Wer etwas über Hans-Joachim Hecht erfahren möchte, liest am besten sein Buch "Rochaden", das er 2015 herausgebracht hat.
Lesung in der Münchener Schachakademie
Geboren wurde er am 29. Januar 1939 in Luckenwalde, südlich von Berlin. Heute feiert er also seinen 85sten Geburtstag.
Den Krieg hat er als Kleinkind vielleicht nicht so bewusst wahrgenommen, das Kriegsende 1945 mit Luftangriffen, brennenden Bahnhöfen in der Ferne und dem Durchmarsch russischer Soldaten aber schon. Nachdem die Maschinen aus der Tischlerwerkstatt seines Vaters demontiert und in die UdSSR geschafft worden waren, zog die Familie nach Rangsdorf am südlichen Rand von Berlin.
Schach lernte Hans-Joachim Hecht als Zehnjähriger, nachdem er gesehen hatte, wie seine Eltern Schach spielten. 1949 wurde auch die Deutsche Demokratische Republik gegründet. Weil die Eltern von Hajo Hecht den politisch eingefärbten Schulunterricht in Rangsdorf für ihren Sohn nicht mehr ertragen konnten, meldeten sie ihren Sohn in einer Schule in Lichtenrade, Berlin-West an. Der kleine Hajo musste nun täglich zum Bahnhof Rangsdorf gehen und fuhr dann 20 Minuten mit der S-Bahn nach Lichtenrade. Viele Menschen, die im Zonenrandgebiet der DDR nahe Berlin wohnten, arbeiteten damals noch im Westteil Berlins. Sie warn so genannte Grenzgänger und erhielten ihren Lohn zu 40% in Westmark und zu 60% in Ostmark, berichtet Hans-Joachim Hecht in seinem Buch "Rochaden", das nicht nur wegen des Schachs so heißt, sondern auch, weil er eben diese Rochaden zwischen Ost und West vollführte. Natürlich war diese Pendelei zwischen Ost und West nicht gern gesehen und die DDR-Behörden und Grenzer dachten sich manche Schikane aus. So erhielten Hajo Hechts Eltern eines Tages auch einen Strafbefehl, weil ihr Sohn nicht der Schulpflicht in der DDR nachkam. Und die Grenzgänger ließ man oft einfach nicht weiterfahren. Um dieses Problem zu umgehen, wohnte der Schüler Hajo Hecht dann einige Zeit in der Woche bei einer Gastfamilie in West-Berlin und am Wochenende bei seinen Eltern. Fast 25 Jahre nach der Zusammenbruch der DDR und der Wiedervereinigung kann man sich die schwierigen Lebensumstände von damals kaum noch vorstellen.
Im August 1961 packte Hajo Hecht seine Sachen und verließ die DDR Richtung West-Berlin. Seine Eltern kamen 1967 nach.
Schon in der Schulzeit hatte Hajo Hecht eifrig mit dem Schachspiel begonnen. In Lichtenrade fand er eine Schachgruppe, die von einem älteren Mitschüler geleitet wurde. 1952 besuchte Hecht erstmals den Schachklub Tempelhof und begann in den folgenden Jahren seine ersten Jugendturniere zu spielen. 1953 wurde er schon zu einem Jugendvergleichskampf eingeladen. Die West-Berliner Auswahl bestand außerdem aus Klaus Darga, Wolfgang Bialas, Adolf Delander und Harald Lieb. Es gab Vergleichskämpfe gegen Ost-Berlin und Hamburg. Hecht erinnert sich in seinem Buch, dass er gegen den Hamburger Claus Langmann spielte, denn er dann fast 50 Jahre später noch einmal bei einem Seniorenturnier in Dresden wiedertraf.
1956, 1957 und 1958 gewann Hecht die West-Berliner Jugendmeisterschaft und qualifizierte sich so für die BRD-Jugendmeisterschaften. Als DDR-Bürger durfte er nicht so ohne Weiteres in die BRD einreisen und erhielt deshalb vorübergehend einen West-Berliner Pass. Bei den Jugendmeisterschaften 1956 in Traben-Trarbach erschreckte er die Gegner mit der Orang-Utan-Eröffnung und mit gutem Spiel, verpasste den Titel aber knapp. Bei den Meisterschaften 1957 in Berlin war er Mitfavorit, verlor aber gleich zu Beginn gegen den 13-jährigen Helmut Pfleger. Am Ende wurde Hecht Dritter. 1958 gewann er dann aber bei der Jugendmeisterschaft in Hitzacker den Titel. 1964 gewann Hajo Hecht auch den Dähne-Pokal und 1970 die Deutsche Meisterschaft.
1962 wurde Hecht erstmals für eine Schacholympiade berufen, die in Warna, Bulgarien stattfand. Zusammen mit Wolfgang Unzicker, Lothar Schmid, Klaus Darga, Helmut Pfleger und Robert Hübner bildete er bis in die 1980er Jahre das Rückgrat der deutschen Nationalmannschaft bei vielen internationalen Mannschaftsturnieren. Oft spielte das deutsche Team um Medaillen mit. Zwischen 1962 und 1986 nahm Hecht an zehn Schacholympiaden teil. Bei der Mannschaftsweltmeisterschaft 1985 erzielte er das beste Ergebnis an Brett fünf.
Hecht spielte lange für die SG Solingen in der Bundesliga und gewann mit der Mannschaft 1974, 1975, 1980 und 1981 die Deutschen Mannschaftsmeisterschaft. Den gleichen Erfolg erzielte er 1985, 1986, 1989 und 1990 mit dem Team des FC Bayern München. 1976 gewann er mit Solingen auch den European Club Cup.
Seine größten Erfolge in Einzelturnieren erreichte Hajo Hecht 1970 in Bad Pyrmont, 1971 in Olot, 1972 in Málaga 1972 und bei der Internationalen Deutschen Einzelmeisterschaft 1973 in Dortmund.
1973 verlieh die FIDE Hans-Joachim Hecht den Großmeistertitel. 1976 wurde ihm das Silberne Lorbeerblatt der Bundesrepublik Deutschland verliehen.
Mitte der 1970er Jahr beendete Hecht schon seine Profilaufbahn und nahm eine Stelle bei der Stadt Solingen an. Er spielte aber weiter für seine Vereine bei der Deutschen Mannschaftsmeisterschaft mit und in der Nationalmannschaft bei internationalen Mannschaftsturnieren und wenn die Zeit es erlaubte auch bei einigen Einzelturnieren.
Vortrag beim Deutschen Schachbund
Nach seinem Eintritt ins Rentenalter sah man auch öfter wieder bei Einzelwettbewerben, auch Seniorenturnieren. Außerdem spielte Hajo Hecht bis 2012 bei allen internationalen Senioren-Mannschaftsturnieren mit. 2004 wurde er mit der deutschen Mannschaft auf der Isle of Man zusammen mit Israel Senioren-Mannschaftsweltmeister.
Senioren-Cup Tegernsee mit Peter Wacker | Foto: Sandra Schmidt
Nach seinem Umzug nach Fürstenfeldbruck trat Hajo Hecht noch einige Zeit für Bayern München an, wurde dann aber 1993 vom örtlichen TuS Fürstenfeldbruck für die Bezirksligamannschaft abgeworben. Dort kümmert er sich zudem um den Nachwuchs.
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