ChessBase ist die persönliche Schach-Datenbank, die weltweit zum Standard geworden ist. Und zwar für alle, die Spaß am Schach haben und auch in Zukunft erfolgreich mitspielen wollen. Das gilt für den Weltmeister ebenso wie für den Vereinsspieler oder den Schachfreund von nebenan
Das Interview erschien zuerst auf Conrad Schormanns Blog "Perlen vom Bodensee".
Rasmus und Frederik Svane sind das mit weitem Abstand stärkste Schach-Brüderpaar in Deutschland. Rasmus (23), Großmeister, Nationalspieler, Elo 2613, steht schon lange weit oben auf der Liste derjenigen, die Perlen vom Bodensee um ein Interview bitten will, sobald sich ein Anlass offenbart. Diesen Anlass geliefert hat jetzt sein Bruder Frederik (16), FIDE-Meister, Elo 2421, indem er die U16-Weltmeisterschaft gewann.
Via Skype haben wir ein Schachgespräch zu dritt vereinbart. Von dem Schach-Anfängen am heimischen Küchentisch in Lübeck haben wir uns bis in die schachliche Gegenwart gehangelt.
Die ist ambivalent. Während die Gebrüder Svane beim Online-Schach glänzen, fehlt ihnen doch das Brett. Aber dazu später.
Begeben wir uns erst einmal an den Frühstückstisch im Hause Svane:
Rasmus, wie bist du zum Schach gekommen?
Rasmus: Beim Frühstück über eine Kellogs-Packung. Darin fand ich eines Morgens ein Schachspiel für den Computer, das habe ich viel gespielt. Später kam Fritz&Fertig dazu. Meine Eltern haben versucht, mich zu überzeugen, in einen Schachverein zu gehen, aber das habe ich mich nicht getraut. Ich dachte, die seien da alle viel zu gut für mich. Kurz vor meinem achten Geburtstag kam ein Schulfreund zum Fritz&Fertig-Spielen zu Besuch. Dieser Freund war im Schachclub, und es zeigte sich, dass ich vielleicht sogar besser bin als er. Dann habe ich mich doch in einen Verein gewagt, den Lübecker SV. Die ersten Erfolge kamen recht schnell, Zweiter bei der Landesmeisterschaft zum Beispiel.
Einen Schachhintergrund gibt es bei euch daheim nicht?
Rasmus Svane. | Foto: Uwe Zinke
Rasmus: Meine Eltern kannten die Regeln, sonst gab es keinen schachlichen Hintergrund. Es war die Kellogs-Packung, dann der Computer. Später habe ich ab und zu mit unserem Opa gespielt, so fing das an.
Der erste Trainer?
Rasmus: Sergej Salov aus Lübeck, der ehemalige Gehörlosenweltmeister. Er bot an, mich zu trainieren, eine Inspiration vom ersten Tag an. Ich kenne niemanden, der Schach so sehr liebt, so verrückt danach ist wie Sergej. Wir haben einige Jahre trainiert, und Frederik hat früh begonnen, uns zuzuschauen, als Zwei- oder Dreijähriger schon.
Frederik: So fing es bei mir an. Als Vierjähriger bin ich in den Verein gegangen. Später habe auch ich mit Sergej trainiert.
Und wenn eure Mutter Rasmus zu Turnieren gebracht hat, war Frederik stets dabei.
Freja und Frederik. | Foto via DSB
Frederik: Wenn, dann waren wir gemeinsam unterwegs, ich anfangs als Zuschauer, außerdem meine Zwillingsschwester Freja, die auch so früh mit Schach angefangen hat. Freja hat sich aber nie so dafür begeistert wie ich. Trotzdem hat sie immerhin etwa 1600 Elo und DWZ.
Trainiert ihr beiden heute gemeinsam?
Rasmus: Das glauben wahrscheinlich viele, machen wir aber nicht, zumindest nicht systematisch. Natürlich sprechen wir gelegentlich über Schach. Aber Frederik hat jetzt mit David Lobzhanidze einen eigenen Trainer. Früher haben wir häufig geblitzt. Darauf habe ich jetzt keine große Lust mehr, weil ich nicht mehr alles gewinne.
Frederik: Wir haben hunderte Partien gespielt, als ich 13, 14 war. Ich habe fast alle verloren.
Und du bist trotzdem immer wieder angetreten?
Frederik: Etwas Frust war schon da …
Rasmus: … der Spielstärkeunterschied war ja gewaltig. Und das hat sich geändert. Wir treffen jetzt bei Turnieren gelegentlich aufeinander, zuletzt bei der Online-Europameisterschaft zum Beispiel. Da hatte ich ziemlich Glück.
Frederik: Ich hab‘ am Ende einen Turm eingestellt!
Rasmus: Und trotzdem wurde es noch remis, so klar standest du auf Gewinn.
Freundschaftsremis unter Brüdern ist keine Option?
Frederik: Wir spielen alles aus.
Vor einiger Zeit beim Xtracon-Open in Dänemark sogar sieben Stunden lang. Alle anderen waren fertig, nur die Svane-Brüder kämpften noch.
Rasmus: Das war ärgerlich. Ich hatte die ganze Partie Druck, aber am Ende hat es nicht gereicht. Nach 105 Zügen wurde es remis. Frederik ist halt einfach sehr gut mittlerweile.
Da fährst du ins Ausland, willst dich mit Schachmeistern aus der Fremde messen, und dann sitzt dir sieben Stunden lang...
Gepostet von Schachbundesliga am Montag, 22. Juli 2019
Die Verbindung Schach-Musik ist offensichtlich. Euer Vater ist ein Weltklasse-Cellist. Wie sieht es mit eurer Musikalität aus?
Rasmus: Unsere Eltern wollten, dass wir ein Instrument lernen. Ich habe Klavier gewählt. Leider bin ich motorisch nicht der Beste. Als die Oktavwechsel kamen, hat mich das schnell frustriert, und ich habe das Interesse verloren. Es stand früh fest, dass ich meine Zeit lieber mit Schach verbringe.
Frederik: Seit ich sieben bin, spiele ich Cello …
… dann hast du den bestmöglichen Coach im Haus.
Frederik: … aber ich spiele auf dem Niveau normaler Cello-Schüler. Musiker zu werden, ist nicht das Ziel.
Was sagt der Papa dazu?
Frederik: Seinen Beruf und unsere Musik haben wir immer separat gehalten
Rasmus: Das ist wie beim Schach, unsere Eltern haben nie Druck gemacht, sich nie in Leistungsgedanken hineingesteigert. Wenn wir etwas erreichen, dann freuen sie sich, und wenn nicht, dann ist das auch in Ordnung.
Frederik: Bei uns läuft alles über Eigenmotivation
Und damit bist du jetzt Weltmeister geworden. Hat sich irgendetwas geändert seitdem?
Frederik: Ich bin derselbe wie vorher. Etwas mehr Medienaufmerksamkeit habe ich erfahren, aber geändert hat sich nicht viel. Ich habe mich gefreut, dass ich so gut gespielt habe, das ist es auch schon.
Nach dem Titelgewinn hast du gesagt, dein Schachverständnis habe sich während Corona geändert, du bewertest Stellungen jetzt anders.
Frederik: Zuletzt habe ich viel online gespielt, da entwickelt sich der Stil in eine aggressivere Richtung und damit das Stellungsverständnis. Außerdem hatte ich rund um die Europameisterschaft, bei der ich Zweiter geworden bin, viel Training mit verschiedenen Großmeistern. Auch solche neuen Einflüsse verändern das Verständnis, die Planfindung, die Stellungsbewertung. Für mich fühlt es sich an, als habe sich in der jüngsten Vergangenheit bei mir einiges entwickelt.
Rasmus: Online spielt man extrem viele Partien, das wirkt sich auf die Intuition aus …
Frederik: … und man fühlt sich eher geneigt, Risiken einzugehen, ohne alles genau durchzurechnen. Der Gegner hat ja zu wenig Zeit, um die beste Verteidigung zu finden.
Ein paar Turniere gab es während der Corona-Monate. Für euch war keines dabei?
Rasmus: Seit dem Aeroflot Open Ende Februar 2020 habe ich quasi gar nicht gespielt. Ich hatte mich früh darauf eingestellt, dass es dauern wird, bis es einen Impfstoff gibt, und entschieden, mich mit Turnieren am Brett eher zurückzuhalten. Im Nachhinein hätte ich mir in der ruhigeren Phase zwischen Mai und September ein Turnier suchen können, aber ich bereue auch nicht, dass ich das nicht gemacht habe. Ich hatte mich ja schnell in die Online-Szene eingefunden, extrem viel gespielt und Ehrgeiz entwickelt: Ich wollte auch beim Onlineschach gut werden. Aktuell stelle ich mich langsam darauf ein, dass der Turnierbetrieb normal weitergeht. Für den World Cup zum Beispiel würde ich mich sehr gerne qualifizieren. Dafür müsste ich bei der Europameisterschaft gut abschneiden, die will ich auf jeden Fall mitspielen.
Frederik: Wir haben im Familienkreis darüber gesprochen, wie wir mit der Situation umgehen wollen und für uns persönlich entschieden, uns mit Turnieren am Brett zurückzuhalten. Es gab aber ohnehin nicht so viele Turniere.
Rasmus: Ich würde ja gerne spielen. Aber ich kann mich gedulden. Dank Onlineschach bleibt die Motivation erhalten, zu trainieren und besser zu werden.
Als seine „schönste Partie jemals“ bezeichnet Rasmus jene, die er 2013 als 16-Jähriger in der Schachbundesliga gegen den zehn Jahre älteren britischen Großmeister Gawain Jones gewonnen hat. Die Kommentare entnehmen wir der Mega Database mit freundlicher Genehmigung von ChessBase. Klick auf einen Zug öffnet das Diagramm zum Nachspielen.
In Kürze folgt der zweite Teil des Interviews.