Lajos Portisch zum 80sten Geburtstag

von Dagobert Kohlmeyer
04.04.2017 – Eine große Schachspielergeneration kommt in die Jahre. Kürzlich ist Boris Spassky 80 Jahre alt geworden - heute zieht Lajos Portisch nach. Die zweite Liebe des einstigen WM-Kandidaten gilt der Musik. So manches Turnier wurde von seinem Bariton akustisch verziert. Dagobert Kohlmeyer führte ein Interview mit dem Jubilar.

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Mit Lajos Portisch feiert am heutigen 4. April eine markante Persönlichkeit des Weltschachs den 80. Geburtstag. Der Großmeister aus Budapest gehört zu den besten Schachspielern, die Ungarn je hervorgebracht hat. Er gewann neunmal die nationale Meisterschaft und spielte für sein Land bei 20 Schacholympiaden, was viele Jahre lang ein einsamer Rekord war. Als WM-Kandidat nahm Portisch zwischen 1965 und 1989 insgesamt sieben Mal Anlauf auf den Schachthron. Der Jubilar ist in seiner Heimat ein Sportheld und vielfach ausgezeichnet worden. Anlässlich seines Ehrentages sprachen wir mit Lajos Portisch, der gerade die Arbeit an einem Buch beendet hat.

Wie feierst du deinen Geburtstag?

Ganz ruhig zu Hause. Vielleicht sogar im Bett, denn ich habe ein paar gesundheitliche Probleme.

Was ist passiert, Lajos?

Ein Knie macht mir Sorgen. Ich muss zu einem Eingriff ins Krankenhaus, aber eventuell etwas früher oder später und nicht gerade am Geburtstag.

Du hast in deiner Karriere sehr viel erreicht, welches waren für dich die absoluten Highlights?

Dazu gehören zum Beispiel der Olympiasieg Ungarns 1978 in Buenos Aires vor der Sowjetunion, aber auch meine Wettkämpfe als WM-Kandidat. Ich kam immerhin zweimal bis ins Halbfinale.

Mit 20 Olympiade-Teilnahmen warst du lange Zeit Rekordhalter. Inzwischen hat der Philippiner Eugenio Torre diese Bestmarke übertroffen. Bist du traurig darüber?

Nein, nein, das spielt keine Rolle. Ich habe auch nie mitgezählt. Der Rekord ist doch nicht so wichtig. 20 ist nur eine schöne Zahl, mehr Bedeutung hat sie nicht für mich.

Beim historischen Matchturnier Sowjetunion gegen die Welt 1970 in Belgrad spieltest du in der Weltauswahl. Du hast dort Viktor Kortschnoi 2,5:1,5 geschlagen. Nicht schlecht.

Ja, das stimmt. Aber auch das ist inzwischen eine alte Geschichte und schon so lange her.

Mich interessiert nur, wie Kortschnoi reagiert hat. Er verlor doch nicht gern.

Er hat sich ganz normal verhalten. In der letzten Partie war die Stellung kompliziert, und wir beide hatten sehr wenig Bedenkzeit. Weil Kortschnoi in solchen Situationen besser war, habe ich trotz leichter Vorteile zur Sicherheit das Remis forciert. Der Wettkampf lief ja noch und ich wusste nicht, wie die anderen Partien ausgehen würden. (Die UdSSR gewann knapp mit 20,5:19,5 - D. Kohlmeyer)

Du hast viele Schachkoryphäen erlebt. Wer ist für dich der größte Schachspieler aller Zeiten?

Ich würde doch sagen, Bobby Fischer. Wir haben oft gegeneinander gespielt und auch viel miteinander analysiert, als er in Budapest lebte und mich häufig zu Hause besuchte.

Wie findest du das Spiel des amtierenden Weltmeisters Magnus Carlsen?

Er spielt sehr ökonomisch und agiert in jeder Partiephase gut. Magnus kann einfach spielen, aber er meistert auch komplizierte Stellungen. Außerdem besitzt er sehr gute Nerven. Ich sehe im Moment keinen anderen Schachspieler, der sich gegen Carlsen Hoffnungen machen kann.

Du hast in Ungarn viele Auszeichnungen bekommen, unter anderem bist du seit 2004 Sportler der Nation.

Ja, das ist die höchste sportliche Auszeichnung in unserem Land, die bisher nicht so viele ungarische Aktive bekommen haben. Sie ist auch mit einer monatlichen finanziellen Zuwendung verbunden.

Wer dich näher kennt, weiß, dass du ein gläubiger Mensch bist. Gehst du noch regelmäßig in die Kirche?

Ja, ich zahle Kirchsteuer und gehe in eine Pfarrkirche, die sich in unserer Nähe befindet. Wie unsere Wohnung liegt sie nicht weit entfernt vom Ufer der Donau.

In der berühmten Budapester Basilika St. Stefan, die mehrere tausend Menschen fast, wurde 2006 die ungarische Fußball-Legende Ferenc Puskás beigesetzt. Bist du auch dort gewesen?

Ja, natürlich war ich dort.

Möchtest du als Sportidol in dieser Basilika später auch deine letzte Ruhe finden?

Was für eine Frage! (lacht) Nein, natürlich nicht. Ich habe einen anderen Friedhof im Sinn und werde nach meinem Tod in der Grabstätte neben meiner verstorbenen ersten Ehefrau beigesetzt.

Noch ist es zum Glück nicht so weit, Lajos. Wie ich lesen konnte, bist du erst vor wenigen Monaten in Budapest wieder ausgezeichnet worden. Was war das für eine Ehrung?

Gemeinsam mit Sportlern anderer Disziplinen bekam ich vom Internationalen Fairplay-Komitee, das in unserer Hauptstadt tagte, eine Auszeichnung für meine erfolgreiche Schachkarriere.

Fairplay-Preis für Lajos Portisch)

Gratuliere! Du spielst heute kein Wettkampfschach mehr, was verbindet dich noch mit dem Spiel?

Ich habe gerade die Arbeit an einem Buch beendet, das bald herauskommt. Darin lüfte ich einige meiner Schach-Geheimnisse.

Das klingt sehr spannend. Was willst du dort preisgeben?

Es geht um meine Ideen und Geheimnisse in einer bestimmten Eröffnung. Es ist eine Verteidigung, die ich sehr oft mit Erfolg gespielt habe.

Kannst du eine Beispielvariante nennen?

Nein, jetzt noch nicht. Ich möchte noch nicht vorgreifen und nicht vorab schon alles verraten. Da musst du bitte noch etwas warten.

Wir dürfen also gespannt sein, welches dein Lieblings-Partieanfang war.

Wie gesagt, es war eine Verteidigung, also eine Eröffnung mit Schwarz.

Du hast mehrere Talente, Lajos, darunter auch eine schöne Gesangsstimme. Dein Bariton erklang oft am Rande von Schachturnieren. Wann hast du dein letztes Konzert gegeben?

Das war im Januar. Dort trug ich Schubert-Lieder aus dem Zyklus „Die schöne Müllerin“ vor. Der Komponist (* 1797) wäre dieses Jahr 220 Jahre alt geworden. Im Mai wird es ein weiteres Konzert von mir geben, wo ich vertonte Lieder von Goethe und Heine singe.

Danke für das Gespräch, Lajos! Happy birthday und alles Gute für dein Knie!

Eine Glanzpartie des Jubilars

Das folgende schöne Spiel wurde damals vom Informator als beste Partie des Halbjahres ausgezeichnet. Lajos Portisch gewann das Turnier in San Antonio vor solchen Riesen wie Tigran Petrosjan und Anatoli Karpow.

 

 


Dagobert Kohlmeyer gehört zu den bekanntesten deutschen Schachreportern. Über 35 Jahre berichtet der Berliner bereits in Wort und Bild von Schacholympiaden, Weltmeisterschaften und hochkarätigen Turnieren.

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