Ladies First in Luxemburg
Von Dejan Bojkov
2007 ist ein besonderes Jahr für die kleine Stadt Differdange in Luxemburg:
Sie feiert 100-jährigen Geburtstag. Und um dieses Ereignis wirklich denkwürdig
zu machen, beschlossen die Schachfans vor Ort ein Schachturnier mit einem Preisfonds
von über 17.000 Euro zu organisieren.
Das Turnier zog viele starke Spieler an, und es ist immer ein gutes Zeichen,
wenn die vierzig Top-Gesetzten alle mehr als 2400 Elo haben. Nach ein paar kleineren
organisatorischen Schwierigkeiten zu Beginn nahm das Turnier rasch an Fahrt
auf und wir konnten einfach die Gastfreundschaft der Luxemburger genießen. Ich
war das zweite Mal in diesem kleinen Land zu Besuch (zuvor hatte ich beim Schnellturnier
in Echternach teilgenommen) und ich hoffe, ich habe die Gelegenheit, bald einmal
wieder zu kommen.
Die Veranstalter sorgten für Pluspunkte: freier Internetzugang für jeden im
Spielsaal (uns standen 20 Computer zur Verfügung) und eine hübsche Schachausstellung
am Eingang. Sie zeigte Schachbriefmarken und Umschläge, Karikaturen, Gemälde,
auf denen Schach Thema ist sowie Bilder aus berühmten Filmen, in denen die Schauspieler
unser Lieblingsspiel spielen.
Schachpostkarten aus allen Ländern und Zeiten
Kinder malen Schachmotive
Chess goes Hollywood: Schach im Film
Sehr schön war auch, dass wir die Gelegenheit hatten, das Blues-Festival in
der Nähe von Differdange zu besuchen. Es fand am letzten Tag nach der Preisverleihung
statt und unsere Gastgeber hatten dort ein Schachzelt zur Verfügung gestellt.
Schach in Luxemburg ist noch nicht besonders entwickelt, aber seit einiger Zeit
arbeitet der tschechische GM Jansa als Trainer dort.
GM Jansa
Turniersiegerin wurde Humpy Koneru aus India. Nach ihrem Sieg bei der offenen
holländischen Meisterschaft in Hilversum ist dies ihr zweiter großer Erfolg
hintereinander.

Auf Erfolgskurs: Humpy Koneru
Sie wurde durch ihren Vater unterstützt, der stets bis zum Ende ihrer Partien
im Saal blieb und das Geschehen auf den Monitoren aufmerksam verfolgte. Nach
der dritten Runde tauchte weitere indische Unterstützung auf. Der berühmte indische
Journalist V. Kumar kam aus Leon (Spanien), um seine Landsleute über den andauernden
indischen Erfolg zu unterrichten. Schach genießt in Indien große Popularität
und Kumars Berichte werden meist zur besten Sendezeit ausgestrahlt.
V. Kumar macht Schach populär
Konerus Stil war solide und sie gab ihren Gegnern keine Chance, auch nur einen
einzigen ihrer Bauern anzugreifen. Sie verlor keine Partie und ich war eins
ihrer Opfer.
Konzentriert und sicher: Die Turniersiegerin Humpy Koneru
Hannes Stefansson aus Island erzielte genauso viel Punkte wie Koneru, aber hatte
die schlechtere Wertung und wurde Zweiter. Sein Turnierschicksal verlief nicht
so glatt, da er in der zweiten Runde nach Zeit verlor (er hatte geglaubt, dass
es nach dem 40. Zug eine Zeitgutschrift von 15 Minuten geben würde).
Hannes Stefansson konzentriert am Brett
Bürgermeister Claude Meisch bei der Siegerehrung mit Humpy Koneru
Dritter wurde Victor Erdos aus Ungarn. Er erzielte seine vierte GM-Norm. Weitere
GM-Normen gingen an H. Steingrimsson (Island) und S. Feller (Frankreich). B.
Valuet aus Frankreich erzielte eine IM-Norm. Andere Spieler hatten weniger Glück:
T. Gharamian (Frankreich) spielte das ganze Turnier sehr gut, aber am Ende reichte
es nicht zur dritten GM-Norm, während Sebastian Siebrecht aus Deutschland in
der Schlussrunde gegen Koneru verlor und damit eine Performance von 2598 erzielte
… Jammerschade.
Kein Glück, aber guter Stimmung: Sebastian Siebrecht
Durch den Sieg von Koneru ging der Frauenpreis an Antoaneta Stefanova aus Bulgarien.
Die ehemalige Frauenweltmeisterin kam auf 6 Punkte.
Antoaneta Stefanova
Den zweiten und dritten Frauenpreis sicherten sich die Mamedyarova-Schwestern
Zeynab und Turkan.

Turkan Mamedyarov
Vertreter aus mehr als 20 Nationen nahmen an dem Turnier teil. Das B-Turnier
wurde ebenfalls von einer Frau gewonnen. Julia Morozova erzielte 7,5 Punkte
und wurde sicher Erste.
Gut gelaunt: Julia Morozova und Gerhard Schebler
Bei der Schlussveranstaltung äußerten der Stellvertretende Bürgermeister von
Differdange und der Direktor der Kaupthing Bank (dem Hauptsponsor des Turniers)
den Wunsch, dass das Turnier zur Tradition wird.
Am Ende des Turniers erzählte mir Antoaneta Stefanova eine Geschichte aus ihrer
Kindheit. Als sie sechs Jahre alt war, trat Garry Kasparov im bulgarischen Fernsehen
auf, und sie fragte ihn, ob er glaubt, dass eine Frau Weltmeister werden kann.
Seine Antwort war: "Ich glaube, dass ist unmöglich, zumindest nicht in den nächsten
Hundert Jahren." Aber ist das wirklich so klar?!
Zum Schluss noch ein paar Bilder:
Schachturniere machen Spaß: A. Zozulia
Der Büchertisch
Der Spielsaal
Gut gelaunt: Viktor Malahatko und Inna Gaponenko
Viola Gaponenko