem Sponsor der OSG Baden-Baden und der Superturniere in Karlsruhe
Baden-Baden hat seit 1870 immer eine besondere Rolle im Schach gespielt. Das erste legendäre Turnier gewann der Breslauer Adolf Anderssen, der vor 145 Jahren als der stärkste Spieler der Welt galt. 1925 folgte ein weiteres bis heute berühmtes Turnier. Ab 1979 erstand die Schach-Tradition in der Kurstadt wieder auf und das dominierende Dreigestirn Viktor Kortschnoi, Anatoli Karpow und Garri Kasparow zählte zu den Protagonisten.
Nach der Jahrtausendwende sorgte Wolfgang Grenke dafür, dass alter Glanz nach Baden-Baden zurückkehrte. Seine Ooser Schachgesellschaft (OSG) stieg zum „FC Bayern München“ auf den 64 Feldern auf. Zehn Jahre in Folge beherrschen die Asse um den langjährigen Weltmeister Viswanathan Anand die Bundesliga. Nach dem Intermezzo von Solingen im Vorjahr gibt es heuer keinen Zweifel am elften Titel in der Bundesliga. Hartmut Metz unterhielt sich mit dem Gründer der Grenke AG und Präsidenten der Industrie- und Handelskammer Karlsruhe (IHK), Wolfgang Grenke, über die Entwicklung und das anstehende Weltklasse-Turnier.
Herr Grenke, in der Schachtradition der Kurstadt sind Sie auch verzeichnet: Im Abschlussbericht zum ersten Open im Kurhaus anno 1979, das der Ungar Karoly Honfi gewann, hieß es im Badischen Tagblatt: „Als beste Baden-Badener Spieler erreichten Wolfgang Grenke und Dieter Schmidt fünf Punkte.“ Träumten Sie als junger Schachspieler auch einmal von einer Profikarriere?
Nein – überhaupt nicht. Ich habe zwar im Alter von acht Jahren Schachspielen gelernt, bin aber erst mit 17 Jahren in einen Verein, die heutige OSG Baden-Baden, eingetreten. Diesen Erfahrungs- und Trainingsrückstand bekommt man später nicht mehr ausgeglichen.
Haben Eigenschaften, die Ihnen der Denksport vermittelte, zum beruflichen Aufstieg beigetragen?
Es gibt eine ganze Reihe von Parallelen bei Schach und Management. Entsprechend trainiert Schach Fähigkeiten, die auch im beruflichen Umfeld nützlich sind, zum Beispiel Konzentrationsvermögen, Realismus und Ausdauer, Willensstärke und Mut zum kalkulierbaren Risiko, Entschlussfähigkeit und Eigenkontrolle.
Als Unternehmer erkannten Sie bereits in den 70er Jahren die Möglichkeiten des Leasings und schufen mit der Grenke AG mittlerweile einen Börsenwert von rund 2,5 Milliarden Euro – auch zusammen mit einigen Schachspielern in Ihrer Firma. Geben Sie daher gerne einen Teil zurück als Schach-Sponsor?
Im Gegensatz zu meinen privaten Unterstützungen aus gesellschaftlicher Verantwortung, zum Beispiel über die Grenke-Stiftung, betrachten wir bei der Grenke AG unser Sponsoring als Geschäft. Das Unternehmen erhält einen Gegenwert in Form von Bekanntheit, Image und Attraktivität als Arbeitgeber, der den Aufwand rechtfertigt.
Am Samstag beginnt in Karlsruhe neben dem Grenke Chess Open ein Weltklasse-Turnier. Haben Sie an der Zusammenstellung des Feldes mitgewirkt und legten Wert auf etwas Besonderes?
Der Organisator des Turniers, Sven Noppes, und ich haben natürlich darüber gesprochen, wen wir einladen. Der Weltmeister, weitere Top-Ten-Spieler und die beste Schachspielerin standen auf unserer Wunschliste. Und unsere Wünsche sind in Erfüllung gegangen.
Siegerehrung 2015: Wolfgang Grenke überreicht Magnus Carlsen den Siegerpokal. Links ist Organisator und OSG-Kapitän Sven Noppes zu sehen.
Wem drücken Sie besonders die Daumen, wenn Sie zuschauen?
Natürlich den Spielern unserer eigenen Mannschaft. Vor allem Arkadij Naiditsch, der auch längere Zeit in Baden-Baden gewohnt hat und bisher im Verlauf der Saison überragend gepunktet hat.
Was trauen Sie den zwei deutschen Vertretern zu? Zudem hat der Ex-Deutsche Naiditsch den Weltmeister zweimal geschlagen – zuletzt 2015 bei Ihrem Turnier in Baden-Baden.
Die deutschen Spieler sind sicher Außenseiter. Aber gerade Arkadij Naiditsch – er hat ja nach wie vor auch einen deutschen Pass – ist immer für eine Überraschung gut.
Und wer liegt am Ende im zweitstärksten Turnier aller Zeiten auf deutschem Boden vorne? Welchen Einlauf erwarten Sie?
Magnus Carlsen ist Favorit, hat aber zuletzt nicht immer überzeugt. Somit haben auch Fabiano Caruana, Maxime Vachier-Lagrave, Levon Aronian oder eben Arkadij Naiditsch Chancen. Die Erstgenannten liegen in Ihrer Spielstärke so dicht beieinander, dass wohl die Tagesform über die Platzierung entscheiden wird – vielleicht auch das letzte Quäntchen Glück.
Beim alljährlichen Mannschaftssimultan der OSG Baden-Baden tritt Wolfgang Grenke ausnahmsweise gegen Arkadij Naiditsch (links) an – beim Weltklasse-Turnier drückt der Sponsor aber dem Bundesliga-Topscorer die Daumen.
Mit Carlsen haben Sie wieder das aktuelle Zugpferd im internationalen Schach verpflichtet. Sehen Sie durch den Norweger im Westen einen ähnlichen Schach-Boom wie zuvor in Indien durch Ex-Weltmeister Anand?
In Norwegen ist die Übertragung der Partien von Magnus Carlsen ein Fernseh-Ereignis. Das wird sich wohl im übrigen Europa nicht so fortsetzen. Aber eine größere Wahrnehmung in den Medien kann ich mir gut vorstellen.
Gespräche zwischen den Männern im Hintergrund: Wolfgang Grenke (links) mit Henrik Carlsen, dem Vater des Weltmeisters.
Sie träumten bereits 2015 von einer „Vereinsmeisterschaft“ auf Weltklasse-Niveau. Bis auf Matthias Blübaum sind alle Teilnehmer bei der OSG gemeldet. Müssen die künftig auch Mitgliedsbeitrag zahlen, um 2018 oder 2019 wieder eingeladen zu werden?
(Wolfgang Grenke lächelt) Die Großmeister sind vom Beitrag freigestellt.
Sie selbst kommen angesichts all Ihrer Tätigkeiten kaum noch selbst ans Brett und spielten nur zu Beginn der Saison für die OSG. Wann wird der einstige Spitzenspieler des Vorläufer-Vereins Baden-Oos wieder aktiver?
Ja – ich wurde im November zum Präsidenten des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags gewählt. Das kostet zusätzlich Zeit. Solange ich auch noch Vorstandsvorsitzender der Grenke AG bin - voraussichtlich bis Frühjahr 2018 - habe ich mir eine Auszeit vom aktiven Schach genommen
Muss das Schach in Baden-Baden um den Sponsor fürchten, wenn Sie sich aus Ihrem Leasing-Unternehmen zurückziehen?
Sicher nicht.