Referent für Leistungssport
Klaus Deventer
Soester Str. 258
59071 Hamm
Tel.: 02381/9568928 (p)
02381/891-340 (d)
leistungssport@schachbund.de
Hamm, den 19.07.2010
Herrn Igor Khenkin
- per E-Mail -
Offener Brief vom 09.07.2010
Sehr geehrter Herr Khenkin, ich bedanke mich für Ihr E-Mail-Schreiben vom 09.07.2010,
das Sie gleichlautend auch an den Präsidenten, den Bundestrainer und womöglich
an weitere Funktionsträger des Deutschen Schachbundes gerichtet und als offenen
Brief auch in der Schachpresse veröffentlich haben. Ich möchte Ihnen heute im
Namen des Deutschen Schachbundes antworten und erlaube mir, dieses Antwortschreiben
ebenfalls allgemein zugänglich zu machen.
Zunächst kann ich bestätigen, dass der Deutsche Schachbund bei der Schacholympiade
2010 in Khanty-Mansiysk mit zwei jungen Teams am Start sein wird. Ich darf diesbezüglich
auf meine
Pressemitteilung
vom 13.07.2010 verweisen, die Ihnen sicherlich bekannt ist. Unzutreffend ist
die Annahme, die Berufung in die Nationalmannschaft erfolge durch eine Entscheidung
der Kommission Leistungssport. Wie auch in anderen Sportarten üblich, ist es
vielmehr der alleinigen Entscheidung des Bundestrainers vorbehalten, wen er
in die Nationalmannschaft beruft. Dass dabei subjektive Einschätzungen notwendigerweise
mit einfließen, liegt ebenso in der Natur der Sache, wie der Umstand, dass nicht
alle mit seiner Entscheidung einverstanden sind. Der Kritik der unmittelbar
Betroffenen wie auch der Schachöffentlichkeit muss sich der Bundestrainer stellen.
Da der Bundestrainer selbstverständlich vor seiner Entscheidung Gespräche führt,
sehe ich mich dazu in der Lage, Ihren Brief auch inhaltlich zu beantworten,
obwohl ich an der eigentlichen Nominierungsentscheidung nicht beteiligt war.
Nachdem die vier stärksten deutschen Spieler aus den bekannten Gründen sich
entschlossen haben, für die kommende Schacholympiade abzusagen, stand er vor
der Entscheidung, wie er mit dieser Situation umgeht. Sicherlich wäre es eine
Möglichkeit gewesen, die nach Elo- Zahl Nächstbesten zu nominieren. Die Mannschaft,
die dadurch entstanden wäre, hätte sich gewiss sehen lassen können – ausnahmslos
Spieler, die bereits in der Nationalmannschaft aktiv waren. Aber eben auch Spieler,
die aufgrund ihres Alters ihr Leistungszenit vermutlich erreicht, vielleicht
auch schon überschritten haben. Da wir nach Lage der Dinge leider nicht ausschließen
können, dass unsere vier Spitzenspieler uns auf Dauer nicht mehr zur Verfügung
stehen werden, war es nach meiner Überzeugung richtig, auf eine junge Mannschaft
zu setzen, die im besten Fall mittelfristig in der Lage sein wird, die entstandene
Lücke zu schließen, jedenfalls aber über Perspektive nach oben verfügt. Dies
gilt nach der Überzeugung des Bundestrainers auch für den von Ihnen namentlich
angesprochenen Rainer Buhmann. Dabei nimmt der Bundestrainer durchaus in Kauf,
dass eine erfahrenere, nach aktueller Elo-Zahl auch stärkere Mannschaft in Khanty-Mansiysk
vielleicht um ein paar Plätze besser abschneiden könnte, wenngleich dies ja
keineswegs feststeht. Mich überzeugt jedenfalls der Ansatz, perspektivisch über
die jetzige Olympiade hinauszuschauen. Beides kann man übrigens nicht haben.
Eine zweite Mannschaft darf nur der jeweilige Gastgeber der Olympiade nominieren,
Ihr Kompromissvorschlag, selbst wenn er finanzierbar wäre, ist also nicht gangbar.
Sicherlich kann man über diese Fragen trefflich streiten und Sie haben Ihre
Meinung dazu ja bereits veröffentlicht. Dies sollte meiner Überzeugung nach
aber sachlich geschehen. Deshalb möchte ich auf die Bemerkungen am Ende Ihres
offenen Briefes nicht eingehen.
Da Sie ausdrücklich danach gefragt haben, wie sich die Kommission Leistungssport
zusammensetzt, möchte ich abschließend auch diese Frage nicht unbeantwortet
lassen. Die Kommission Leistungssport wird gebildet aus dem Sportdirektor, dem
Bundestrainer, dem Bundesnachwuchstrainer, der Aktivensprecherin, dem Aktivensprecher,
einem Vertreter der DSJ, bis zu zwei Vertretern aus den Landesverbänden und
dem Referenten für Leistungssport als Vorsitzendem. Die Kommission Leistungssport
ist u. a. zuständig für grundsätzliche Angelegenheiten auf dem Gebiet des Leistungssports,
stellt die Bundeskader auf und trifft auf dem Gebiet des Nachwuchsleistungssports
auch einige Nominierungsentscheidungen (Jugend- WM, Jugend-EM). Für die Entscheidung,
wer in die Nationalmannschaft berufen wird, ist sie wie gesagt nicht zuständig.
Ich hoffe, Sie können jetzt besser nachvollziehen, aufgrund welcher Umstände
und Erwägungen die fraglichen Nominierungsentscheidungen gefallen sind.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Deventer