Einladung zum Laskertreff am 10. November 2006 um
19.00 Uhr:
Kryptologie und Schach - Alan Turing und die Code-Breakers vom
Bletchley Park
Vortrag von André Schulz (ChessBase)
Eine Veranstaltung in Zusammenarbeit mit
ChessBase
Im Zeitalter von Internet und Bankautomaten hat das Thema Verschlüsselung große
Aktualität
gewonnen. Kaum eine Woche vergeht, in der nicht über eine neu entdeckte
"Sicherheitslücke" berichtet wird.
Welche
verheerende Folgen unentdeckte "Sicherheitslücken" haben können, erfuhr im
Zweiten Weltkrieg die Führung des Deutschen Reiches. Ihre als zuverlässig
angesehenen Verschlüsselungsmaschinen, darunter die verbreitete Enigma, waren
von den Engländern nach Vorarbeiten von polnischen Mathematikern fast durchweg
geknackt worden.
Mit großem Aufwand hatte die Chiffrierabteilung des
englischen Geheimdienstes, die "Government Code & Cipher School", ab 1940 in
Bletchley Park zahlreiche Wissenschaftler, Spezialisten und Hilfskräfte zusammen
gezogen. Der Einbruch in die Codes der deutschen Stäbe und Streitkräfte sicherte
den Engländern entscheidende Vorteile bei der Luftschlacht um England, im
Atlantikkrieg, im Wüstenkrieg, bei den Landungen in Italien und Frankreich, dem
schnellen Durchmarsch bis zur Elbe und auch bei vielen weiteren Gelegenheiten.
Eine maßgebliche Rolle bei der Entschlüsselung der Enigma spielten britische
Schachspieler, darunter fast die gesamte englische Nationalmannschaft.
Die Vorgänge um die Entschlüsselung der deutschen Codes,
von den Engländern mit dem Decknamen "Ultra" versehen, waren so geheim, dass
selbst lange nach dem Krieg nicht darüber gesprochen werden durfte. Erst 1974
durfte Colonel Winterbotham, einer der Beteiligten, ein Buch darüber
veröffentlichen.
Einer der herausragenden Mathematiker Englands, Alan Turing, schaffte vor dem
Krieg die theoretischen Voraussetzungen für die Erfindung des Computers. In
Bletchley Park war Turing einer der führenden Köpfe und war dort auch an der
Entwicklung des "Colossus" beteiligt. Der erste speicherprogrammierbare Computer
der Geschichte wurde in Bletchley Park zur automatisierten Entschlüsselung der
deutschen Lorenzmaschine entwickelt. Turing schrieb auch das erste
Schachprogramm der Geschichte - noch vor der Erfindung des Computers - als "Papermachine".
Mit dieser findet die Entwicklung moderner Schachprogramme ihren Anfang.
Zur gleichen Zeit fand in Schweden ein ähnliches Szenario statt. Auch hier
gelang es unter Führung eines genialen Mathematikers und eines hervorragenden
Schachspielers in einen deutschen Code einzubrechen und maschinell
verschlüsselte Nachrichten in einer für Schweden wichtigen Phase mitzulesen.
Auf Einladung der Emanuel Lasker Gesellschaft wird der ChessBase-Redakteur André
Schulz über diese Ereignisse einen Vortrag halten, der sicher auch für Kenner
der Materie noch einige Neuigkeiten enthalten wird.
Zur Sprache kommt dabei auch eine Vorgeschichte aus dem Ersten Weltkrieg, bei
dem das Deutsche Reich sich durch eine "Sicherheitslücke" schon einmal
kriegsentscheidend in Nachteil gebracht hatte. Es werden im Folgenden einige
Verschlüsselungsmaschinen des Zweiten Weltkrieges mit Schwerpunkt auf der Enigma
vorgestellt und in ihrer Funktionsweise erläutert.
Nach einem kleinen Abriss der Geschichte der "Aktion Ultra" und deren
Auswirkungen auf den Verlauf des Zweiten Weltkrieges werden einige Schachspieler
vorgestellt, die daran beteiligt waren. Mit Hilfe eines von Alan McGowan im
letzten Jahr entdeckten Fotos kann man inzwischen mehr als die früher bekannten
Personen identifizieren.

Die Schachmannschaft von Bletchley, 1945
Auch soll die Rolle Alan Turings für die Geschichte des Computerschachs
gewürdigt werden.
Falls die Zeit es erlaubt, wird außerdem ein
Überblick über weitere bedeutsame Verschlüsselungserfolge gegeben. Im
Vordergrund stehen dabei die Leistungen schwedischer Kryptologen, unter denen
sich ebenfalls ein erfolgreicher Schachspieler befand. Die USA zogen
entscheidende Vorteile aus der Entschlüsselung der japanischen "Purpur"-Maschine.
Aber auch deutschen Kryptologen gelang es zeitweise, wichtige alliierte Codes zu
knacken.
Am Ende des etwa einstündigen Vortrages wird zu einer Diskussion über die Themen
eingeladen.

André Schulz
Ort:
Leuschnerdamm 31
10999 Berlin-Kreuzberg
(Dorland Haus, 1. Etage rechts)
Eintritt: frei
Hinweis: An diesem Abend und noch bis zum 30. November kann die Ausstellung
"Schach und Musik" besichtigt werden.
Für Rückfragen:
Susanna Poldauf
Emanuel Lasker Gesellschaft
Leuschnerdamm 31
10999 Berlin
Tel: 0049-30-616 84 130
Fax: 0049-30-616 84 226
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