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„Man muss Schach und Freundschaft
trennen“
Interview mit Großmeisterin Elisabeth Pähtz
Von Dagobert Kohlmeyer
Sie ist die Nr. 1 des deutschen Frauenschachs. Elisabeth Pähtz gewann zweimal
die Jugend-WM und spielte bei fünf Schacholympiaden. Am Freitag startet die
23-jährige Thüringerin in der russischen Stadt Naltschik (Nordkaukasus) bei der
Weltmeisterschaft. Fast nebenan, nicht mal 100 Kilometer weiter liegt Georgien,
dessen Spielerinnen das Turnier aus Protest gegen den russischen Einmarsch
boykottieren wollen. Dagobert Kohlmeyer sprach mit Elisabeth Pähtz, die von
Berlin via Baku zur WM reiste. Wie Vater Thomas Pähtz berichtete, ist Elli am
Mittwoch gut in Naltschik gelandet, wo heute am Abend die WM eröffnet wird.
Runde 1 ist bereits ausgelost. Elisabeth Pähtz spielt gegen die
Aserbaidschanerin Ilacha Kadimowa.
Bundestrainer Uwe Bönsch ist auf Weisung des Schachverbandes nicht mit vor
Ort, weil es für diese Region eine offizielle Reisewarnung des Auswärtigen Amtes
gibt. Dennoch willst du und Ketino Kachiani-Gersinska im heißen Kaukasus
spielen. Hast du keine Manschetten?
Nein, ich habe keine Angst. Die Russen können es sich gar nicht leisten, dass
dort etwas passiert. Und die Organisatoren haben eine perfekte Veranstaltung
zugesichert.
Nach welchem Modus wird das WM-Turnier gespielt?
Insgesamt 64 Frauen starten im K.-o.-System. Es gibt wie gewohnt sechs Runden.
Nach jedem Durchgang scheiden die Verlierer aus. Wer alle seine Minimatches (je
zwei Partien) gewinnt, wird Weltmeisterin. Das Finale geht über vier Partien.
Wer sind die Favoritinnen?
Sie kommen aus China, der Ukraine und Russland. Stark zu beachten ist auch
Ex-Weltmeisterin Antoaneta Stefanowa (Bulgarien), die sich exzellent vorbereitet
hat. Noch kenne ich die genaue Startliste nicht, so dass ich keine weitere Namen
nennen kann.
Betrachtest du die WM als Test für die Schacholympiade in Dresden?
Nein, es ist viel mehr als das. Titel oder Medaillen bei der Weltmeisterschaft
wiegen schwer. Sie sind eigentlich das Größte, was man im Schach erreichen kann.
Einmal Schachkönigin, das wär's!
Was ist bis zum Turnier der Nationen noch geplant?
Nach der WM nicht mehr so viele Wettkämpfe. Ich mache etwas Urlaub und spiele
dann nur noch beim Team-Europacup auf Kreta. Zwei Wochen vor der Olympiade gibt
es ein Trainingslager des Deutschen Schachbundes für unsere Nationalteams.
In Dresden wird ganz Deutschland auf Euch sehen. Wie geht man mit dem
Druck um?
Ich weiß, es wird sehr schwierig, denn die Konkurrenz ist groß. Darum brauchen
wir Schachspieler die Unterstützung unserer Fans und Zuschauer. Vor allem, wenn
es mal nicht so läuft. Ich habe aus früheren Turnieren gelernt und konzentriere
mich nur auf mein Spiel, sonst nichts.
Die Medien werden sich vor allem auf dich stürzen.
Das kenne ich. Manche Journalisten haben zu wenig Verständnis für unseren Sport.
Kameras und Mikrofone hautnah während der Partie sind nicht sehr hilfreich.
Voriges Jahr zur Euro in Dresden hat mich ein Fernsehteam mitten im Spiel
angesprochen, unglaublich! Ich weigerte mich natürlich, ihnen ein Interview zu
geben. Vor und nach der Partie bitte, aber nicht, wenn ich Varianten berechne
und tausend Gedanken durch meinen Kopf jagen.
Neben dem Stress hat eine Schacholympiade doch auch schöne Seiten.
Sicher. Ich bin seit meinem 13. Lebensjahr dabei. Mir gefällt die
Internationalität, man lernt Spielerinnen und Spieler aus der ganzen Welt
kennen. Aber Freundschaften entstehen dabei nicht automatisch, man muss Schach
und Freundschaft trennen. Bei so einem bedeutenden Turnier steht das
Konkurrenzverhalten im Vordergrund. Sonst kannst du nicht erfolgreich sein. Ich
habe inzwischen begriffen, dass man dazu einen gewissen Killerinstinkt braucht.
Und wenn dir das Los eine Freundin am Brett beschert?
Elisabeth Pähtz und Freundinnen in Baku
Treffe ich auf eine solche, und es ist ein nicht so wichtiges Turnier, einige
ich mich schon mal auf Remis. Bei einem Mannschaftswettkampf kann ich das nicht,
weil das Team im Vordergrund steht.
Wie ist das mit Rivalitäten im eigenen Land? Wann hat Ketino Kachiani
realisiert, dass du stärker bist?
Dass ich schachlich an ihr vorbei gezogen bin, hat sie längst eingesehen. Durch
ihre zwei Kinder ist die Belastung viel höher für sie. Es ist ein
Riesenunterschied, ob du dich noch um eine Familie kümmern musst oder nur auf
Schach konzentrieren kannst. Als gute Mutter bringt Keti alles unter einen Hut -
das ist eine Meisterleistung.
Von wem hast du in deiner Laufbahn am meisten profitiert?
Mit Abstand von meinem Vater. Er hat seine Schachkarriere für meinen Bruder Thomas und mich geopfert.
Elisabeth und Thomas Pähtz
Ohne Zweifel besitzt er den größten Anteil an meiner Entwicklung. Er reiste viel mit uns umher, investierte Geld ohne Ende. Das ging nur, weil meine Mutter einen guten Job hat und wir finanziell abgesichert waren. Ohne meinen Vater wäre ich nie geworden, was ich heute bin.
Elisabeth Pähtz mit ihren Eltern
Du hast nicht nur die blauen Augen von Thomas Pähtz Senior geerbt, sondern
auch das große Schachtalent.
Ich habe vieles von ihm. Die Liebe zum Schach, das Verständnis für unser schönes
Spiel und etwas auch die Hysterie. (lacht).
Deine Freunde sind meistens Großmeister. Ein echter Vorteil oder?
Von jedem habe ich etwas mitbekommen. Von Yannick Pelletier aus der Schweiz
lernte ich Französisch (Rubinstein-Variante), Merab Gagunaschwili aus Georgien
brachte mir die Feinheiten von Slawisch bei. Von Leif Johanessen waren es
weniger Varianten, aber dafür verstehe ich jetzt Norwegisch.
Elisabeth mit Farhad Tahirov
Wen bewunderst du von den großen Schachspielern am meisten?
Mein Liebling war immer Michail Tal. Leider habe ich den Weltmeister aus Riga
nicht mehr persönlich kennen gelernt. Mein Vater spielte noch gegen ihn. Es war,
wie er immer sagt, seine schönste Verlustpartie. Das krönende Turmopfer ist
sehenswert.
Michail Tal – Thomas Pähtz
Halle 1974, Sizilianisch B39
1.e4 c5 2.Sf3 Sc6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 g6 5.c4 Lg7 6.Le3 Sf6 7.Sc3 Sg4 8.Dxg4 Sxd4
9.Dd1 e5 10.Sb5 0–0 11.Dd2 De7 12.Le2 b6 13.Sxd4 exd4 14.Lxd4 Dxe4 15.Lxg7 Dxg2
16.Dd4 Dxh1+ 17.Kd2 Dxh2 18.Lxf8 Kxf8 19.Lf3 d5 20.Lxd5 Tb8 21.Te1 Le6 22.Txe6!
(22....fxe6 23.Df6+ Ke8 24.Lc6#)
1-0
Kannst du als prominenteste Spielerin Deutschlands vom Schach leben, oder
lebst du mehr für das Schach?
Ich denke, ich lebe mehr für das Schach. Ohne die Sportkompanie der Bundeswehr
wäre es schwerer. Sie unterstützt mich enorm. In letzter Zeit habe ich nicht
viel Preisgeld erspielt. Verliert man in einem Open in der Schlussrunde, hat man
nichts. In einem guten Jahr kommen bei mir 15 000 Euro an Start- bzw.
Preisgeldern zusammen. Mit meinem Sold reicht das gut zum Leben.
Viel Erfolg bei der WM in Naltschik, und komm gesund wieder!
Danke!
(Zum WM-Spielort: Naltschik ist die Hauptstadt der russischen Teilrepublik
Kabardino-Balkarien im Nordkaukasus)
Fotos: Dagobert Kohlmeyer (8), Elisabeth Pähtz (2)
Link:
Frauen-WM: Auslosung der 1. Runde...