Klaus Deventer antwortet Igor Khenkin

von ChessBase
20.07.2010 – Die Nationalmannschaften, die Deutschland bei der Schacholympiade 2010 in Khanty-Mansiysk vertreten werden, sind nominiert, doch die Debatte über die Aufstellung ist noch nicht vorbei. Nach der Absage der vier besten deutschen Spieler hat sich der DSB entschlossen, zwei junge Teams ins Rennen zu schicken, und in einem offenen Brief hat GM Igor Khenkin, die Nummer 5 der deutschen Rangliste, daraufhin gefragt, nach welchen Kriterien die Nationalmannschaft generell nominiert wird. Klaus Deventer, Referent für Leistungssport, antwortet Igor Khenkin jetzt in einem offenen Brief. Wenn auch Sie eine Meinung zum Thema äußern wollen, schreiben Sie an andreschulz@chessbase.com. Die eingehenden Leserbriefe werden gesammelt und demnächst veröffentlicht.Offener Brief von Igor Khenkin..., Kommentar von Bettina Trabert...Zum Offenen Brief Klaus Deventers...

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Referent für Leistungssport
Klaus Deventer
Soester Str. 258
59071 Hamm
Tel.: 02381/9568928 (p)
02381/891-340 (d)
leistungssport@schachbund.de

Hamm, den 19.07.2010

Herrn Igor Khenkin

- per E-Mail -

Offener Brief vom 09.07.2010

Sehr geehrter Herr Khenkin, ich bedanke mich für Ihr E-Mail-Schreiben vom 09.07.2010, das Sie gleichlautend auch an den Präsidenten, den Bundestrainer und womöglich an weitere Funktionsträger des Deutschen Schachbundes gerichtet und als offenen Brief auch in der Schachpresse veröffentlich haben. Ich möchte Ihnen heute im Namen des Deutschen Schachbundes antworten und erlaube mir, dieses Antwortschreiben ebenfalls allgemein zugänglich zu machen.

Zunächst kann ich bestätigen, dass der Deutsche Schachbund bei der Schacholympiade 2010 in Khanty-Mansiysk mit zwei jungen Teams am Start sein wird. Ich darf diesbezüglich auf meine Pressemitteilung vom 13.07.2010 verweisen, die Ihnen sicherlich bekannt ist. Unzutreffend ist die Annahme, die Berufung in die Nationalmannschaft erfolge durch eine Entscheidung der Kommission Leistungssport. Wie auch in anderen Sportarten üblich, ist es vielmehr der alleinigen Entscheidung des Bundestrainers vorbehalten, wen er in die Nationalmannschaft beruft. Dass dabei subjektive Einschätzungen notwendigerweise mit einfließen, liegt ebenso in der Natur der Sache, wie der Umstand, dass nicht alle mit seiner Entscheidung einverstanden sind. Der Kritik der unmittelbar Betroffenen wie auch der Schachöffentlichkeit muss sich der Bundestrainer stellen.

Da der Bundestrainer selbstverständlich vor seiner Entscheidung Gespräche führt, sehe ich mich dazu in der Lage, Ihren Brief auch inhaltlich zu beantworten, obwohl ich an der eigentlichen Nominierungsentscheidung nicht beteiligt war. Nachdem die vier stärksten deutschen Spieler aus den bekannten Gründen sich entschlossen haben, für die kommende Schacholympiade abzusagen, stand er vor der Entscheidung, wie er mit dieser Situation umgeht. Sicherlich wäre es eine Möglichkeit gewesen, die nach Elo- Zahl Nächstbesten zu nominieren. Die Mannschaft, die dadurch entstanden wäre, hätte sich gewiss sehen lassen können – ausnahmslos Spieler, die bereits in der Nationalmannschaft aktiv waren. Aber eben auch Spieler, die aufgrund ihres Alters ihr Leistungszenit vermutlich erreicht, vielleicht auch schon überschritten haben. Da wir nach Lage der Dinge leider nicht ausschließen können, dass unsere vier Spitzenspieler uns auf Dauer nicht mehr zur Verfügung stehen werden, war es nach meiner Überzeugung richtig, auf eine junge Mannschaft zu setzen, die im besten Fall mittelfristig in der Lage sein wird, die entstandene Lücke zu schließen, jedenfalls aber über Perspektive nach oben verfügt. Dies gilt nach der Überzeugung des Bundestrainers auch für den von Ihnen namentlich angesprochenen Rainer Buhmann. Dabei nimmt der Bundestrainer durchaus in Kauf, dass eine erfahrenere, nach aktueller Elo-Zahl auch stärkere Mannschaft in Khanty-Mansiysk vielleicht um ein paar Plätze besser abschneiden könnte, wenngleich dies ja keineswegs feststeht. Mich überzeugt jedenfalls der Ansatz, perspektivisch über die jetzige Olympiade hinauszuschauen. Beides kann man übrigens nicht haben. Eine zweite Mannschaft darf nur der jeweilige Gastgeber der Olympiade nominieren, Ihr Kompromissvorschlag, selbst wenn er finanzierbar wäre, ist also nicht gangbar.

Sicherlich kann man über diese Fragen trefflich streiten und Sie haben Ihre Meinung dazu ja bereits veröffentlicht. Dies sollte meiner Überzeugung nach aber sachlich geschehen. Deshalb möchte ich auf die Bemerkungen am Ende Ihres offenen Briefes nicht eingehen.

Da Sie ausdrücklich danach gefragt haben, wie sich die Kommission Leistungssport zusammensetzt, möchte ich abschließend auch diese Frage nicht unbeantwortet lassen. Die Kommission Leistungssport wird gebildet aus dem Sportdirektor, dem Bundestrainer, dem Bundesnachwuchstrainer, der Aktivensprecherin, dem Aktivensprecher, einem Vertreter der DSJ, bis zu zwei Vertretern aus den Landesverbänden und dem Referenten für Leistungssport als Vorsitzendem. Die Kommission Leistungssport ist u. a. zuständig für grundsätzliche Angelegenheiten auf dem Gebiet des Leistungssports, stellt die Bundeskader auf und trifft auf dem Gebiet des Nachwuchsleistungssports auch einige Nominierungsentscheidungen (Jugend- WM, Jugend-EM). Für die Entscheidung, wer in die Nationalmannschaft berufen wird, ist sie wie gesagt nicht zuständig.

Ich hoffe, Sie können jetzt besser nachvollziehen, aufgrund welcher Umstände und Erwägungen die fraglichen Nominierungsentscheidungen gefallen sind.

Mit freundlichen Grüßen

Klaus Deventer

Die ChessBase GmbH, mit Sitz in Hamburg, wurde 1987 gegründet und produziert Schachdatenbanken sowie Lehr- und Trainingskurse für Schachspieler. Seit 1997 veröffentlich ChessBase auf seiner Webseite aktuelle Nachrichten aus der Schachwelt. ChessBase News erscheint inzwischen in vier Sprachen und gilt weltweit als wichtigste Schachnachrichtenseite.

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